heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
herr Wilhelm von Hessberg, der Stiftsprediger Johann Kress<br />
und der Stadtpfarrer Georg Mumbach (für den Ersteren siehe<br />
oben, Abschnitt 3aa).<br />
Reinhart von Neuneck, der Verantwortliche, ließ den Stiftsprediger<br />
und den Stadtpfarrer nach Lauingen bringen. Sie<br />
wurden dort hingerichtet. Die Verurteilung der beiden Männer<br />
wird sicherlich nicht auf den Neunecker zurückgehen, er<br />
jedoch hatte sich sicherlich mitschuldig gemacht, weil er die<br />
Zusage der Schonung von Leib und Leben nicht eingehalten<br />
hatte 133.<br />
Nach Abschluß der Kriegshandlung sprach Probst Heinrich<br />
zum Dank für den erfolgreichen Einsatz Reinhart Pfründen<br />
aus dem Stift zu. Dieses war bereit, ihm eine Chorherrenstelle<br />
nach dem Tod eines Mitglieds abzutreten. Diese Möglichkeit<br />
wurde am 13. Juli 1525 von Wildhans (II.) von Neuneck<br />
wahrgenommen 134.<br />
Zu den Geschehnissen um Ellwangen meldet der Chronist<br />
Kessler: »UfX. tag maji bei Ellwangen, so von den buren<br />
ingenommen, sind by vier hundert erschlagen, XXIII enthoptet«<br />
135. Wir sind im Augenblick nicht im Stande, diese<br />
Angaben zu bestätigen oder zu verneinen bzw. anzugeben,<br />
wann und unter wessen Führung eine sehr große Anzahl von<br />
Bauern hingemordet wurde. Daß Reinhart von Neuneck mit<br />
großer Härte die Strafaktionen durchführte läßt sich daran<br />
erkennen, daß ihm ein Jahr später Rachehandlungen drohten.<br />
Darüber gingen ihm Warnungen von seiten der jungen<br />
Pfalzgrafen Ottheinrich und Philipp zu 136. Anders verhielt er<br />
sich in der eigenen Herrschaft Glatt, nachdem er zurückgekehrt<br />
war. Seine Bauern schworen Urfehde, in Einzelfällen<br />
verloren sie Güter 137. Die Bauern seiner Verwandtschaft in<br />
der Herrschaft Dießen wurden mit Geld- und Gefängnisstrafen<br />
härter getroffen 138.<br />
e) Die Bestrafung der aufrührerischen Bauern<br />
Ende April, nach der Einnahme der Burg Obermässing durch<br />
den Pfalzgrafen Friedrich, hatten viele der vornehmsten<br />
Anführer zu Nürnberg ein augenblickliches Asyl gefunden<br />
oder waren zu anderen Bauernhaufen geflüchtet 139. Im<br />
Anschluß an den Sieg ging es den hohen Adeligen aber nicht<br />
in erster Linie darum, den Flüchtigen nachzusetzen, wie es<br />
Reinhart von Neuneck gerne getan hätte. Vielmehr waren sie<br />
interessiert, möglichst bald finanziell oder gar territorial<br />
entschädigt zu werden, da die Kriegskosten erheblich gewesen<br />
waren. So hätte der Herzog Wilhelm von Bayern die von<br />
seinen Truppen besetzten eichstättischen Orte sogleich<br />
annektiert, wenn ihm nicht Pfalzgraf Friedrich energisch<br />
widersprochen hätte. Dieser bestand darauf, daß jeder Landesherr,<br />
gemäß der mit Casimir von Brandenburg und dem<br />
Bischof von Eichstätt geschlossenen Abmachung, seine eigenen<br />
Untertanen strafen sollte 140 und nicht mehr.<br />
Das Strafen der Bauern erschöpfte sich nicht in den Bluturteilen<br />
über die Teilnehmer an der Erhebung. Kontributionen<br />
lasteten auf jedermann. Hier trat vor allem der Schwäbische<br />
Bund auf und verlangte Abgaben verschiedener Art, um seine<br />
Kosten decken zu können. Als allgemeine Norm erhob man<br />
von jeder Feuerstelle sechs bis acht Gulden, was nach den<br />
Verwüstungen, welche auf die Herren zurückgingen, nicht<br />
immer leicht zu bezahlen war. Oft meldeten sich aber auch<br />
die geschädigten Landesherren im Anschluß an die erste<br />
Brandschatzung, um nochmals eine halben Gulden einzutreiben<br />
141.<br />
Reinhart von Neuneck, so wird aus den Quellen im Staatsarchiv<br />
Sigmaringen 142 deutlich, war auch für den Einzug von<br />
Brandschatzungsgeldern verantwortlich. Er war verpflichtet,<br />
darüber Rechenschaft abzulegen. Es hat dabei den Anschein,<br />
daß er sich von Herrschaftsgrenzen nicht abhalten ließ, seinen<br />
Auftrag zu erfüllen. Er war es vermutlich, der am Ostermontag,<br />
dem 17. April 1525, zwölf Gemeindemitglieder von<br />
Aufhausen nach Lauingen abgeführt und dort die ganze<br />
Gemeinde um 400 fl. geschätzt hatte. Das Kloster nun, dem<br />
der größte Teil des Ortes gehörte, wurde bei Reinhart<br />
vorstellig und erwirkte eine Ermäßigung des Betrages auf<br />
150 fl. 143. Die Grafen von Oeningen sahen aber so lange über<br />
die Verletzung ihrer Hoheitsrechte hinweg, wie sie Vorteile<br />
aus den »Befriedungsaktionen« Reinharts von Neuneck ziehen<br />
konnten 144. Locher hat die in Sigmaringen vorliegenden<br />
Tabellen Reinharts untersucht und in seinen Regesten wiedergegeben.<br />
Danach trieb dieser die Brandsteuer in verschiedenen<br />
Territorien ein 145:<br />
- im Amt Stein (Oberpfalz) 2081 fl.<br />
- in Osterberg (Eichstett) 38 fl.<br />
- im Amt Ellwangen 720 fl. 35 kr.<br />
- im Ries (Oeningen) 210 fl.<br />
Als eine Summe für die Brandschatzung im Amt Stein,<br />
Heideck und im Ries gab Reinhart von Neuneck 2557 fl. an.<br />
Diese Bilanz zog er am 25. Mai 1525 in Hilpoltstein, das zu<br />
Pfalz Neuburg gehörte. In Ellwangen schien er die harte<br />
Aufgabe der Brandschatzung mit einem Amtmann geteilt zu<br />
haben, der davon dem Hofmeister 245 fl. und 2 kr. ablieferte.<br />
Die Helfer Reinharts wurden von ihm mitbedacht, sie erhielten<br />
für ihre schauerliche Tätigkeit 600 fl., die der Neunecker<br />
in die vorausgehenden Auflistungen nicht eingebracht hatte.<br />
Beim flüchtigen Lesen scheint es, daß Reinhart noch großzügig<br />
verfahren war. Größere Beträge, solche über 100fl.,<br />
mußten die Dörfer bzw. Kleinstädte oder Bauern nicht auf<br />
einmal bezahlen, sondern erhielten zwei Zahlungstermine,<br />
meistens kurzfristig Pfingsten oder Jakobi (25.Juli) und<br />
Martini (11. November). Es muß aber berücksichtigt werden,<br />
daß die Armen ja kein Bargeld in solchen Mengen besaßen,<br />
und die Herren wohl oder übel warten mußten, bis die<br />
Bauern Getreide und Vieh auf den Herbstmärkten veräußert<br />
hatten. Es handelte sich bei Reinhart also nur um eine<br />
scheinbare Großmut. Er fügte sich in die Notwendigkeiten.<br />
Sonst aber scheute der Neunecker nichts, koste es, was es<br />
auch wolle, seinen Willen durchzusetzen: »Reinhard von<br />
Neuneck hat am 12. August 1526 müssen ufrührige Bauern<br />
fahen. Er entschuldigt sich, wann etwas entwehrt (= entwertet)<br />
worden (ist), weil das Fahen bei Nacht müssen geschehen.<br />
- Gabelk(ofer); 1582, b.« 146. Wir ersehen daraus, daß<br />
Reinhart auf Schwierigkeiten gestoßen war, als er dabei war,<br />
aufrührige Bauern aufzuspüren und gefangenzunehmen.<br />
Die Gesamtsumme, die Reinhart am Ende seiner Aufstellung<br />
angab, bezifferte er auf 3257 fl. und 35 kr. Des weiteren hätte<br />
er in der Gegend zwischen Lauchheim und der ansbachischen<br />
Stadt Crailsheim die aufrührerischen Bauern gejagt und<br />
neben Naturalien 965 fl. als Strafe eingezogen. Als Zeitraum<br />
dafür gibt Locher die Zeit vom 7. bis 20. Mai an 147.<br />
Sollte Reinhart von Neuneck sich bei seinen Aktionen gegen<br />
die Bauern so verhalten haben, wie er in seinem Bericht den<br />
Brüdern zu handeln empfahl, verliert er die Sympathien des<br />
heutigen Lesers. Reinhart schrieb: »Bitt euch ier myn bruedern<br />
und vettern, wolt solichs als zu Hertzen fassen, so es<br />
wider darzu kern, kain misericordiam In der Handlung zu<br />
haben, sondern erstechen und verprennen waß ier kondett<br />
ankommen.« Dies sind die letzten Sätze in seinem Text, und<br />
er nahm genau die Verben auf, die auch Martin Luther in<br />
seiner Schrift »wider die räuberischen und mörderischen<br />
Rotten der Bauern« verwendete. Dieser Schluß verrät<br />
Reinharts großen Zorn. Ob er an die Folgen seiner Worte<br />
dachte, was nämlich aus den Herren würde, erschlügen sie<br />
jene Bauern und anderen Untertanen, von denen sie ja lebten?<br />
4. Das Verhältnis von Herren und Diener: Reinhart von<br />
Neuneck und seine Pfalzgrafen<br />
Herrschaftliche Schreiben, die an Reinhart von Neuneck<br />
gerichtet waren, leiteten ihre Mitteilungen mit der Formel<br />
25