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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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64und für eigene Rechnung zu operieren, für diese Fondes eigene Verantwortung zu übernehmen, überihren konkreten Bestand und die Verwertung <strong>der</strong> Fondsbestandteile zu disponieren und ihre Reproduktionzu sichern. Über die Frage <strong>der</strong> Entlohnung sowohl des Unternehmers wie auch des Betriebskollektivswird von unabhängigen gesellschaftlichen Räten entschieden.“ 44- Zur Regulierung <strong>der</strong> gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklung in ihren Grundrichtungenund -proportionen konzipiert Henrich gesellschaftliche Räte, die über die Verwendungdes erwirtschafteten Mehrprodukts entscheiden. Sie sind eine <strong>der</strong>jenigen institutionellenFormen, über die die Lenkungsfunktion des Geisteslebens zu realisieren wäre.„Wenn das Mehrprodukt als Bestandteil des Nationaleinkommens we<strong>der</strong> automatisch über denStaatshaushalt verteilt wird noch in das Privateigentum <strong>der</strong> Unternehmer übergeht, son<strong>der</strong>n in einemgeson<strong>der</strong>ten Fonds <strong>der</strong> Gesellschaft konzentriert wird, entfällt die Möglichkeit, auf seiner GrundlageStaats- o<strong>der</strong> Unternehmermacht unkontrolliert aufzustocken. Wie das Mehrprodukt verteilt wird, inwelchem Umfang mit Hilfe des Mehrprodukts konsumtive und kulturelle Bedürfnisse <strong>der</strong> Werktätigeninnerhalb und außerhalb <strong>der</strong> Produktion befriedigt werden, welche Anteile des Mehrprodukts für dieErweiterung <strong>der</strong> Produktion, die Bildung von Reserven, als materielle Basis für die nichtproduktiveSphäre, für die Sicherung <strong>der</strong> Landesverteidigung, für die Wissenschaft, die Kultur und an<strong>der</strong>es Verwendungfinden, kann die Politbürokratie nicht richtig entscheiden, das können auch sozialistischeUnternehmer nicht bestimmen, das können allein gesellschaftliche Räte festlegen, in denen sämtlichebetroffene gesellschaftliche Gruppen vertreten sind. Für eine den großen Menschheitsproblemen angemesseneFortentwicklung des Wirtschaftslebens ist die Schaffung wirklich gesellschaftlicher Räteunabdingbar. Nur sie könnten die Einseitigkeiten des bisher lediglich durch Macht- o<strong>der</strong> Marktinteressengelenkten blinden Wirtschaftswachstums überwinden. Sie könnten die sozialen und umweltbedingtenKosten des Wirtschaftswachstums einigermaßen ehrlich kalkulieren, ohne dabei durch betrieblicheo<strong>der</strong> politische Abhängigkeiten allzu sehr behin<strong>der</strong>t zu sein.“ 45- Den seiner Herrschaftsfunktion bezüglich des Geistes- und des Wirtschaftslebens enthobenenStaat bestimmt Henrich als Rechtsstaat. „<strong>Der</strong> hier dargestellten Idee zufolge wäre <strong>der</strong>Rechtsstaat idealtypisch gesehen zunächst erst einmal praktisch nichts an<strong>der</strong>es als dienach <strong>der</strong> Entflechtung des Staats-, Wirtschafts- und Geisteslebens entstehende Rechtsordnung.Die nach Durchführung <strong>der</strong> Dreiglie<strong>der</strong>ung dem Staat verbleibenden Funktionen Gesetzgebungund Verwaltung würden dann wie<strong>der</strong> zu reinen ‚Rechtsfunktionen‘“. (S. 297)Dabei geht es Henrich nicht nur um den „Schutz <strong>der</strong> Individualrechte und <strong>der</strong> Beachtungstrenger Gesetzlichkeit“, er favorisiert „einen mehr inhaltlichen Begriff des ‚Rechtsstaates‘,<strong>der</strong> die Sicherung <strong>der</strong> subjektiven Rechte mit demokratischen Formen <strong>der</strong> Einflußnahme aufdie Macht verbindet“. (S. 298) Rechtsstaat und Demokratie - in diesen Abstrakta, die jedochdurch die ausführliche Kritik sozialistischer Rechts- und Staatsordnung für den Leser inhaltlicheKonturen gewonnen haben, faßt Henrich den Grundgehalt einer reformierten Staatsmachtzusammen.Ende März 1989 veröffentlichte „<strong>Der</strong> Spiegel“ Ausschnitte aus dem Buch „<strong>Der</strong> vormundschaftlicheStaat“ sowie einen Artikel, <strong>der</strong> über Henrichs Werdegang und Anliegen berichtete. Kurzdarauf wurde er aus dem Rechtsanwaltskollegium - womit er zugleich seine anwaltliche Zulassungverlor - und aus <strong>der</strong> Partei ausgeschlossen, auf strafrechtliche Repressionen wurde je-4445Ebenda, S. 283/284.Ebenda, S. 290.

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