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Heft - ith

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Peter<br />

Szendy<br />

119<br />

Das Archi-<br />

Roadmovie<br />

Die Streckenführung der Sinne<br />

in den Kinowelten ist also jedes<br />

Mal einzigartig.<br />

Darum scheint es schwierig,<br />

den Herolden eines «akkustischen»<br />

oder «auditiven Turns»<br />

(auditory turn, acoustic turn,<br />

aural turn) in den Humanities,<br />

in der Theorie, im Denken vorschnell<br />

zu folgen. Gewiss, es gab<br />

unleugbar ein erneuertes Interesse<br />

für den Ton und das Hören,<br />

an der solche Seiten wie diese<br />

von Nancy, von mir und anderen<br />

Anteil hatten. 34 Doch die<br />

Kurven, die das Sichtbare auf<br />

die Abwege des Hörbaren bringen (oder umgekehrt) und das eine zum anderen<br />

werden lassen, diese Kurven sollten nicht von oben, in der Luftlinie, aufgenommen<br />

oder begriffen werden: wenn es eine Kehrtwendung gibt, dann ist<br />

diese nicht andernorts zu suchen als im Quasi-Transzendentalen, wo sich das<br />

Opto- oder Oto-Strassenschema über der Kehre faltet, die auf einzigartige<br />

Weise hier und jetzt produziert wird.<br />

Auf diese Weise muss man, wie ich glaube, Nancy verstehen, wenn er von<br />

der «Transimmanenz» spricht («die Transzendenz einer Immanenz, die im<br />

Moment des Transzendierens nicht aus sich heraustritt») und der Losung<br />

von Adorno zustimmt, der zufolge «die Ästhetik die Versenkung eines einzelnen<br />

Werks voraussetzt.» 35<br />

Jedes Mal einzigartig, sagte ich, die Streckenführung des Sinns.<br />

Übersetzt von Birgit Mennel<br />

Abb. 9<br />

David Lynch, Blue Velvet,<br />

USA 1986.<br />

34 – Vgl. bspw. Peter Szendy, Écoute, une histoire<br />

de nos oreilles, vorangestellt Ascoltando<br />

von Jean-Luc Nancy, Paris, 2001; Jean-Luc<br />

Nancy, Zum Gehör, Berlin, Zürich 2010;<br />

Jonathan Sterne, The Audible Past. Cultural<br />

Origins of Sound, Durham 2003. Don Ihde<br />

war der erste, der in der phänomenologischen<br />

Tradition einen «auditiven Turn»<br />

(auditory turn) gefordert hat (Listening and<br />

Voice. Pheno menologies of Sound, New York<br />

2007; die erste Ausgabe datiert auf 1976).<br />

Aber der Ausdruck scheint seit ungefähr<br />

einem Jahrzehnt wieder aufzutauchen —<br />

drei Hinweise dazu unter vielen anderen:<br />

Nick Yablon, «Echoes of the City: Spacing<br />

Sound, Sounding Space, 1888–1916», in:<br />

American Literary History, Jg. 19, Nr. 3<br />

(2007) (wo man lesen kann: recent literary,<br />

cultural and historical studies take what<br />

might be called an ‹aural turn›»); Petra<br />

Maria Meyer (Hg.), Acoustic Turn, München,<br />

2008; Adrienne Janus, «Listening: Jean-<br />

Luc Nancy and the ‹Anti-Ocular› Turn in<br />

Continental Philosophy and Critical Theory»,<br />

in: Comparative Literature, Jg. 63, Nr. 2<br />

(2011).<br />

35 – Nancy 1999, S. 63; Nancy zitiert die Ästhetische<br />

Theorie von Adorno.

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