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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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54Die enge institutionelle Bindung <strong>der</strong> Akademie für Gesellschaftswissenschaften an Parteiführungund Parteiapparat bewirkte, daß sich <strong>der</strong>en verstärkt antireformatorische Positionierung ininternen Differenzierungsprozessen nie<strong>der</strong>schlug. Es kam zu wissenschaftspolitischen Weichenstellungen,die den Ausbau und die Zusammenführung kritisch-reformerischer Ansätze zugehaltvollen Gestaltungskonzepten blockierte. Die Begrenztheit <strong>der</strong> so erreichbaren Resultatedokumentieren u.a. die im Frühsommer 1989 vorgelegten Parteitagsstudien. An <strong>der</strong> Erarbeitung<strong>der</strong> von Reinhold zu verantwortenden zentralen Studie „<strong>Der</strong> Sozialismus in den 90er <strong>Jahre</strong>n“war - wie auch die an<strong>der</strong>en Institutsdirektoren - Reißig beteiligt; die Studie „Zur weiteren Entfaltungund Vervollkommnung <strong>der</strong> Demokratie“ wurde von Mitarbeitern seines Instituts angefertigt.Resümierend formuliert Reißig:„Es war so, daß die Entwicklung an <strong>der</strong> Gewi-Akademie sich gegenteilig zu dem vollzog, was ich mirwünschte und vorstellte, und wofür es zunächst ja auch viele positive Anzeichen gab. Es gab gewisseÖffnungstendenzen, ernsthafte Bestrebungen, Reformdebatten zu initiieren, so etwas wie eine Aufbruchsstimmung.Mit <strong>der</strong> zunehmenden Ablehnung Gorbatschows durch Honecker, Mittag und an<strong>der</strong>e,die <strong>der</strong> Gewi-Akademie über Hager vermittelt wurde, nimmt das Wi<strong>der</strong>standspotential in <strong>der</strong> Gewi-Akademie nicht etwa zu, son<strong>der</strong>n spaltet sich auf. Es kommt sowohl zu Resignation wie auch zu latentemWi<strong>der</strong>spruch, vor allem aber zu einem unheimlichen Anpassungsverhalten, und das wird insbeson<strong>der</strong>evon Otto Reinhold getragen. Nicht weil er unbedingt davon überzeugt war, daß alles richtigist, aber er hatte über die Jahrzehnte zu taktieren gelernt und war <strong>der</strong> Auffassung, man müsse Positionenzurückhalten, bis <strong>der</strong> Freiraum gegeben ist. Damit war es nicht mehr möglich, weitreichendeneue Dinge, die schon ansatzweise erarbeitet waren, weiterzuführen, zuzuspitzen. Im Unterschiedzum Forschungsprojekt Sozialismustheorie an <strong>der</strong> Humboldt-Universität wird das also nicht weiter geöffnet,son<strong>der</strong>n die Sache sozusagen auf Schmalspur fortgesetzt. Das ist ein Rückschritt, eine Stagnation,und dafür stehen die Parteitagsstudien. Sicherlich in unterschiedlichem Ausmaß; was da formuliertwird, hebt sich schon von den Sichtweisen Hagers o<strong>der</strong> Honeckers ab, die ja nun völlig erstarrtwaren. Aber es war nicht das, was möglich war, was schon angedacht und aufgeschrieben war, geschweigedenn das, was real erfor<strong>der</strong>lich gewesen war an wissenschaftlich-theoretischem Denken.Man muß sehen, daß es an <strong>der</strong> Gewi-Akademie, auch an unserem Institut, ziemlich verhärtete Positionengab. Die Demokratiefrage ist da eingeschlossen. Es war gewissermaßen ein ständiges Wankenund Schwanken von Positionen, bedingt durch die Auseinan<strong>der</strong>setzung zwischen denen, die das weitertreibenwollten, und denen, die abblockten unter taktischen Gesichtspunkten - jetzt muß man ersteinmal abwarten, was im ZK-Gebäude geschieht, damit wir nicht vorher abgehangen werden, son<strong>der</strong>ndann in die Verän<strong>der</strong>ungen einsteigen können. Die Studien jedenfalls blieben hinter all dem zurück,was damals erfor<strong>der</strong>lich war.“ (Gespräch II, Zeile 577-601)Rolf Reißig und sein enger Mitarbeiter Frank Berg wandten sich etwa seit 1987 in ihrer wissenschaftlichenArbeit unmittelbarer als vordem Fragen <strong>der</strong> Sozialismusentwicklung selbst zu; zumThema wurden Demokratie und Menschenrechte. Für die Art und Weise, wie sie die traditionelldogmatischenAuffassungen überschritten, war ihre Einbindung in zwei Diskussionszusammenhängebelangvoll: einerseits waren sie beteiligt an den Debatten einer deutsch-deutschen Wissenschaftlergruppezu konzeptionellen Fragen eines wissenschaftlichen Systemvergleichs, an<strong>der</strong>erseitseinbezogen in die Diskussion zwischen Wissenschaflern sozialistischer Län<strong>der</strong> zurMenschenrechtsproblematik - das Institut war betraut mit <strong>der</strong> Koordination des „MultilateralenWissenschaftlichen Problemrats von Bru<strong>der</strong>parteien sozialistischer Län<strong>der</strong> zu Fragen <strong>der</strong> Menschenrechte“.In Publikationen, Vorträgen und internen Materialien stellten Reißig und Berg ihrreformorientiertes Demokratie- und Menschenrechtsverständnis dar; beispielsweise werden in

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