Ausgewählte Abgrenzungsprobleme bei kriminellen und ...

Kriminelle und terroristische Organisationen
Seit dem 1. Januar 2002 ist die sogen. Effizienzvorlage in Kraft, welche auf Bundesebene zur
Ausdehnung der Ermittlungs- und Untersuchungskompetenzen im Bereich des organisierten
Verbrechens führte. 7 Aufgrund der internationalen Verflechtung, Aufwändigkeit und Komplexität
der in diesem Bereich zu führenden Strafverfahren wurde vorgeschlagen, die Ermittlungen
bei der Bundeskriminalpolizei, unter Leitung der Bundesanwaltschaft (BA), zu zentralisieren.
Seither besteht für die Ermittlung und Anklage krimineller und terroristischer Organisationen
im Sinne von Art. 260ter StGB originäre Bundesgerichtsbarkeit, sofern die strafbaren
Handlungen zu einem wesentlichen Teil im Ausland begangen wurden oder in mehreren
Kantonen und dabei kein eindeutiger Schwerpunkt in einem Kanton besteht. 8
Diese Arbeit behandelt ausgewählte Abgrenzungsprobleme welche sich im Rahmen von Art.
260ter StGB bezüglich krimineller oder terroristischer Zusammenschlüsse stellen und die
Ermittlungstätigkeit erschweren können: Bei Verbrechensorganisationen im gemeinrechtlichen
Deliktsbereich ist es die Abgrenzung einer kriminellen Organisation von einer gut organisierten,
international tätigen Bande; bei terroristischen Organisationen ist es die heikle Abgrenzung
zwischen einem Terroristen und einem „legitimen“ Freiheitskämpfer. Solche Abgrenzungen
sind gesetzgeberisch kaum lösbar, weshalb diese der Rechtsprechung überantwortet
ist. Unter Berücksichtigung der bisher ergangenen (v.a. internationalstrafrechtlichen)
Rechtsprechung des Bundesgerichts wird daher der Frage nachgegangen, für welche kriminellen
oder terroristischen Organisationen, Vereinigungen, Gebilde, Gruppierungen, professionellen
Banden etc. Art. 260ter StGB einschlägig ist. Im Anschluss soll diese Rechtsprechung
auch entsprechend (kritisch) gewürdigt und Schlussfolgerungen für die Strafverfolgung gezogen
werden. Diese Abgrenzungsproblematik wird nicht selten von prozessualen und faktischen
Hindernissen begleitet. Auch diese sollen in angemessenem Umfang zur Sprache kommen,
um aufzuzeigen, dass den Intentionen der Effizienzvorlage nicht immer in gewünschter
Weise nachgelebt werden kann. Aufgrund der besonderen Aktualität werden in zwei Exkursen
Einzelaspekte im Zusammenhang mit Art. 260ter StGB erörtert.
Es sollen in dieser Arbeit nicht nur Abgrenzungsprobleme aus Sicht der Strafverfolgung aufgezeigt
werden. Soweit möglich, sollen – unter Berücksichtigung von Gesetzgebung, Rechtsprechung
und Lehre – wenn nicht Lösungen, so zumindest Empfehlungen formuliert werden,
worauf bei künftigen Ermittlungen und in der Urteilsfindung im Zusammenhang mit Art.
260ter StGB vermehrt geachtet werden sollte.
(Die Literatur, Rechtsprechung, Presseberichte, Internetseiten sowie Hinweise auf aktuelle
Strafverfahren wurden bis 17. Juni 2008 berücksichtigt.)
7
Botschaft über die Änderung des Strafgesetzbuches, der Bundesstrafrechtspflege und des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes
(Massnahmen zur Verbesserung der Effizienz und der Rechtsstaatlichkeit in der Strafverfolgung)
vom 28.01.1998, BG vom 22. Dezember 1999, in Kraft seit 1. Januar 2002 (BBl 1998 1529 ff.);
BÄNZIGER/LEIMGRUBER, Effizienzvorlage, 26-50.
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BBl 1998 1529 ff.; BBl 2002 1878; vgl. Art. 337 Abs. 1 lit. a und b StGB (Art. 340bis Abs. 1 aStGB); zur
Entstehungsgeschichte der Effizienzvorlage ausführlich bei BÄNZIGER/LEIMGRUBER, Effizienzvorlage, 26-
50.
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