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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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12tionalen Dialog, dem „neuen Denken“ in <strong>der</strong> Außenpolitik, den Erneuerungsbemühungen in <strong>der</strong>Sowjetunion und an<strong>der</strong>en sozialistischen Län<strong>der</strong>n - zu befragen, sich dessen Zeitgenossenschaftüber die Rekonstruktion seiner narrativen Strukturen und das Verfolgen <strong>der</strong> Rezeptionswirkungzu vergewissern. Über das Auftreten Strützels berichtet nicht ohne Distanz Nährlich-Slatewa:„Er hat in Hamburg gemeint, daß es um eine überzeugende Präsentation <strong>der</strong> reformwilligen <strong>SED</strong>-Kräfte in <strong>der</strong> DDR geht, und hat auch bei den dortigen Peter-Weiss-Lesern und -Forschern, die javorwiegend zur Linken gehörten, die Erwartung gespürt, die Botschaft gewissermaßen aus <strong>der</strong> DDRzu hören: Wir bringen jetzt die Utopie bei uns voran.“ (Gespräch, Zeile 621-625) Auf die Frage antwortend,ob Strützel in Abgrenzung gegenüber resignativen Deutungen des Romans versuchte, anhanddes Textes die sozialistische Utopie zu verteidigen, präzisiert sie: „Ja, aber Utopie nicht in dem Sinne:jetzt werden wir den Sozialismus in <strong>der</strong> DDR reformieren, son<strong>der</strong>n in einem viel subtileren Sinne: jetztwird bei uns freies Denken, linkes Denken, echtes marxistisches Denken möglich - <strong>der</strong> wahre Marxismus.In diesem Sinne hat er die Utopie verteidigt.“ (Ebenda, Zeile 644-647)Die ihm als Hochschullehrer zur Verfügung stehenden Ressourcen nutzend, initiierte Strützel imFebruar 1989 eine zweitägige Diskussionsveranstaltung; neben Studenten seines Oberseminarsund Akteuren des Peter-Weiss-Kreises nahmen daran mit Thomas Metscher und HannesGoebel auch zwei anerkannte bundesdeutsche Peter-Weiss-Forscher teil. <strong>Der</strong> Text „Fragen fürdas Rundtischgespräch ‚Die Ästhetik des Wi<strong>der</strong>stands 15 <strong>Jahre</strong> danach‘“, über den Strützel dieDebatte strukturierte, bringt dessen deutlich politische Intention und die Spezifik seiner eherkulturtheoretisch-geschichtsphilosophischen als literaturwissenschaftlich-ästhetischen Herangehensweisean das literarische Werk prägnant zum Ausdruck. Hier heißt es u.a.:„4. Eine <strong>der</strong> zentralen, ich würde sagen die zentrale Frage <strong>der</strong> ÄdW [,Ästhetik des Wi<strong>der</strong>stands‘] istdie bohrende Frage nach einer Erneuerungsfähigkeit <strong>der</strong> ‚Linken‘. Wenn wir darin übereinstimmen:Hält die ÄdW diese Wunde nur offen? Ist die Zentralstellung dieser Frage noch berechtigt? Ist sie aufrechtzu erhalten, o<strong>der</strong> geht sie in Denkformen wie Sicherheitspartnerschaft, Koalition <strong>der</strong> Vernunftund des Realismus, gemeinsames Haus Europa auf?5. Eine Schlüsselstellung in <strong>der</strong> Struktur des Romans nimmt die Spanne zwischen dem aus dem Bodenaufbrechenden Vater und <strong>der</strong> zwischen Nicht-mehr-zurück- und Noch-nicht-vorwärts-Können erstarrendenMutter [ein]. In seiner großen UNO-Rede hat Michail Gorbatschow von unserer Zeit als einerZeit des Zu-Ende-Gehens gesprochen. Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen diesen beidenZeitangaben?6. In kaum einem Punkt gehen die Meinungen <strong>der</strong>er, die die ÄdW ernst nehmen, so weit auseinan<strong>der</strong>wie bei <strong>der</strong> Bewertung des Kontinuums bzw. des Bruchs, ja des Dementis in bezug auf die 10 Arbeitspunkte[P. Weiss: 10 Arbeitspunkte eines Autors in <strong>der</strong> geteilten Welt]. Worin sehen Sie die Ursachenfür diesen eher zunehmenden Dissens? Welche Rolle spielt dabei das Bekenntnis zum politischenAutor, welche das Bekenntnis zu einer sozialistischen Perspektive? Was können die Kontrahentenaußer subjektiver Erfahrung aus dem Werk selbst für diese ihre Lesart geltend machen?“ 5Daß diese Herangehensweise einerseits nicht unumstritten war, an<strong>der</strong>erseits ihr reformerischesPotential hinsichtlich <strong>der</strong> DDR-Verhältnisse die Grenzen von allgemeiner - damit aber sicherlichauch: prinzipieller - Kritik und Verän<strong>der</strong>ungsvorstellung nicht überschritt, jedenfalls nicht zu konkreteren,konzeptionell abgestimmten, Ökonomie, Politik, Recht usw. betreffenden Reformvorstellungenführte, mag ein längerer Ausschnitt aus <strong>der</strong> Diskussion belegen. Auf Strützels Frage,5Unveröffentlicht, Archiv, Bestand Jenaer Peter-Weiss-Rezeption.

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