KARL V.
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die Stände. Als Schutzherr der Christenheit war der Kaiser<br />
festgelegten Geboten verpflichtet, von denen allerdings die ei-<br />
gennützigen Ansprüche einzelner Stände zurückzutreten hat-<br />
ten. Gerade weil der Kaiser die monarchia universalis als<br />
wahren Willen Gottes interpretierte, die Vielzahl der Stände<br />
und Herrschaften aber als Ausdruck des Sündenfalls, zog er<br />
die Grenze zwischen legitimem Widerstand und illegitimem<br />
Ungehorsam an anderer Stelle als die Reichsstände. Beide<br />
aber, Stände und Kaiser, blieben dem frühneuzeitlichen<br />
Selbstverständnis von Herrschaftsübung verbunden: Nicht Be-<br />
fehl und Gehorsam, sondern wechselseitige Treueverpflich-<br />
tung waren die entscheidenden Kategorien politischen Han-<br />
delns.<br />
In der Frage, was als unzumutbare Forderung durch die<br />
Stände zurückgewiesen werden konnte, eröffneten sich durch<br />
die Religionsfrage allerdings neue Abgrenzungsprobleme.<br />
Denn was als Unrecht in Glaubenssachen anzusehen sei, war<br />
aufgrund des unterschiedlichen Glaubensverständnisses dem<br />
Grundkonsens entzogen. Hier entstanden Ausschließlichkeits-<br />
ansprüche in der Wahrheitsfrage. Protestantische Theologen<br />
wie Bugenhagen oder Amsdorf verließen den traditionellen<br />
Argumentationsrahmen politischer Herrschaft nicht: Im Ver-<br />
hältnis zum Kaiser war auch für sie der einzelne Landesherr<br />
nicht Untertan, sondern Unterherr. Eine vollständige Einhel-<br />
ligkeit der Meinungen gab es allerdings im protestantischen<br />
Lager ebensowenig wie unter den altgläubigen Ständen. Die<br />
Vorstellungen des Nürnberger Ratsschreibers Lazarus Speng-<br />
ler z.B. (1479–1534) stützten eher die Auffassung des Kaisers<br />
als die der protestierenden Stände. Für ihn waren die Reichs-<br />
fürsten zwar Obrigkeiten gegenüber ihren eigenen Unterta-<br />
nen, nicht aber im Verhältnis zum Kaiser (Böttcher 1991, S.<br />
16f.).<br />
Für die Rolle des Kaisers im Reich waren diese Auseinan-<br />
dersetzungen von großer Bedeutung. Das gilt entsprechend für<br />
die Bewertung des Kaisertums Karls V.: Immer weniger ein-<br />
sichtig wird die Gegenüberstellung spätmittelalterlicher Herr-<br />
scher einerseits, frühabsolutistischer Kaiser andererseits. Kai-<br />
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