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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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14auf beharren, die Formensprache des Textes zu beachten, versagen sie sich bewußt, ihn umstandslosals Reparaturkonzept für den Sozialismus zu lesen, auch nicht für die marode DDR, um <strong>der</strong>en Bestanddurch Erneuerung es ihnen (noch) geht.“ 8Im Spätsommer und Herbst 1989 engagierten sich einige <strong>der</strong> jüngeren Wissenschaftler <strong>der</strong>Friedrich-Schiller-Universität, die vordem an <strong>der</strong> Peter-Weiss-Rezeption beteiligt waren, im „Reformhaus“,<strong>der</strong>jenigen Bewegung, die die inneruniversitären Verän<strong>der</strong>ungsprozesse einleitete.Sigrid Lange wurde in den Fakultätsrat und den Senat <strong>der</strong> Universität gewählt und war bis 1991bemüht, in <strong>der</strong> nunmehr erfolgenden Umstrukturierung <strong>der</strong> Universität nach bundesdeutschemMuster die Interessen des akademischen Mittelbaus zu vertreten. Dieter Strützel äußerte sichmit seinen Texten „Soziale Sicherheit und/o<strong>der</strong> sozialistische Lebensweise“ und „Überlegungenzu ,Grundsätze und Ziele‘ einer erneuerten <strong>SED</strong>“ im Oktober/November 1989 zu Fragestellungengesamtgesellschaftlicher Reichweite; ab Oktober in <strong>der</strong> umformierten Suhler <strong>SED</strong>-Bezirksleitung als Sekretär für Ideologie und Medien tätig, wirkte er später als stellvertreten<strong>der</strong>Landesvorsitzen<strong>der</strong> am Aufbau <strong>der</strong> PDS in Thüringen verantwortlich mit.<strong>Der</strong> engere Zirkel um Dietmar Ebert und Elena Nährlich-Slatewa diskutierte Ende Oktober 1989in einer zweitägigen Sitzung mit Hannes Goebel - <strong>der</strong> Kontakt bestand seit dem Rundtischgesprächvom Februar - die Textpassage „Heilmann an unbekannt“ aus <strong>der</strong> „Ästhetik des Wi<strong>der</strong>stands“.Dietmar Ebert war zu dieser Zeit kulturpolitischer Mitarbeiter beim Rat <strong>der</strong> Stadt Jena;er berichtet:„Ich bin im April 1989 zum Rat <strong>der</strong> Stadt, und es gibt dann diese wirklich bedrückende Phase, die etwabis Oktober/November reicht. Unser Oktober-Gespräch mit Hannes Goebel habe ich als sehr wichtigempfunden, politisch wichtig und für meine Sprachfindung wichtig. Wenige Tage danach, am 5.November führte die Jenaer Philharmonie die 7. Sinfonie von Beethoven in <strong>der</strong> Stadtkirche auf. Wirhatten dieses Konzert unter den Titel ,Für die Opfer des Machtmißbrauchs‘ gestellt, ich habe eine kurzeRede gehalten, was mir ohne dieses Gespräch nicht möglich gewesen wäre. Das Gespräch unddie Rede waren für mich <strong>der</strong> Beginn <strong>der</strong> definitiven Ablösung von dem, was ich vorher politisch vertretenhatte.“ (Gespräch, Zeile 808-815) Und resümierend heißt es: „Für mich ergibt sich aus <strong>der</strong> Beschäftigungmit Peter Weiss, daß es wichtig ist, wie man Erinnerung strukturiert, wie die einzelnenStimmen zueinan<strong>der</strong> finden. Insofern wirkt er weiter, unabhängig davon, worin wir uns gemeinsam mitihm geirrt haben. Ich denke, daß Peter Weiss es genauso gesehen hat, wie wir es in den <strong>achtziger</strong><strong>Jahre</strong>n gesehen haben: auch er hat geglaubt, daß diese Gesellschaft reformierbar wäre. Vielleicht istes ganz gut, daß er die Erfahrung nicht machen mußte, daß es nicht so war.“ (Ebenda, Zeile 823-828)Ihr an die Zielstellung von Identitätsfindung und -bewahrung gebundenes Verständnis <strong>der</strong>Weiss-Rezeption drückt Elena Nährlich-Slatewa zusammenfassend folgen<strong>der</strong>maßen aus:„(I)ch (habe) diesen Roman nicht primar politisch gelesen. Natürlich haben mich die weißen o<strong>der</strong> vielmehrdie schwarzen Flecken in <strong>der</strong> kommunistischen Geschichtsschreibung sehr interessiert, aberdas war nicht alles ... Einerseits ist die Literatur ein Gebiet <strong>der</strong> professionellen Beschäftigung, an<strong>der</strong>erseitsist sie unverzichtbar, um ein Leben leben zu können, das sich in den harten Beschränkungendes Alltags nicht selbst verliert. Um dem eigenen Leben Sinn und Tiefe verleihen zu können, brauchtman die Aneignung von Kunst im dialogischen Austausch von Persönlichkeit zu Persönlichkeit, weil8M. Rector: Rezension zu J.-F. Dwars, D. Strützel, M. Mieth (Hg.): Wi<strong>der</strong>stand wahrnehmen. Dokumente einesDialogs mit Peter Weiss, Köln 1993, in: M. Rector, J. Vogt (Hg.): Peter-Weiss-Jahrbuch, Bd. 4, Opladen 1995, S.117.

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