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Der SED-Reformdiskurs der achtziger Jahre - Rosa-Luxemburg ...

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5charakterisiert durch Stagnation, Rationalitätsdefizite, Unfreiheit, politische Bevormundung undÜberwachung - zu erklären, und wie ist sie zu überwinden? Diese Frage stand schon für dieReformergeneration <strong>der</strong> 60er <strong>Jahre</strong>. Ihre Antwort war die Entwicklung wissenschaftlich begründeterKonzepte für die funktionale Umsetzung eines dem neuen gesamtgesellschaftlichen Eigentuman den Produktionsmitteln entsprechenden Typs <strong>der</strong> Steuerung gesellschaftlicher Entwicklung.Ein neues System <strong>der</strong> Planung und Leitung wurde erdacht, das Selbständigkeit <strong>der</strong>Betriebe, Marktallokation und zentrale gesellschaftliche Planung verbinden sollte. EntsprechendeVorstellungen gab es auch für die Wissenschaft und Bildung, die Kultur, das Bauwesen usw.Demokratie und gesamtgesellschaftliche Steuerung sollten verbunden und miteinan<strong>der</strong> versöhntwerden.Aus <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Aufbaugeneration schienen die Probleme <strong>der</strong> DDR-Wirklichkeit auf dieschlechten Ausgangsbedingungen und die vergleichsweise kurze Periode sozialistischen Aufbaus,das Fehlen eines entfalteten Systems <strong>der</strong> Umsetzung sozialistischer Ziele durch Gesellschafts-und Wirtschaftsplanung und -verwaltung zurückführbar. Nazismus, Krieg und Zerstörung,Nachkriegszeit und kalter Krieg hatten die wirtschaftlichen Ressourcen untergraben unddie Menschen ‚verdorben‘. <strong>Der</strong> Aufbau funktionsfähiger Strukturen sozialistischen Wirtschaftensund gesellschaftlicher Entwicklung erschien als notwendiger und zugleich möglicher Weg, dieRealität den Idealen entsprechend umzugestalten. Spätestens 1968 aber war dieses Konzeptgescheitert. Es blieb die Hoffnung, man könne früher o<strong>der</strong> später wie<strong>der</strong> daran anknüpfen, unddie Aufbaugeneration hat, trotz einzelner Korrekturen und Weiterentwicklungen, ihr Projekt inseinem Kerngehalt weiter verfolgt. In <strong>der</strong> Perestroikazeit und im Herbst 1989 lebten diese Verstellungenwie<strong>der</strong> auf, wie sich beispielsweise in den Beständen Mittelbach, Walter und Heuerzeigt.Aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> nächsten Generation, die in den 70er und 80er <strong>Jahre</strong>n wissenschaftlich undpolitisch aktiv wurde, stellt sich das gleiche Problem - die Differenz von sozialistischen Idealenund gesellschaftlicher Realität - auf eine grundsätzlich an<strong>der</strong>e Weise. Wenn man das Scheitern<strong>der</strong> Reformprojekte <strong>der</strong> Elterngeneration nicht mit Zufällen und unglücklichen Randbedingungenerklären will, dann können die Dysfunktionalitäten und Rationalitätsdefizite sowie die Rigiditätrealsozialistischer Machtausübung nicht einfach auf schlechte Ausgangsbedingungen und nochgegebene Unreife zurückgeführt werden. Vielmehr scheint es, als müsse am Konstruktionsprinzipselbst gearbeitet, als müßten auch die Ideale selbst neu bedacht und konzipiert werden.Daraus folgen nun mehrere Motive, die für diese Reformergeneration <strong>der</strong> Zeit vor und während<strong>der</strong> Perestroika bestimmend sind. Zunächst ist die Differenz zwischen Utopie und Wirklichkeitselbst festzuhalten und ins eigene Bewußtsein zu rücken. In unserem ersten Fall, dem Peter-Weiss-Kreis, den wir als Exempel für diese Perspektive heranziehen, geht es nicht mehr darum,pragmatisch aufzuzeigen, wie eine den Idealen entsprechende Organisation <strong>der</strong> Wirklichkeitaussehen könnte. Überhaupt fehlen <strong>der</strong> ungebrochene Optimismus und Pragmatismus <strong>der</strong> Reformer<strong>der</strong> 60er <strong>Jahre</strong>. Man versteht sich gar nicht als Reformer; man will die Utopie festhalten,

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