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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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48systeme nicht vor und auch nicht zeitgleich mit politischen Reformen zu machen, son<strong>der</strong>n eine gewisseKonsolidierung <strong>der</strong> politischen Reformen und <strong>der</strong> damit einhergehenden Interessenkämpfe zu gewährleisten.Erst wenn ein mehrheitlicher Konsens und politische Legitimität erreicht sind, erst wenndie Richtungen des Umbaus <strong>der</strong> Wirtschafts- und Sozialentwicklung in einem breiten öffentlichen Diskurserarbeitet werden, kann mit tiefgehenden Wirtschaftsreformen begonnen werden, ohne daß diesepermanenter Zankapfel von Machtkämpfen werden und daran scheitern. ... <strong>Der</strong> Umbau des politischenSystems muß zu einer lern- und entwicklungsfähigen demokratischen Gesellschaftsorganisationführen, <strong>der</strong>en Mittelpunkt nicht die Macht des Staatsapparates, son<strong>der</strong>n die Räume für die freieSelbstentwicklung und Selbstbestimmung gesellschaftlicher Individuen sind. Menschenrechte - politischewie soziale - und die Unterordnung <strong>der</strong> gesellschaftlichen Mächte unter das Ziel, die Wirklichkeitdieser Rechte zu gewährleisten, stehen daher notwendig im Zentrum <strong>der</strong> Umgestaltung <strong>der</strong> gesellschaftlichenVerhältnisse, <strong>der</strong> Staats- und Rechtsordnung. Wir plädieren für die Gesellschaftsgestaltungim Rahmen einer Verfassungsdiskussion, weil dies ausschließt, nur an einzelnen Gesetzen, Regelungenund Strukturen zu flicken, son<strong>der</strong>n auf das Grundmuster politischer Macht und ihr Verhältniszum Individuum zielt.“ 31Für mehrere mit dem Forschungsprojekt verbundene Wissenschaftler waren im Herbst 1989 dienunmehr einzuleitenden ökonomischen Stabilisierungs- und Reformprozesse Gegenstand ihresNachdenkens. In den von <strong>der</strong> Humboldt-Universität intern vervielfältigten Materialien äußertensich dazu u.a. Stefan Wohanka, Hans Wagner, Jürgen Jünger, Wilfried Ettl und Lutz Marz. RainerLands im November erarbeiteter Text „Die Wirtschaftsreform <strong>der</strong> DDR im Lichte <strong>der</strong> entstandenenneuen Lage: offene Grenze zur BRD“ for<strong>der</strong>t schnelle und entschiedene Schritteeiner bewußt gestalteten Internationalisierung <strong>der</strong> DDR-Wirtschaft. Den schon in <strong>der</strong> Studie zurGesellschaftsstrategie dargelegten Vorschlag zur Bildung von Wirtschafts- und Sozialräten ausbauendund präzisierend, entwickelt er eine Modellvorstellung des Institutionengefüges sozialistischerÖkonomie, in <strong>der</strong> die jeweilige Eigentumsform <strong>der</strong> Wirtschaftseinheit letztlich irrelevantist.Internationalisierung, so wird betont, bedeutet auch grenzüberschreitenden Kapitalverkehr: „Zu dieserInternationalisierung gehört, daß sich internationales Kapital in die DDR-Wirtschaft einkauft - und auchumgekehrt.“ 32 Damit ist zunächst die Verän<strong>der</strong>ung von Eigentumsverhältnissen an ihrem prekärstenPunkt avisiert: eine Entstaatlichung <strong>der</strong> Wirtschaft schließt unterschiedliche Besitzformen bis hin zuprivatem und ausländischem Eigentum ein. Die Tätigkeit <strong>der</strong> autonomen Wirtschaftseinheiten soll indirektreguliert werden: „durch zentral zu setzende Rahmenbedingungen, Steuer-, Geldmengen-, undZinspolitik, durch Forschungs- und Entwicklungs- und Investitionsför<strong>der</strong>ung, durch Strukturpolitik.“ 33Um jedoch die Rückbindung wirtschaftlicher Aktivitäten an die lebensweltlichen Bedürfnisse und Interessen<strong>der</strong> Individuen - das von Land akzentuierte Kriterium einer sozialistischen Entwicklung - zu erreichen,bedarf es einer entsprechenden Gestaltung von Strategiebildungs- und Entscheidungsprozessenauf allen einschlägigen Subjektebenen. Am Beispiel einer sozialistischen Aktiengesellschaftkonzipiert er konkreter die entsprechenden Institutionen - Aktionärsvertretung, Betriebsleitung, Wirtschafts-und Sozialrat -, <strong>der</strong>en Rekrutierungsmodus und die Verteilung von Einflußrechten bezüglichInnovations-, Investitions- und Rationalisierungsvorhaben. Zusammenfassend heißt es: „Das Gesamtvon Wirtschafts- und Sozialräten sollte durch ein nicht hierarchisiertes und nicht auf Entscheidungenbezogenes Kommunikationsnetz zu einem System verbunden werden. Ist ein solches System gegeben,dann bleibt die Gesamtwirtschaft Eigentum <strong>der</strong> assoziierten Individuen auch dann, wenn die verschiedenenBesitzformen - Staatsbesitz, Aktiengesellschaften, individueller o<strong>der</strong> genossenschaftlicherBesitz - nebeneinan<strong>der</strong> bestehen.“ 3431323334Ebenda, S. 52/53.In: Studie zur Gesellschaftsstrategie, Berlin 1989, S. 121.Ebenda.Ebenda, S. 124/125.

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