KARL V.
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ging es darum, die Grundsätze einer theologisch fundierten<br />
Herrschaftsethik zu reformulieren, was zudem im Rahmen<br />
der spanischen Kolonialpolitik dringend erforderlich war (H.<br />
Lutz 1964, S. 27f.). Vitoria betonte die Gleichwertigkeit aller<br />
politischen Bildungen innerhalb der Christenheit. Mit Verweis<br />
auf die Staatslehre des Thomas v. Aquin (1224–1274) bestritt<br />
er jede theologische oder rechtliche Legitimation der monar-<br />
chia universalis, sofern sie als imperium auftrete.<br />
In inhaltlicher Verbindung dazu entstand Vitorias Argu-<br />
mentation, die den nicht-christlichen Bewohnern der neuen<br />
Welt, den neuen Untertanen des spanischen Königs also, un-<br />
veräußerliche natürliche Rechte zuerkannte. Sie besaßen ein<br />
eigenes Verfügungsrecht über ihren Körper, d.h. persönliche<br />
Freiheit (Pagden 1987, S. 81). Die Eroberung Amerikas konn-<br />
te deshalb nur gerechtfertigt sein, wenn die Ureinwohner diese<br />
Rechte durch eigene Handlungen verwirkt hätten. Der Kaiser<br />
hat diese bemerkenswert differenzierten Argumentationen<br />
seines zeitweiligen Beichtvaters gewiß gekannt. Und wohl<br />
deshalb war Karl mit den spanischen Eroberern einig im Be-<br />
wußtsein, rechtmäßig zu handeln, denn ihm und vielen ande-<br />
ren ging es nicht um Zerstörung. Eroberung hieß Anerken-<br />
nung sozialer Gemeinschaften, die die Ureinwohner gebildet<br />
hatten. In der Theorie ging man sogar von der Duldung nicht-<br />
christlicher Herrschaftsordnungen aus. Das Konzept der<br />
monarchia universalis vertrug sich damit sehr gut, denn Be-<br />
kehrung zum Christentum war ja keineswegs untersagt.<br />
Auch deshalb betonte der Kaiser, anders als Vitoria, die<br />
Legitimität der Universalmonarchie. Sie umfasse ein geistli-<br />
ches und ein weltliches Aufgabenfeld, in beiden habe der Kai-<br />
ser für das Wohl aller zu sorgen. Der Universalmonarch sei<br />
protector und advocatus ecclesiae, deshalb müsse er den Krieg<br />
gegen die Ungläubigen ebenso führen, wie er die Kirchenre-<br />
form zu betreiben und die Ketzer zu verfolgen habe. Seine Be-<br />
gründungen standen in der langen Tradition alttestamentli-<br />
cher Kontinuitätsvorstellungen, der Kaiser sah sich als<br />
Friedenskaiser, als katechon, der den Zerstörer der Welt auf-<br />
halte. Nach Gottes Gebot müsse die Vielzahl menschlicher<br />
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