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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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10Die damaligen Antriebe und Hoffnungen nunmehr eher in ihren Begrenzheiten und illusionären Momentenherausstellend, äußert sich Dietmar Ebert im Gespräch folgen<strong>der</strong>maßen: „<strong>Der</strong> Kreis war eineNotgemeinschaft <strong>der</strong> jüngeren Leute gegen die erstarrten Positionen <strong>der</strong> Hochschullehrer. Das wardie gemeinsame Basis, die ihn geeint hat. Die positive Bestimmung war dagegen sehr vage. ... (D)ie‚Ästhetik des Wi<strong>der</strong>stands‘ konnte auch eine politische Klammer sein. Die DDR <strong>der</strong> 80er <strong>Jahre</strong>, diesozialen Konflikte, die sich auftaten, konnte man kritisieren, aber man mußte nicht das Ganze in Fragestellen. Man konnte die Gesellschaftsordnung für reformierbar halten; dieses utopische Potentialsteckt in <strong>der</strong> ‚Ästhetik des Wi<strong>der</strong>stands‘. Es war also auch <strong>der</strong> Versuch, mit <strong>der</strong> ‚Ästhetik des Wi<strong>der</strong>stands‘sich und die Utopie gegen eine schlechte Wirklichkeit zu behaupten. Ein weiterer politisch geprägterGedanke: Peter Weiss schreibt das Buch bis 1975, in einer Zeit, als sich zwischen den beidengroßen Weltblöcken nichts bewegt. Und wir beginnen die Lektüre 1983 in genau <strong>der</strong> gleichen globalenSituation - zunächst ist alles zu. Da ist das Buch erst einmal einmal die große Hoffnung, daß es nichtimmer so bleiben darf. Als dann mit dem Auftreten von Gorbatschow aus <strong>der</strong> Sowjetunion Impulsekamen, daß es vielleicht doch möglich wäre, den Sozialismus zu reformieren, haben wir o<strong>der</strong> habe ich- ich rede jetzt einmal nur für mich - empfunden, daß wir in unserem Weg <strong>der</strong> Beschäftigung mit <strong>der</strong>,Ästhetik des Wi<strong>der</strong>stands‘ politisch bestätigt werden.“ (Gespräch, Zeile 147-166)Wolfgang Behlert erzählt: „<strong>Der</strong> Arbeitskreis muß sich, wenn ich mich richtig erinnere, etwa im April1984 zusammengefunden haben. Die nachfolgenden zwei <strong>Jahre</strong> gehören zu den intensivsten, quälendstenund zugleich schönsten Lernerfahrungen meines Lebens. Ich lernte eine Unmenge über Literatur,darüber, wie ein, o<strong>der</strong> sagen wir zumindest: wie dieser Roman funktionierte, über Geschichte,Philosophie, über das sozialistische Projekt, über mich selbst. Beispielsweise: Wir beschäftigten unsmit dem Problem bzw. dem Konflikt <strong>der</strong> ‚doppelten Loyalität‘ anhand <strong>der</strong> Hodann-Figur im Roman. Alsomit dem Konflikt zwischen <strong>der</strong> Loyalität gegenüber <strong>der</strong> Parteilinie und <strong>der</strong> sich selbst gegenüber,<strong>der</strong> eigenen Verantwortung, dem eigenen Wissen. Wir sahen, daß dieser Wi<strong>der</strong>spruch, <strong>der</strong> da entsteht,und den je<strong>der</strong> von uns aus seiner eigenen politischen Erfahrung heraus an sich selbst kennengelernthatte, auch bei Peter Weiss auf <strong>der</strong> politischen Ebene unauflösbar blieb, daß er das Problemimmer wie<strong>der</strong> auf die künstlerische Ebene verlagerte: <strong>Der</strong> Roman beginnt und endet vor dem Pergamon-Altar.... Trotz allem - trotz <strong>der</strong> Beschäftigung mit den Moskauer Prozessen, einer völlig neuenSicht auf die KPD in den 20er und 30er <strong>Jahre</strong>n, trotz einer immer stärker anwachsenden Beunruhigungum den Bestand, die Realität des sozialistischen Projekts - die Konsequenz bei <strong>der</strong> Mehrzahl<strong>der</strong> Teilnehmer des Arbeitskreises, und auch bei mir, war: Es gibt keine Alternative zu dieser Partei,zu dieser Utopie. O<strong>der</strong> wie das Wolf Biermann mal so schön gesungen hat (ich glaube, es ist ein Gedankevon <strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong>, den er da poetisch aufgenommen hat): So o<strong>der</strong> so, die Erde wird rot.Was wir also zu tun hatten, war, aus dieser Partei unsere Partei zu machen, wie das wohl StefanHeym einmal in seinem Roman über den 17. Juni so schön schlicht und naiv ausgedrückt hat. Klar,diese Partei hatte schon längst ihre Würde verloren. Zugleich aber hatte sie - so sahen wir es mit PeterWeiss - vor allem in Gestalt <strong>der</strong> Sowjetunion und auch in Gestalt des antifaschistischen Wi<strong>der</strong>standesin Deutschland dafür gesorgt, daß die Menschheit nicht insgesamt und auf unabsehbare Dauer ineiner faschistischen Herrschaft ihre Würde verloren hat.“ (Gespräch, Zeile 418-454)Die latente Beargwöhnung <strong>der</strong> Aktivitäten durch die Sektionsleitung sowie <strong>der</strong> erreichte Diskussionsstanddrängten den Peter-Weiss-Kreis dazu, sich mit wissenschaftliche Kompetenz nachweisendenErgebnissen zu präsentieren. Anfang 1986 stellten Dietmar Ebert, Elena Nährlich-Slatewa und Gabriele Pleske im Rahmen einer Vorlesungsreihe zu aktuellen Forschungsthemenihre Interpretation einzelner Romanszenen vor; damit war erstmalig die Sektionsöffentlichkeiterreicht. Schon längerfristig war die konzeptionelle und organisatorische Vorbereitung einesKolloquiums zur „Ästhetik des Wi<strong>der</strong>stands“ anläßlich des 70. Geburtstages von Peter Weissbetrieben worden.

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