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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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24lich hätte er mich ja abwählen lassen müssen), habe ich zwei Sachen gemacht: ich habe mir dasFernstudium unter den Nagel gerissen, damit ich Praxisverbindung kriege; hat auch glänzend geklappt.Und dann die Forschungsgruppe. Ich hatte den Kontakt mit Herbert Steininger, er war ja Prorektorfür Gesellschaftswissenschaften, als ich Sektionsdirektor war. Und ich muß sagen, er hat michimmer unterstützt. Ganz eigenartig, das glaubt auch keiner von denen, die ihn als Sektionsdirektorkennen, daß er in <strong>der</strong> Forschungsgruppe eine unverzichtbare Rolle gespielt hat. Ohne ihn wäre dasschiefgegangen, davon bin ich fest überzeugt. Dort war er ein ganz an<strong>der</strong>er Mensch; vielleicht wardas <strong>der</strong> Ausgleich für ihn. Er war immer progressiver als drei Viertel <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en, die da saßen. Eichhornhatte immer Angst, Babara Rothe war immer fürchterlich dogmatisch und vorsichtig, und <strong>der</strong>Herbert hat das immer so schön ... abgedeckt. Ich kam also auf die Idee (mit Herbert hatte ich dasschon abgesprochen), so eine Forschungsgruppe zu machen. Ich sagte, ich würde Peter Ruben mitreinnehmen, und da passierten Sachen, die gehören für mich auch dazu. Ich rufe Peter Ruben an, umden zu überzeugen, daß man so was machen muß, und es ist besetzt. Lege auf, auf einmal klingelt esbei mir, Peter Ruben meldet sich. Ach, sage ich, ich wollt dich gerade anrufen. Na gut, sagt er, dannsag erstmal dein Anliegen. Ich wollte dich bitten, daß wir darüber reden, so eine Gruppe zu bilden, diephilosophische Probleme politökonomischer Theoriebildung macht, und ich hab schon mit HerbertSteiniger gesprochen; ich glaube, <strong>der</strong> muß da unbedingt rein. <strong>Der</strong> einzige, <strong>der</strong> das nach oben abdeckenkann - es war doch klar, daß das nicht so ganz einfach wird. Da lacht Ruben am Telefon; ich frage:was ist denn los; er sagt: ich wollte dich gerade davon überzeugen, daß man so eine Gruppe machenmuß, mit Herbert Steiniger, <strong>der</strong> das sozusagen abdeckt. Und Steininger hat seine Rolle hervorragendgespielt, seine Funktion hervorragend erfüllt. Er hat nie gebremst, wo es nicht notwendig war.Es war aber nie notwendig. Ich meine: wir haben immer gesagt, was wir dachten, weiter haben wirnicht gedacht. Natürlich haben wir ... das war eben Absicherung. Da fing man eben an mit einem Honecker-Zitat.Na und? Das kostet mich gar nichts. Ich habe aber immer Honecker-Zitate gefunden, dieirgendjemand dem als Frechheit reingeschrieben haben muß, und darauf konntest du dich stützen. Dawar es nun parteioffiziell; da sollen sie dich mal kritisieren. So ist die Forschungsgruppe zustande gekommen,das hatte also eine Vorgeschichte.“ (Gespräch, Zeile 379-415)Neben <strong>der</strong> Funktion <strong>der</strong> interdisziplinären Kommunikation und intellektuellen Verständigung <strong>der</strong>Aufbaugeneration wuchs <strong>der</strong> interdisziplinären Forschungsgruppe eine weitere Funktion zu. Siebezog die nächste Generation von Wissenschaftlern und potentiellen Intellektuellen ein, war einwichtiger Katalysator für die Herausbildung <strong>der</strong> wissenschaftlichen Perspektive dieser Generation.An<strong>der</strong>e wesentlich kurzlebigere Diskussionskreise <strong>der</strong> 70er <strong>Jahre</strong>, die fast nur aus Vertretern<strong>der</strong> dritten Generation bestanden, waren zwar in ihren Ansätzen radikaler und versuchtenvon vornherein auch eine Kritik des Reformkonzepts <strong>der</strong> 60er <strong>Jahre</strong>. Aber sie waren trotz <strong>der</strong>intellektuellen Brisanz theoretisch noch unzureichend fundiert und vor allem weitgehend isoliert.Die interdisziplinäre Forschungsgruppe bot <strong>der</strong> noch in <strong>der</strong> Selbstfindung begriffenen nächstenGeneration die Chance, zunächst die Ansätze <strong>der</strong> Aufbaugeneration über einige ihrer bestenWissenschaftler (Ruben, Wagner und Gäste <strong>der</strong> Forschungsgruppe wie Uwe-Jens Heuer u.a.)kennenzulernen, in diesem nach außen relativ geschützten, aber nach innen vergleichsweiseoffenen Diskussionskreis die Auseinan<strong>der</strong>setzung um die Perspektiven des wissenschaftlichenKonzepts einer sozialistischen Ökonomie und Gesellschaft zu führen und eigene Positionen zuentwickeln. Die Forschungsgruppe wurde so - gewissermaßen unbeabsichtigt - faktisch auchein intergenerationelles Unternehmen, das einen wichtigen Beitrag zur Konsolidierung <strong>der</strong> drittenReformergeneration leistete. Ohne solche Kommunikationszusammenhänge wären die Reformerkreise<strong>der</strong> Perestroikazeit, wie etwa das Forschungsprojekt Mo<strong>der</strong>ner Sozialismus, indenen die jüngere Generation dann den Ton angab, nicht denkbar.

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