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Anke<br />
Haarmann<br />
77<br />
Verschiebungen<br />
im Feld<br />
der Kunst<br />
Anke Haarmann<br />
Verschiebungen<br />
im Feld der<br />
Kunst<br />
Oder<br />
warum eine<br />
epistemologische<br />
Ästhetik an<br />
der Zeit ist<br />
Die verbreitete Rede von der künstlerischen Forschung<br />
bietet den Anlass, um über eine Ästhetik als<br />
Epistemologie nachzudenken. Nicht weil es epistemologische<br />
Ästhetiken nicht schon gäbe. Die Philosophen<br />
Baumgarten, Hegel, Kant, Adorno oder Heidegger,<br />
um nur einige prominente zu erwähnen,<br />
haben Kunst oder ästhetische Erfahrung unter<br />
erkenntnistheoretischen Gesichtspunkten diskutiert.<br />
Der Begriff der Forschung aber, im Terminus der<br />
künstlerischen Forschung, provoziert eine Verschiebung<br />
der epistemologischen Aufmerksamkeit vom<br />
Werk auf die Tätigkeit, von der<br />
Poiesis zur Praxis, von der<br />
Erkenntnis im künstlerischen<br />
Produkt zur Kunst als Wissensproduktion.<br />
Es geht nicht<br />
mehr nur um den Erkenntnischarakter<br />
der Werke, sondern<br />
um die künstlerischen Verfahren,<br />
die analysiert und deren<br />
Qualitäten als Forschung dis-<br />
kutiert werden sollten. Meines<br />
Erachtens ist eine kritische<br />
Produktionsästhetik an der<br />
Zeit, um das künstlerische Forschen<br />
als Tätigkeit in seinen<br />
Bedingungen und Möglichkeiten<br />
zu bestimmen, wobei der<br />
Begriff der Produktion in der<br />
Ästhetik genauer als Praxis zu<br />
fassen wäre.<br />
Die künstlerische Forschung<br />
ist ein schillernder Begriff, der<br />
für viele Phänomene in der ge -<br />
gen wärtigen Kunstdebatte und<br />
Bildungspolitik in Gebrauch<br />
genommen wird: Hochschulprogramme,<br />
künstlerische<br />
Selbst verständnisse oder die<br />
experimentelle Nähe zwischen<br />
Medienkunst und Naturwissenschaft<br />
sind gemeint. Daher<br />
gilt es zunächst den Begriff zu<br />
präzisieren und zu klären, in-<br />
wie fern es sich bei der künstlerischen<br />
Forschung um eine<br />
blosse Mode handelt. Eine epistemologische<br />
Ästhetik nähme<br />
vor allem die künstlerischen<br />
Verfahren in den Blick, die eingesetzt<br />
werden, um kulturelle<br />
Phänomene erkenntnisorientiert<br />
zu bearbeiten. Diese formale<br />
Vorbestimmung macht deutlich, dass es mit der<br />
epistemologischen Ästhetik um eine induktive Theorie<br />
geht, die jenseits von Programmen und proklamierten<br />
Selbstverständnissen bei den konkreten<br />
künstlerischen Praktiken ansetzt, sowie um eine partielle<br />
Theorie, die nicht beansprucht, die Kunst im<br />
Ganzen zu bestimmen. Was die Reichweite und<br />
Beständigkeit der Debatte angeht, so erweist sich die<br />
künstlerische Forschung als ein umkämpftes Terrain,<br />
in dem es um grundsätzliche Dinge wie Forschungshoheiten,<br />
Sprecherpositionen und die Zukunft der<br />
Wissenschaften und ihrer Methoden geht. Es wird