KARL V.
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Konflikts um die Durchsetzung des Wormser Edikts wurde<br />
diese Frage für diejenigen Reichsfürsten aktuell, die der re-<br />
formatorischen Bewegung zuneigten. Dem sächsischen Kur-<br />
fürsten hatte der Kaiser abverlangt, alles zu tun, „damit des<br />
Luthers lere und handlung abgethun und nit weiter ausgebrait<br />
werde“ (Des kursächsischen Rates, 1899, S. 223). Offensicht-<br />
lich gab es Pläne Karls V., dem Sachsen bei Nichterfüllung die<br />
Kurwürde zu entziehen. In dieser bedrohlichen Situation wur-<br />
den die Wittenberger Theologen vom kursächsischen Rat Ge-<br />
org Spalatin (1484–1545) um ein Gutachten gebeten, ob es<br />
ein Recht oder gar eine Pflicht „des christlichen Fürsten [ge-<br />
be], sein Territorium gegen einen Angriff wegen der Religion<br />
zu schützen.“<br />
Schon auf diese erste Anfrage gaben die Theologen eine dif-<br />
ferenzierte Antwort. Während Johannes Bugenhagen (1485-<br />
1558) und Nikolaus von Amsdorf (1483–1565) das ständi-<br />
sche „Recht der Gegenwehr“ (Widerstandsrecht) auch in Fra-<br />
gen der Religion uneingeschränkt anerkannten, lehnten Mar-<br />
tin Luther und Philipp Melanchthon dies, wenn auch mit<br />
unterschiedlichen Begründungen, ab. Aktualität erhielten die<br />
Gutachten erst 1529 wieder, als der Kaiser während des<br />
Reichstags zu Speyer in einem „Mandat an die protestieren-<br />
den Stände“ feststellte, daß die Minderheit einem Beschluß<br />
der Reichstagsmehrheit auch in Glaubensdingen zu folgen ha-<br />
be. Nicht nur das Verfahren des Kaisers empörte die „pro-<br />
testierenden Stände“: Gerade der Kaiser müsse denjenigen, die<br />
anderer Meinung waren, zumindest Gehör einräumen, argu-<br />
mentierten Melanchthon und Philipp von Hessen (1504-<br />
1567) gleichermaßen. Auch in der Sache standen sich zwei<br />
deutlich unterschiedene Positionen gegenüber. Noch einmal<br />
wurden die Wittenberger Theologen um Stellungnahme gebe-<br />
ten; Bugenhagens Votum (vom 29.9.1529) ergänzte die juri-<br />
stische durch eine theologische Sichtweise.<br />
Aus der Sicht der Stände war das Kaisertum eine Funktion<br />
mit begrenzten Kompetenzen, folglich mit begrenztem Gehor-<br />
samsanspruch. Selbstverständlich waren die Reichsstände<br />
durch ihren Huldigungseid verpflichtet zu gehorchen, aber<br />
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