heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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Es folgen nun die Anzeigen des Ortspolizisten, der Scharwache,<br />
des Feld- und Waldschitzen, die alle fein säuberlich<br />
protokolliert wurden. Hier bedeuten die Zeichen fl = Gulden<br />
= 60 Kreuzer, x = Kreuzer.<br />
Kinder, die auf einen Kirschbaum geklettert sind und Kirschen<br />
gestohlen haben, wurden mit 6 Stunden Arrest bestraft,<br />
wer bettelte, dem wurde der Bettel in sein Wanderbuch<br />
eingetragen und über die Grenze gewiesen. Einer hat am<br />
Hl. Abend, zwischen 7 und 8 Uhr, vor des Sonnenwirts Haus<br />
einen Schuß getan, ein Bierwirt hat eine fremde Weibsperson<br />
übernachten lassen, ohne hierfür eine Genehmigung zu<br />
haben, beide Vergehen wurden vom Oberamt abgerugt. Der<br />
herrschaftliche Pächter ließ seine zwei Fohlen frei laufen und<br />
wurde mit 24 x bestraft. Einer saß während der Predigt im<br />
Wirtshaus, eine Frau handelte mit Zucker, Kaffee und »Saipfen«,<br />
ohne daß sie ein Handelspatent besaß, 2 Pfund Heller =<br />
1 fl 20 x Strafe. Des öfteren, wie schon angesprochen, nicht<br />
Einhaltung der Polizeistunde (Scharwache). Drei junge Burschen,<br />
die mit überlautem Schnellen mit der Geisel und zu<br />
starkem Fahren im Ort sich erfrechten, jeder 20 x. 24. Mai<br />
1841, Anzeige gegen Konrad Klaiber, da er sein Dach gänzlich<br />
mit Stroh gedeckt habe. Einer tat zum Fenster hinaus<br />
einen Schuß auf des Nachbars Hühner, der Lehrling eines<br />
Gammertinger Kaufmanns erfrechte sich mehrere Male laut<br />
zu jauchzen, Strafe 40 x. Eine Frau hieß den Lehrer einen<br />
Rebellen und wurde für eine Stunde eingesperrt, Diebstahl<br />
von Lebensmitteln aus der Speisekammer, Ungehorsam<br />
gegen den Vogt und den Pfarrer wurde durchschnittlich mit<br />
2-4 Stunden Arrest bestraft. Beim Dreschen wurde Frucht<br />
gestohlen, zwischen den Ackern wurden Pfähle ausgerissen<br />
und versetzt. Die gegenseitigen Beschimpfungen zweier<br />
Frauen endeten mit 2 Stunden Arrest. Unerlaubtes Schießen<br />
vor dem Ort zog eine Arbeitsstrafe nach sich, meistens einen<br />
halben oder ganzen Tag Holzmachen im Schulhaus oder<br />
Backhaus. Straußhäfen verwerfen in den Gärten 2 Stunden<br />
Arbeitsstrafe, Verleumdung und Ehrenkränkung 12 Std.<br />
Arrest, ebenso übermäßiges Betrinken.<br />
Geldstrafen.<br />
Hunde ohne Maulkorb laufen lassen 1 fl 30 x, Backen von zu<br />
leichtem Brot - 40 x, im Wiederholungsfalle Wegnahme und<br />
WILFRIED SCHÖNTAG<br />
Der Wiederaufbau des Augustinerchorherrenstifts Beuron<br />
nach dem 30jährigen Krieg<br />
Der Zustand Beurons um 1650<br />
Das Augustinerchorherrenstift Beuron hatte in den Kriegsjahren<br />
stark gelitten. Um die wiederholten Einquartierungen<br />
und Kontributionen zahlen zu können, hatte der Konvent<br />
alle Rücklagen auflösen müssen und selbst den Kirchenschatz<br />
bis hin zum Hirtenstab des Propstes verkauft. Da dies den<br />
Geldbedarf immer noch nicht abdecken konnte, mußten<br />
hohe Beträge bei zahlreichen Personen und Institutionen<br />
ausgeliehen werden. Viele Höfe waren als Pfand vergeben<br />
worden. Die Ursache für die hohe Verschuldung lag in der<br />
Besitzstruktur. Das Stift besaß keine geschlossenen Grundherrschaften.<br />
Abgesehen von den bei Beuron auf den Höhen<br />
gelegenen Steighöfen, dem Rheinfelder Hof und dem Hof im<br />
Donautal mit einer Mühle, verfügte es nur über Streubesitz,<br />
der durch Schaffnereien verwaltet wurde. Die Einnahmen<br />
bestanden vor allem aus den Zehnteinnahmen der inkorporierten<br />
oder Patronatspfarreien und den Abgaben der Lehenhöfe<br />
und aus einzelnen Zinsen. In Kriegsjahren blieben diese<br />
Verteilung unter den Armen. Am 13. Januar 1845 zogen 15<br />
ledige Burschen vor dem Nachmittagsgottesdienst mit Musik<br />
aus dem Ort, jeder mußte 15 x in den Schulfond bezahlen. Ein<br />
Schreiner, wegen »schlechter Verzührung einer Todten Bar«<br />
des alten Vogts Eisele, 40 x. Eine Frau wurde wegen Wundschlagens<br />
eines Kindes mit 40 x bestraft, das Kind wegen<br />
Schimpfen gegen die Frau vom Lehrer mit Tatzen. Unanständiges<br />
Betragen im Bierwirtshaus - 40 x. Mit brennender<br />
Tabakspfeife welchen keinen Deckel hatte, auf der Gasse<br />
aufgehalten - 20 x. Einer ließ sein Pferd, welches mit einem<br />
schweren Gepäckstück beladen war, 2 Stunden vor dem<br />
Wirtshaus stehen - 30 x. Ein anderer ließ seinen mit Holz<br />
beladenen Wagen auf der Straße stehen, wodurch das Fahren<br />
auf der Straße »etwas gehimmt« war - 40 x. Fahren mit<br />
beladenen Wagen, sei es mit Frucht, Mehl, Gips, Kohle, Erz<br />
oder Holz, an Sonn- und Feiertagen - 30 x. Ein Fuhrmann<br />
schlief auf dem Bock ein und wurde so vom Gendarmen<br />
angetroffen - 40 x.<br />
Am Fastnachts-Dienstag 1846 erfrechten sich einige ledige<br />
Personen, in Masken zu gehen - 40. Ausreißen oder<br />
Umhauen von Bäumen, bei Kindern 6 Tatzen, bei Erwachsenen<br />
40 x. Ohne Grasschein Gras geschnitten, 30 x, widerrechtliches<br />
Weiden einer Kuh im »Schose« (Straßen)-graben,<br />
3 Pfund Heller. Drei junge Burschen und drei Mädchen<br />
haben dem Verbot, den Petersberg nicht zu betreten, keine<br />
Folge geleistet und sind dennoch hingegangen, jeder 15 x.<br />
Hausierhandel am Sonntag, 15x, wer ohne Genehmigungsschein<br />
Laub oder »Kühle« (Kieferzapfen) einsammelt, wird<br />
auf das Empfindlichste bestraft. Angezeigt wurde eine Frau,<br />
weil sie die Betten »für das Fenster herausgehengt« habe, 40 x,<br />
oder Wäsche gegen die »Schose aufgehengt«.<br />
Man sieht aus dieser Aufstellung, daß damals von der Obrigkeit<br />
unter anderem Delikte geahndet und empfindlich<br />
bestraft wurden, über die man in der heutigen Zeit nur lächelt.<br />
Gute alte Zeit?<br />
Nun noch etwas zu der Härte der Strafen, man darf Gulden<br />
und Kreuzer nicht mit der heutigen Mark und Pfennig<br />
gleichsetzen, ein Taglöhner verdiente am Tag 24 x, ein Huhn<br />
kostete 6x und für einen Bauplatz von 24 Schuh Länge<br />
bezahlte man an die Gemeinde 12 fl.<br />
Einkünfte aus Freiburg i.Br., Ehingen, Mengen oder Biberach/Stafflangen,<br />
wo Schaffnereien lagen, häufig aus, so daß<br />
ein ordentliches Wirtschaften unmöglich war.<br />
Auf den Gebäudeerhalt wirkte es sich negativ aus, daß der<br />
Konvent häufig aus Beuron flüchtete und sich niemand um<br />
den Bestand kümmerte. Propst Vitus Hainzelmann (f 1614)<br />
hatte die Stiftskirche, den Kreuzgang, die Konventsstube und<br />
ein Dormitorium und die Propstei mit den Räumen für den<br />
Propst neu erbaut oder erneuern lassen. In gleicher Weise<br />
hatte er das Wirtshaus, Brauerei und fast alle Gebäude für die<br />
Landwirtschaft und Viehhaltung neu erbauen lassen. Vor<br />
dem großen Krieg war Beuron also in einem guten Bauzustand.<br />
Im Jahre 1638 berichtete ein Chorherr nach Kreuzlingen,<br />
daß ein gewaltiger Gewittersturm große Schäden angerichtet<br />
und fast alle Dächer beschädigt habe. Wenn man sie<br />
nicht sofort repariere, bestünde die Gefahr, daß Regen und<br />
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