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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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56- demokratische Ausgestaltung und Kontrolle aller gesellschaftlichen Leitungs- und Entscheidungsmechanismen;- Einheit von Demokratieentwicklung in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft;- allseitiger Ausbau <strong>der</strong> Rechtssicherheiten für den einzelnen Bürger und insgesamt <strong>der</strong> Rechtsstaatlichkeitsprinzipien(z.B. Ausbau <strong>der</strong> Rechtsmittel gegenüber Entscheidungen staatlicher Organe;Unabhängigkeit <strong>der</strong> Gerichte; Ausprägung <strong>der</strong> unterschiedlichen Funktionen von Staatsanwaltschaftund Rechtsanwaltschaft; Einheit von Rechten und Pflichten für Bürger und Staatsorgane;Priorität des Gesetzes im System <strong>der</strong> normativen Akte des Staates). ...5. Es ist notwendig, einen marxistisch-leninistischen Systemvergleich zwischen bürgerlicher und sozialistischerDemokratie zu entwickeln.5.1. Bisher findet man in <strong>der</strong> marxistisch-leninistischen Literatur <strong>der</strong> DDR nur vereinzelte Positionenzum intersystemaren Vergleich zur Demokratie bzw. zum politischen System, die meist in Verbindungmit <strong>der</strong> kritischen Auseinan<strong>der</strong>setzung zu bürgerlichen Vergleichsversuchen stehen. Insgesamt gesehen,dominierte bislang eine ablehnende Haltung zur Notwendigkeit eines marxistisch-leninistischenSystemvergleichs auf diesem Gebiet. <strong>Der</strong> ablehnende Standpunkt gegenüber intersystemaren Demokratievergleichenund die damit verbundenen Argumente weichen zunehmend einer konstruktiven Befürwortungeines international dialogfähigen marxistischen Systemvergleichs. <strong>Der</strong> Vergleich <strong>der</strong> Demokratienbei<strong>der</strong> Systeme dient <strong>der</strong> exakteren Bestimmung <strong>der</strong> erbrachten Leistungen, Vorzüge undinternationalen Wirkungsmöglichkeiten des Sozialismus, <strong>der</strong> weiteren Herausfor<strong>der</strong>ungen an die sozialistischeDemokratie, beför<strong>der</strong>t Erkenntnisse zur bürgerlichen Demokratie, zu wirkungsvollerem politischenDialog und ideologischer Auseinan<strong>der</strong>setzung. Er ermöglicht die Erschließung wissenschaftlichfundierter Möglichkeiten, vom jeweils an<strong>der</strong>en System zu lernen. Eine solche Lernfähigkeit bedeutetfür den Sozialismus nicht, Anleihen von <strong>der</strong> bürgerlichen Demokratie vorzunehmen, son<strong>der</strong>n wirdso verstanden, die dort in bestehenden o<strong>der</strong> neu entstehenden Formen, Funktionen und Erfahrungen- meist aus For<strong>der</strong>ungen, Aktionen und Auffassungen demokratischer Massenbewegungen herrührend- enthaltenen allgemeindemokratischen Lösungen aufzugreifen und auf die Bedingungen desSozialismus zu adaptieren, um alle von <strong>der</strong> Menschheit hervorgebrachten demokratischen Errungenschaftenfür den Sozialismus zu nutzen. Insofern ist <strong>der</strong> Systemvergleich auch ein Instrumentarium,die bürgerliche Demokratie als ein ‚Anregungspotential‘ für die Entwicklung <strong>der</strong> sozialistischen Demokratieoffenzulegen und in die marxistische Diskussion einzubringen.“ 36Ihre Vorstellungen notwendiger Demokratieentwicklung konkretisierend und schrittweise radikalisierend,brachten sich Reißig und Berg in die im Oktober 1989 eruptiv aufbrechenden gesellschaftlichenVerän<strong>der</strong>ungsprozesse ein. <strong>Der</strong> am 4./5. November im „Neuen Deutschland“ erschieneneText „Zur Erneuerung <strong>der</strong> sozialistischen Demokratie“ war einer <strong>der</strong> ersten gesellschaftswissenschaftlichenStandpunktdarstellungen, die, konzeptionell angelegt, einer breitenÖffentlichkeit zugänglich waren. Die Standpunktentwicklung von Reißig und Berg soll exemplarischnur hinsichtlich eines Problems gezeigt werden, welches jedoch für die Prozesse und Perspektivengesellschaftlicher Verän<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> DDR von zentralem Stellenwert war und sichfür sie als Mitarbeiter einer <strong>der</strong> <strong>SED</strong> direkt zugeordneten Wissenschaftsinstitution zugleich alsbeson<strong>der</strong>s brisant darstellte: <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong> Partei.Im ND-Aufsatz vom 4./5. November heißt es in Abhebung vom bisher üblichen dogmatischen Argumentationszusammenhang- historische Mission <strong>der</strong> Arbeiterklasse / Führungsrolle / Kern des politischenSystems: „Die marxistisch-leninistische Partei kann ihre Legitimation als politisch führende Parteinur aus <strong>der</strong> Vertretung grundlegen<strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> Arbeiterklasse und des gesamten Volkes <strong>der</strong>DDR erhalten. Notwendig ist <strong>der</strong> weitere Ausbau demokratischer Formen ihrer Legitimation als politischeFührungskraft in Staat und Gesellschaft. <strong>Der</strong> Verfassungsgrundsatz <strong>der</strong> führenden Rolle <strong>der</strong>36F. Berg, G. Fechner, H. Kinzel, W. Schmidt, D. Segert: Theoretische Grundfragen des Verhältnisses von bürgerlicherund sozialistischer Demokratie. Vorlage zur Tagung <strong>der</strong> Problemräte „Sozialismus und Systemauseinan<strong>der</strong>setzung“und „Politische Organisation <strong>der</strong> sozialistischen Gesellschaft“ am 14.7.1989, Juni 1989, S. 17/18, 20.Unveröffentlicht, Archiv, Bestand Reißig, Berg, Band 2.

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