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heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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aber aus jenem Tatenhausen, das die Pfalzgrafen am<br />

2. Februar an den Ritter verpfändet hatten. Auf dem Papier<br />

wirkte die Anstellung auf Lebenszeit recht gut, doch am<br />

3. Dezember 1544 sprachen die Herren Reinhart die Kündigung<br />

aus, welche zu Neuburg übergeben wurde. Zuvor hatte<br />

man noch wegen der anstehenden 7000 fl. und den Zinsen<br />

verhandelt - wohl vergeblich. Auch das Dienstgeld waren die<br />

Herzöge schuldig geblieben 160. Es wäre kein Wunder gewesen,<br />

wenn sich der Ritter dafür an den Bauern schadlos<br />

gehalten hätte.<br />

Die Kündigung kam vielleicht beiden Parteien gelegen. Man<br />

verstand sich nicht mehr. Der Generationenkonflikt, die<br />

Schulden der bankrotten Landesherren und der Ubertritt<br />

Ottheinrichs 1542 zu den Lutheranern waren Gründe und<br />

Handlungen genug, die Reinhart mißfielen und ihn seiner<br />

Aufgaben in Lauingen überdrüssig werden ließen.<br />

5. Die Festigung über die Dorfherrschaft Glatt und Reinharts<br />

letzte Jahre in der Heimat<br />

1521 schon hatte Reinhart bedeutende Herrschaftsrachte<br />

erhalten, doch war das Jahr 1541 noch höher für den Ritten/u<br />

werten. Kaiser Karl zeichnete ihn als einen »Reichsgetreuen«<br />

aus und ernannte ihn zum kaiserlichen Rat. KarlV. nahm<br />

Hab und Gut des Ritters unter seinen persönlichen Schutz 161.<br />

Schloß Glatt wurde zu einer Reichsfreistatt erklärt, die<br />

kaiserlichen Frieden für alle jene bieten sollte, die wegen<br />

»Schulden, Totschlag und anderen Handlungen in die Ringmauern<br />

des Schlosses« kamen. Ausgenommen wurden solche<br />

Personen, die sich gegen den Kaiser gestellt oder in böser<br />

Absicht gemordet oder Brände gestiftet hatten 162.<br />

Seit den 40er Jahren war der Ritter immer schwächer geworden.<br />

Schon am 19. März 1539 hatte er in Lauingen ein<br />

Testament gemacht 163, am 28. April 1540 ließ er ein Verzeichnis<br />

über die Bewaffnung und das Mobiliar des Wasserschlosses<br />

in Glatt anfertigen 164. Im Alter von ungefähr 75 Jahren,<br />

am 10. März 1550, wandte sich Reinhart an die Innsbrucker<br />

Regierung und bat um kaiserlichen Schutz, da ihm dieser<br />

doch am 31. Mai 1541 zugesichert worden war. Diese verwies<br />

ihn an Graf Jos Niklas von Hohenzollern, dem damaligen<br />

Hauptmann der Herrschaft Hohenberg. Reinhart bat also<br />

dann seinen Nachbarn, ihn bei Recht und Pflicht zu schützen<br />

und zu schirmen, so oft er dessen benötigt sei und darum<br />

nachsuchen werde 165. Im übrigen sah er seinen Dienst für<br />

Kaiser, Reich und Pfalz für beendet an - und bald auch sein<br />

Leben.<br />

In diesen noch kommenden Jahren dachte der Herr von Glatt<br />

daran, seinen »Totenstein« erstellen zu lassen und sich der<br />

Nachwelt so zu repräsentieren, wie er gelebt hatte: als<br />

Feldhauptmann und nicht als Beter. Ottmar hält es für<br />

möglich, daß sein Stein in der Glatter Kirche vor 1551, dem<br />

Todesjahr, fertiggestellt wurde 166. Er glaubt ferner, daß die<br />

Arbeit hierfür in Reinharts Glatter Zeit ab 1544 ausgeführt<br />

wurde 167. Das Grabmal zeigt den Ritter mit gebrochener<br />

Lanze, was nicht nur wie üblich den Tod bedeuten kann,<br />

sondern auch vermitteln will, daß Reinhart ohne legitimen<br />

männlichen Erben starb 16S.<br />

Ohne männliche Erben blieb die Herrschaft Glatt freilich<br />

nicht. Das Erbe traten seine Neffen an: Hans Heinrich, der<br />

Sohn des Wildhansen, und die Brüder Hans Georg und<br />

Reinhart d. J., die Söhne von Hans Oswald. Das Testament 169<br />

enthielt die Bestimmung, daß die Güter beim Stamm und<br />

Namen Neuneck verbleiben sollten.<br />

Weitere Bestimmungen im Testament galten den zahlreichen<br />

Nichten. Es waren Verfügungen, die darauf abgestimmt<br />

waren, ob sich die Mädchen verheirateten oder in ein Kloster<br />

eintraten. Als Heiratsgut für eine jede bestimmte Reinhart<br />

1000 fl. In diese Gunst kamen Maria Cleova, eine der zwei<br />

Grabmal des Reinhart von Neuneck in der Pfarrkirche von Glatt.<br />

Foto W. Hermann<br />

Töchter von Wildhans, und Maria und Dorothee, beide<br />

Töchter des Hans Oswald, der außer diesen noch zwei<br />

weitere Mädchen hatte 170.<br />

Reinhart selbst war der Vater einer Tochter namens Barbara.<br />

Sie entstammte der Zuneigung zu seiner Köchin Anna<br />

Schmid. Nach den testamentarischen Bestimmungen wurde<br />

Barbara den heiratenden Nichten gleichgestellt. Der Tochter<br />

und Mutter wies der Erblasser Geld, Hausgeräte, Vieh und<br />

Grundstücke zu. Eine vornehme Braut konnte Barbara zwar<br />

nicht werden, zumindest aber wird sie in bürgerlichen Kreisen<br />

sehr begehrt gewesen sein. Mutter und Tochter verblieben<br />

offensichtlich in Lauingen. Dort erhielten sie Wiesen und<br />

Gärten sowie einige Kühe. Die Pferde, die Reinhart dort<br />

besessen hatte, mußten nach Glatt gebracht werden. Von dort<br />

sollten dann zum Ausgleich nochmals drei Kühe und eine<br />

Kalbin nach Lauingen befördert werden. Beide Frauen konnten<br />

aber im Amtshaus nicht wohnen bleiben, deswegen<br />

sollten sie die Möglichkeit haben, in dieser Stadt ein Haus zu<br />

kaufen. Zu gleichen Teilen erhielten sie 200 fl. in Gold, was<br />

Reinharts Rechnung nach 1800 fl. Münzwert entsprach, oder<br />

einer Rente von je 15 fl. jährlich für beide Frauen gleichkam.<br />

An Geld erhielt die Tochter 1000 fl. in Gold als »Ehegeld«,<br />

die Mutter 300 Goldgulden und die Schlafstatt, in der sie<br />

(zuletzt) geschlafen hatte. Die Tochter erhielt das Bett des<br />

Vaters. Das Geschirr, der umfangreichere Teil in Zinn, der<br />

kleinere und wertvollere in Silber wurde an Mutter und<br />

Tochter verteilt. Becher, Schale und Kreuz erhielt die Tochter,<br />

deren Ruf und »Wert« er zweifellos dadurch erhöhen<br />

wollte.<br />

Die Zuwendungen für die Kirche standen zwar an erster<br />

Stelle im Testament, jedoch stand ihm die Familie viel näher<br />

als die Kirche. Das Testament beginnt mit den Worten: »Ich<br />

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