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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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22Jünger und Wilfried Ettl waren Theoretiker, die nur wenig von den mathematisch-analytischenModellen des Prognostikers und Planungstheoretikers verstanden. Dieser aber wußte, daß diezentralen Defizite des Planungs- und Analysemechanismus auf Defizite in konzeptionellenGrundfragen zurückgehen. Insbeson<strong>der</strong>e während <strong>der</strong> Perestroikazeit und in <strong>der</strong> Wende ergänztensich diese Interessen in offensichtlich produktiver Weise:„Bei den Artikeln, die Ettl, Jünger, Walter als Autoren ausweisen, hat nach meiner Erinnerung Ettl immerden Text fertiggestellt auf Grund von Zuarbeiten von Jünger und Walter. In unserer Zusammenarbeitwar ich auf keinen Fall <strong>der</strong> theoretisch-philosophisch Stärkste, son<strong>der</strong>n eher <strong>der</strong> volkswirtschaftlich-praktischErfahrene.“ (Gespräch, Zeile 474-477) An an<strong>der</strong>er Stelle heißt es: „Wir hatten interessanteDiskussionen und haben so manches Bier miteinan<strong>der</strong> getrunken, aber dann waren die Zeitenso hektisch, daß wir nie zu dritt zusammengesessen haben, um so einen Artikel zu besprechen. Son<strong>der</strong>nWilfried hatte das in <strong>der</strong> Hand, und ich habe ihm Zuarbeiten gebracht. Die an<strong>der</strong>en beiden zogeneben aus meinen mehr volkswirtschaftlichen Darstellungen abstrahierend Schlüsse, bei denen ichmerkte: Das ist genau das, was du auch denkst; und sie waren offensichtlich <strong>der</strong> Ansicht: <strong>Der</strong> Walterkann die Wirklichkeit analytisch so fassen, wie wir das geahnt und theoretisch abgeleitet haben. DieseArtikel sind so zustande gekommen, daß ich ihnen meine Gedanken, untersetzt durch konkrete Analysen,immer zugearbeitet habe, und Wilfried Ettl hat dann, unter gleichzeitiger Verwendung von Materialienvon Jünger, den Gesamtartikel erarbeitet. ... Wilfried Ettl hat sich dann ja mehr den Kreisen, indenen ... komplexe Reformkonzepte angedacht wurden, zugewandt, während ich zwar mein Wissenzur Verfügung gestellt habe, aber auch 1989/90 vorwiegend angewandte Volkswirtschaftsanalyse betrieb.“(Ebenda, Zeile 481-501)Das theoretische Grundproblem beschreibt Dieter Walter so:„Ich war davon überzeugt und bin es eigentlich auch heute noch, daß eine Wirtschaft nicht <strong>der</strong> spontanenMarktreproduktion überlassen werden darf, die wie<strong>der</strong> zur Kapitalherrschaft führt und Raubbauan Menschen und Natur treibt. (Die innere und äußere Schwierigkeit, dies auszusprechen, ist wahrscheinlichbei mir und an<strong>der</strong>en darin begründet, daß ich die längste Zeit meines aktiven Lebens einGesellschaftssystem und eine Wirtschaftsordnung trotz gelegentlicher Kritik stützte, auf die <strong>der</strong> Vorwurfebenfalls und oft mit viel direkterer Brutalität zutrifft, Raubbau am Menschen und an <strong>der</strong> Natur zubetreiben.) Ich habe aber gleichzeitig im Laufe <strong>der</strong> <strong>Jahre</strong> mehr und mehr gespürt, daß die sozialdemokratischenGenossen meines Großvaters recht hatten, die sagten: die Kommunisten werden allesvon oben bestimmen, die werden die Demokratie töten. So ging es nicht. Deshalb war mein Anknüpfungspunkteigentlich, eine Verbindung zwischen Demokratie auch in <strong>der</strong> Wirtschaft und zentralerPlanung zu finden.“ (Gespräch, Zeile 684-695)„Spätestens seit 1966/67 ... war ich war <strong>der</strong> Meinung, daß es doch möglich sein muß, zentrale Planungund Demokratie, das Einbringen <strong>der</strong> Gedanken und die Konzepte <strong>der</strong> Einzelnen und <strong>der</strong> Unternehmen,zu verbinden. Von daher müßte man doch ein Konzept entwickeln können. Weil es wahrscheinlichaber so, wie ich es dachte, nicht ging, ist das, wenn man meine Veröffentlichungen sieht,oft auf halbem Wege steckengeblieben. Aber es gab immer wie<strong>der</strong> den Versuch, in dieser Richtungein Gesamtkonzept zu entwickeln. Wenn man will, daß in <strong>der</strong> DDR etwas prinzipiell geän<strong>der</strong>t wird, a-ber gleichzeitig nicht will, daß daraus ein kapitalistisches System wird, dann sucht man verzweifeltnach neuen Konzepten.“ (Ebenda, Zeile 669-678)Wie aber soll ein Wirtschaftssystem funktionieren, das einerseits rationale Allokation von Ressourcenund Rentabilität von Investitionen gewährleistet, also Marktpreise und an Gewinnenorientierte Rentabilitätskriterien verlangt, zugleich aber die sozialen und ökologischen Folgeneiner Kapitalverwertungsökonomie vermeidet? Ein neues Herangehen versuchten Ettl und JüngerAnfang 1990 in einem mit Walter gemeinsam verfaßten Aufsatz „Über die Historizität desÖkonomischen o<strong>der</strong> wie sozial muß Marktwirtschaft heute sein“. Dieter Walter sagt dazu: „Da

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