KARL V.
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Relativismus deutlich, dessen Beunruhigung er in den Diskus-<br />
sionen der frühen zwanziger Jahre im Umkreis von Max We-<br />
ber und Ernst Troeltsch kennengelernt hatte.<br />
3. Aktuelle Forschungsfragen<br />
In der Kontroverse um den Kaiser des Mittelalters oder den<br />
Wegbereiter der modernen Staatsraison hat Rassows Deutung<br />
die religiös-sakrale Dimension von Herrschaft im 16. Jahr-<br />
hundert wieder betont. Hier haben die Forschungen seit den<br />
sechziger Jahren, insbesondere diejenigen des Wiener Histori-<br />
kers Heinrich Lutz (1922–1986), angeknüpft. Nach seiner<br />
Interpretation hat die Gegenüberstellung von mittelalterli-<br />
chem Universalismus und werdendem modernem Staat aus-<br />
gedient. Was aber an deren Stelle treten könnte, bleibt auch<br />
nach den Arbeiten von Lutz eine offene Frage. Es sollte darum<br />
gehen, so schrieb er 1982, „die jeweils spezifische Mischung<br />
traditioneller und moderner Elemente im Selbstverständnis<br />
und im politischen System [...] und das allgemeine Vorange-<br />
triebenwerden der politischen Modernisierung’ Europas“ zu<br />
zeigen (Lutz, 3 1991, S. 148). Damit wird deutlich, daß die<br />
Forschung zu Karl V. Teil der großen Kontroversen um die<br />
Maßstäbe historischen Urteilens ist, die in den letzten zehn<br />
Jahren zur Relativierung des Modernisierungsparadigmas als<br />
ausschließlichem Maßstab historischer Entwicklung geführt<br />
haben.<br />
Verschiedene Felder vergangener historischer Realität müs-<br />
sen in diese Aufgabenstellung einbezogen werden. Dazu ge-<br />
hört die Untersuchung der politischen Herrschaftsstrukturen,<br />
mit deren Hilfe Karl V. die Vielzahl seiner Regimente zusam-<br />
menzuführen versuchte. Die These von Horst Rabe, wonach<br />
die „Modernisierung im politischen System“ des Kaisers<br />
durch den „Ausbau der Zentralverwaltung in den einzelnen<br />
Ländern“ erfolgt sei (Rabe 1982, S. 163), wird angesichts der<br />
Oppositionsbewegung regional-ständischer Kräfte gegen sol-<br />
che Maßnahmen und im Lichte der Durchsetzungskraft zen-<br />
traler Verfahrensmuster neu zu bedenken sein. Damit zeigt<br />
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