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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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55<strong>der</strong> von Reißig verantworteten Studie des Problemrats vom April 1989 die zu überwindendenMomente realsozialistischer Menschenrechtsauffassung prägnant benannt.Wörtlich heißt es: „Die Gesellschaftswissenschaftler mehrerer Bru<strong>der</strong>parteien schätzen ein, daß es in<strong>der</strong> Vergangenheit in Theorie und Praxis ihrer Län<strong>der</strong> Unterschätzungen und Trivialisierungen hinsichtlich<strong>der</strong> Menschenrechte gab. Sie sollten endgültig überwunden werden. Dazu gehören solchefehlerhaften Positionen wie:- ein mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> mechanisches Verständnis <strong>der</strong> Übereinstimmung von individuellen und gesellschaftlichenInteressen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Unterordnung individueller unter gesellschaftliche Interessen;- die falsche Auffassung, daß durch gesellschaftliches Eigentum an Produktionsmitteln und politischeMacht <strong>der</strong> Arbeiterklasse schon ‚automatisch‘ die Fragen <strong>der</strong> Menschenrechte auf qualitativhöhere Weise gelöst seien;- die Unterschätzung <strong>der</strong> persönlichen und politischen Grundrechte im Vergleich zu den wirtschaftlichen,sozialen und kulturellen Rechten;- die Unterschätzung <strong>der</strong> juristischen Garantien für die persönlichen Rechte <strong>der</strong> Bürger gegenüberdem Staat und <strong>der</strong> Gesellschaft.“ 35In einigen ihrer Ausarbeitungen thematisieren Reißig und Berg Notwendigkeit und Inhalte vonDemokratieentwicklung über die Bestimmung allgemeindemokratischer Werte, Mechanismenund Prinzipien. Diese die konkreten Zustände und Entwicklungen in Kapitalismus wie Sozialismusnormativ übergreifenden Gesichtspunkte fungieren als Kriterien eines politikwissenschaftlichenSystemvergleichs und damit zugleich als allgemeine Richtungsbestimmung von Demokratieentwicklungim Sozialismus. So werden die Reformprozesse in den an<strong>der</strong>en sozialistischenLän<strong>der</strong>n als Realisierungsschritte allgemeindemokratischer Mechanismen verteidigt und For<strong>der</strong>ungenan die DDR-Entwicklung hinsichtlich Öffentlichkeit, Pluralismus, Gewaltenteilung undRechtsstaatlichkeit gestellt - wenn auch in abstrakter und begrifflich unentwickelter Form. Dieser,universalistische‘ Ansatz findet sich in einer von Reißig eingebrachten Rektoratsvorlage vomAugust 1989, die auf die Institutionalisierung des Systemvergleichs als neuer Forschungsrichtungabzielte, wie auch in den von Berg erarbeiteten Abschnitten des Textes „TheoretischeGrundfragen des Verhältnisses von bürgerlicher und sozialistischer Demokratie“. Hier heißt esu.a.:„4.4. Gleichzeitig hat <strong>der</strong> Zivilisationsfortschritt <strong>der</strong> Menschheit eine ganze Reihe allgemeiner Merkmale<strong>der</strong> Demokratieentwicklung hervorgebracht, <strong>der</strong>en Realisierung im Wettstreit <strong>der</strong> Gesellschaftssystemeund für den sozialen Fortschritt in <strong>der</strong> inneren Entwicklung bei<strong>der</strong> Systeme an Bedeutung gewinnt.Dazu gehören offensichtlich die folgenden allgemeindemokratischen Mechanismen und Prinzipien:- öffentlicher Diskurs über die grundlegenden Fragen <strong>der</strong> gesellschaftlichen Entwicklung;- politische Artikulierung und Durchsetzungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> verschiedenen sozialenGruppen und Kräfte in <strong>der</strong> Gesellschaft in Übereinstimmung mit den gesamtnationalen bzw.gesamtgesellschaftlichen Interessen;- Ausprägung demokratischer Mechanismen wie Wählbarkeit und Abberufbarkeit <strong>der</strong> Entscheidungsträger,Mehrheitsprinzip;- Unterscheidung <strong>der</strong> Verantwortlichkeiten für Legislative, Exekutive, Judikative bei Priorität <strong>der</strong> Legislative;- Verbindung von direkter und repräsentativer Demokratie;35Multilateraler Wissenschaftlicher Problemrat von Bru<strong>der</strong>parteien sozialistischer Län<strong>der</strong> zu Fragen <strong>der</strong> Menschenrechte:Konzeptionelle Grundlagen <strong>der</strong> gegenwärtigen Politik <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>parteien sozialistischer Län<strong>der</strong> auf demGebiet <strong>der</strong> Menschenrechte. Studie, April 1989, 13. Unveröffentlicht, Archiv, Bestand Reißig, Berg, Band 2.

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