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Elke<br />
Bippus<br />
Jörg<br />
Huber<br />
Roberto<br />
Nigro<br />
3<br />
Vorwort<br />
Elke Bippus<br />
Jörg Huber<br />
Roberto Nigro<br />
Vorwort<br />
Seit zwei Jahren konzentriert sich die Arbeit am <strong>ith</strong> in der Bündelung<br />
unterschiedlicher thematischer Schwerpunktsetzungen<br />
auf die Auseinandersetzung mit der Ästhetik oder anders formuliert<br />
einer Theorie des Ästhetischen. Damit soll ein Zentrum für<br />
Ästhetik entwickelt werden, das in der Verbindung von Lehre,<br />
Forschung und Promotion einen Zusammenhang schafft, der an<br />
einer Hochschule der Künste seinen sinnvollen Ort findet. Gefragt<br />
wird, was wir unter Ästhetik überhaupt verstehen können und<br />
was wir meinen und beabsichtigen, wenn wir die Ästhetik als<br />
Theorie des Ästhetischen entwickeln wollen. Gefragt wird auch,<br />
wie Ästhetik auf unsere Gegenwart bezogen werden kann und<br />
muss, resp. welche Bedeutung ihr zukommt in der Deutung einer<br />
Jetztzeit. Mit den hier versammelten (Er-)Öffnungen in ein Denken<br />
des Ästhetischen versuchen wir, die Diskussion in einen grösseren<br />
Kreis zu führen und in einen produktiven Arbeitszusammenhang<br />
mit Kunstschaffenden weiter zu treiben. Denn ästhetische<br />
Theorie kann nur auch ästhetische Praxis sein. Wenn die<br />
Ästhetik das sinnliche Gewebe und die Verständlichkeitsform<br />
und die Verständigungsform der Kunst ist, d. h. der Name des<br />
Begriffes, der seit zwei Jahrhunderten dies sinnliche Gewebe<br />
bezeichnet, dann kann die Entstehung der Ästhetik nicht von den<br />
Lebensformen getrennt werden. Die Bedingungen der Ästhetik,<br />
die Bedingungen ihrer Entstehung wie auch die ästhetische Lage,<br />
können nicht von einem allgemeinen Begriff der Kunst oder des<br />
Schönen abgeleitet werden; sie stammen nicht von einem globalen<br />
Denken des Menschen, der Welt, des Subjektes oder des Seins.<br />
Sie sind von der Transformation der sinnlichen Erfahrung abhängig<br />
und wirken zusammen mit der Veränderung der Lebensformen.<br />
Die Ästhetik begreift die neuen Konfigurationen der Erfahrungen,<br />
d.h. die Transformationen unserer Wahrnehmung und<br />
der Art und Weise, wie wir affiziert werden. Unter dem Begriff<br />
Ästhetik wird keine Theorie der Kunst genannt, kein Privileg des Diskurses<br />
wieder aufgerufen; aber auch keine Autonomie des plastischen Universums<br />
eingefordert. Ästhetik beschreibt die Komplexität der Beziehung zwischen<br />
Diskursivem und Nicht-Diskursivem und ist der Name für den Boden, auf<br />
dem die sinnliche Erfahrung von dem, was wir Kunst nennen, stattfindet.<br />
Ästhetik ist dann das Terrain, das am besten erlaubt, die gegenwärtige Lage<br />
zu denken, vor dem Hintergrund der Transformationen der Produktionsweisen<br />
und der damit veränderten Rollen, die Immaterialität und Affektivität in<br />
den sozialen wie maschinischen Gefügen spielen.<br />
Im Titel Ins Offene hallt die Sache und die Aufgabe des Denkens wider,<br />
weil sich die Ästhetik nach der Aktualität richtet; ihr obliegt die Aufgabe,<br />
die Gegenwart zu denken, die Zeit und die historische Lage, in der wir leben,<br />
zu untersuchen. Ihr gehört der Versuch, zu bestimmen, was mit uns<br />
geschieht, wer wir in diesem präzisen Moment der Geschichte sind. Die Aufgabe<br />
der Ästhetik besteht dann darin, das Offene zu erkunden und die Präsenz<br />
ans Licht zu bringen, bzw. das Abwesende und das Anwesende, die sich<br />
im Offenen versammeln, zu beleuchten. Aber es handelt sich um eine sehr<br />
besondere Erfahrung der Beleuchtung; nicht nur weil sie jenseits des Auges<br />
alle Sinne einbezieht, sondern insbesondere, weil sie sich gerade nicht auf<br />
die Macht des Lichtes stützt. Es geht vielmehr um einen auf die Dunkelheit<br />
geworfenen Blick auf der Suche nach einem schwachen Licht, das sich<br />
immer verschiebt, das sich immer von uns distanziert. Der Versuch, die<br />
Finsternis zu schauen, ist eine mutige Geste. Hier wird die ästhetische<br />
Erfahrung zum Unbehagen, weil sie, anstatt in der Klarheit des Tageslichtes<br />
die Wahrheit des Werdens des Seins zu begreifen, den unzeitgemässen<br />
Charakter der Gegenwart zeigt. Anstatt vom Licht der Gegenwart geblendet<br />
zu werden, handelt es sich darum, den Blick auf die Schattenseite der<br />
Gegenwart zu werfen. Nicht das Mittagslicht, sondern die Blässe und die<br />
Undurchsichtigkeit, durch die sich die ästhetische Erfahrung ergibt, zeigen,<br />
dass die historischen Bedingungen, auf denen die künstlerische Erfahrung<br />
beruht, mit der Zeit und der Gegenwart nicht übereinstimmen, sondern sich<br />
im Widerstreit befinden. Hier erscheint das Unzeitgemässe der Ästhetik, ihr<br />
(Ein-)Wirken gegen die Zeit, auf die Zeit, auch im Sinne einer noch zu kommenden<br />
Zeit. Durch eine immer noch verschobene Geste versucht die