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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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34Auch das MfS hat in die wissenschaftliche Arbeit Siegfried Kosts nicht repressiv eingegriffen, obwohl,wie er später erfuhr, über ihn berichtet wurde. Im Gespräch formuliert er dazu folgende Deutung: „Ichmuß sagen, ich war nach <strong>der</strong> Wende überrascht; ich hätte es nie für möglich gehalten, wie dicht dasNetz war. Ich hatte immer gesagt: ihr spinnt, wenn es so wäre, hätten sie mich längst abserviert. Aberich denke, sie haben viele Leute am Schluß generell machen lassen. Aus den zwei Gründen: entwe<strong>der</strong>als Blitzableiter o<strong>der</strong> weil die im MfS selbst gesehen haben, wie es langgeht, und das nicht vereitelnwollten.“ (Ebenda, Zeile 326-331) Von Interesse erscheint auch Kosts Agieren, als das MfS 1983versuchte, ihn für eine inoffizielle Mitarbeit zu gewinnen. Es kam zu einigen Gesprächen, in denen erseine kritische Sicht auf die DDR-Realität vortrug; im ganzen steuerte Kost den Kontakt so, daß ergewissermaßen als nicht verwendungsfähig erschien. Das MfS verzichtete - im Abschlußbericht heißtes: „Zur Abklärung seiner persönlichen Einsatzbereitschaft, seiner Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeitenals auch seiner Persönlichkeit wurden ihm bei mehreren Treffs Aufgaben ... übertragen. DieAnalyse <strong>der</strong> dabei erzielten Ergebnisse zeigte, daß er die Aufgaben sehr mangelhaft löste. Trotzmehrmaliger Aussprachen mit K. konnte das trotz günstiger Voraussetzungen nicht abgestellt werden.Es muß festgestellt werden, daß es ihm an persönlicher Einsatzbereitschaft und Engagement, die ihmgestellten Aufgaben zu lösen, fehlt. Anhand von geführten Gesprächen zu aktuell-politischen Ereignissenmuß festgestellt werden, daß seine politischen Grundhaltungen noch sehr diffus, teilweise wissenschaftlichverbrämt und noch nicht verfestigt sind. Aus o.g. Gründen wird die Bearbeitung eingestellt.“11Das Zentrum wissenschaftlicher Kommunikation war für Siegfried Kost die Dresdner Forschungsgruppe;freilich reichten persönliche Kontakte, Diskussion und Austausch auch darüberhinaus. Beson<strong>der</strong>s anregend war für ihn ein Zusammentreffen mit Luhmann in Halle im <strong>Jahre</strong>1989. Die während seines Aufenthalts an <strong>der</strong> Humboldt-Universität geknüpften Beziehungen zuHans Wagner hielt er auch später aufrecht, nahm an dessen Lehrveranstaltungen und anKolloquien <strong>der</strong> Berliner interdisziplinären Forschungsgruppe „Philosophische Probleme <strong>der</strong> PolitischenÖkonomie“ teil. Michael Brie war einer <strong>der</strong> Gutachter seiner Dissertation. Dennoch verfolgteKost die Berliner Debatten mit gewisser Distanz, die es vielleicht auch mit sich brachte,daß es im Herbst 1989 nicht zu einer engeren wissenschaftlich-politischen Zusammenarbeitkam.„Sie gingen mir nicht weit genug in ihrer Kritik, ich habe es immer blauäugig genannt. Es war eineganz beson<strong>der</strong>e Atmosphäre. Gewisse Fragen wurden doch nicht gestellt, sie brauchten - so schienes mir - noch so einen Grundkonsens und äußerten den auch verbal. Sie brauchten die ideologischeZugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, schien es mir manchmal. Sie waren mir einfach nicht radikalgenug, und deswegen paßte ich da nicht so richtig hinein. Sie waren mir auch nicht theoretisch genug,nicht analytisch genug, um die Kritik wirklich einmal bis zu Ende zu denken.“ (Gespräch, Zeile 631-637)Kost sprach sich im Herbst 1988 gegen das Sputnik-Verbot aus und engagierte sich 1989 bei<strong>der</strong> Bürgerkontrolle <strong>der</strong> Dresdner Kommunalwahlen. Im Wende-Herbst trat er gegen das Verbotdes Neuen Forum auf und stellte sein Konzept von Analyse und Gestaltung sozialistischer Entwicklungin Diskussionsveranstaltungen innerhalb <strong>der</strong> Hochschule vor. Kost orientierte sichstärker in wissenschaftlicher Richtung: während er eine Nominierung als Delegierter zum AußerordentlichenParteitag <strong>der</strong> <strong>SED</strong> im Dezember 1989 ausschlug, war er aktiv an <strong>der</strong> Vorbereitungund Durchführung <strong>der</strong> „Foren junger Philosophen“ beteiligt. Seit dem Wintersemester11BStU: MfS Zentralarchiv, Allg. P 4603/84 [KP „Hagen“ - Siegfried Kost], Band 1, Blatt 44.

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