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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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38dem wissenschaftssystematisch notwendigen Zusammenhang von Sozialismus-, Epoche- undKapitalismusverständnis stellt, wird die Kategorie ,mo<strong>der</strong>ne Gesellschaft‘ folgen<strong>der</strong>maßen eingeführt:„Wenn hier und an an<strong>der</strong>er Stelle von mo<strong>der</strong>ner Gesellschaft gesprochen wird, so sei darunter eineGesellschaft verstanden, <strong>der</strong>en Reproduktion mit Zwangsläufigkeit auf die Entwicklung des materiellen,sozialen, politischen und geistigen Reproduktionsprozesses gerichtet ist. ... Dies setzt erstens dieAuflösung <strong>der</strong> naturwüchsigen Verschränktheit von gesellschaftlicher und individueller Reproduktionvoraus und zweitens die Entstehung selbständiger Teilbereiche <strong>der</strong> Wirtschaft, des Rechts, <strong>der</strong> Politik,<strong>der</strong> Wissenschaft, Bildung usw. Erst dadurch können die beson<strong>der</strong>en Entwicklungspotentiale <strong>der</strong> Individueneinerseits bzw. <strong>der</strong> jeweiligen Teilbereiche an<strong>der</strong>erseits gesellschaftlich umfassend freigesetztund zugleich als Entwicklungszusammenhänge mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> beherrscht werden.“ 15Dieses Verständnis von mo<strong>der</strong>ner Gesellschaft exemplifiziert Hans-Peter Krügers Beitrag hinsichtlichdes Kapitalismus. Unter Bezug auf Marxsche Verwendungsweisen begrifflich zwischenbürgerlicher, kapitalistischer und mo<strong>der</strong>ner Gesellschaft trennend, kommt er zu <strong>der</strong> Feststellung:„Die mo<strong>der</strong>ne bürgerliche Gesellschaft ist we<strong>der</strong> in bezug auf ihre Totalität noch in bezugauf ihre Teilprozesse eine ausschließlich kapitalistische Gesellschaft, gleichwohl eine dominantkapitalistische“. 16 In seiner grundlagentheoretischen Argumentation hebt Krüger die Potentialeeiner Negation <strong>der</strong> noch gegebenen Kapitaldominanz hervor und fixiert diejenigen Grundstrukturen,die als Charakteristika <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne auch für Sozialismusentwicklung existentiell sind:„a) Mo<strong>der</strong>ne wirtschaftliche Evolution wird strukturell insofern gesichert, als im internationalen Rahmen<strong>der</strong> innerzweigliche und zwischenzweigliche Wettbewerb zwischen selbständig agierenden Produktionskomplexenum den Zusatzgewinn von Innovationen frei geführt werden kann. ...b) Mo<strong>der</strong>ne politische Evolution wird strukturell in dem Maße gesichert, in dem <strong>der</strong> Wettbewerb zwischenKlassen, Schichten, Gruppen, Bewegungen o<strong>der</strong> Bündnissen um die soziale, politische und kulturelleHegemonie frei in den Formen <strong>der</strong> demokratischen Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive,Justiz und allgemeiner Öffentlichkeit ausgetragen werden kann. ...c) Mo<strong>der</strong>ne kulturelle Evolution wird strukturell in dem Maße erreicht, in dem <strong>der</strong> internationale Wettbewerbzwischen gesellschaftlichen Individuen bzw. <strong>der</strong>en Gruppierungen um die bessere Erfüllung<strong>der</strong> universellen Ansprüche auf objektive Wahrheit, intersubjektive Richtigkeit und subjektiv wahrhaftigeSinngebung in argumentativen Verkehrsformen geführt werden kann.“ 17Sind so ökonomische, politische und kulturelle Evolution in ihren jeweils spezifischen Inhalten und Bedingungenumrissen, bestimmt Krüger die notwendige Form ihres Zusammenhangs im Gegensatz zu(kapitalistischer) Kapitaldominanz und (realsozialistischer) Vermachtung: „Um mo<strong>der</strong>ne gesellschaftlicheEntwicklung vor ihrer Destruktion o<strong>der</strong> ihrem Regreß auf vormo<strong>der</strong>ne Stagnationsniveaus strukturellzu sichern, muß ... (a.) die Grundbedingung wirtschaftlichen Wettbewerbs gewahrt wie auch (b.)<strong>der</strong> Staat so politisch demokratisiert werden, daß (c.) mo<strong>der</strong>ne Kultur als das entscheidende gesellschaftlicheEntwicklungspotential verwirklicht wird.“ 18Geleitet vom normativen Gehalt <strong>der</strong> Vorstellung mo<strong>der</strong>ner Gesellschaft, wendet sich Brie demSozialismus zu. In einer historisch-theoretischen Skizze identifiziert er gesellschaftliche Praxisund theoretisches Leitbild als einem Paradigma des Sozialismus als staatlichem Monosubjektverpflichtet.„Die unter den z.Z. viel untersuchten historischen Umständen in <strong>der</strong> Sowjetunion Ende <strong>der</strong> zwanziger,Anfang <strong>der</strong> dreißiger <strong>Jahre</strong> endgültig zur Dominanz gelangte Tendenz <strong>der</strong> Verstaatlichung aller ge-15161718Forschungsprojekt „Philosophische Grundlagen <strong>der</strong> Erarbeitung einer Konzeption des mo<strong>der</strong>nen Sozialismus“:Materialien <strong>der</strong> Eröffnungsberatung November 1988, Humboldt-Universität zu Berlin 1989, S. 13.Ebenda, S. 100.Ebenda, S. 109-113.Ebenda, S. 110/111.

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