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Ausgewählte Abgrenzungsprobleme bei kriminellen und ...

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Kriminelle <strong>und</strong> terroristische Organisationen<br />

3. Mafiöse Organisationen <strong>und</strong> Verbrechersyndikate<br />

3.1. Der Ursprung der Mafia<br />

Der Ursprung des (europäischen) organisierten Verbrechens ist sehr eng mit der Kulturgeschichte<br />

Süditaliens verb<strong>und</strong>en. Dort hat der Landadel im 18. <strong>und</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>ert die Macht<br />

an die Pächter verloren. Diese haben in der Folge wie selbsternannte „Regionalfürsten“ <strong>und</strong><br />

Patrone, vorwiegend zu ihrem persönlichen Profit, notfalls auf gewalttätige Weise, ihre eigenen<br />

Normen durchgesetzt <strong>und</strong> sorgten wegen der Schwäche des Zentralstaates für „Ordnung“.<br />

Allerdings mutierten diese Landherren vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

zu veritablen Geschäftsleuten, wo<strong>bei</strong> ihnen vorab der illegale Betäubungsmittel- <strong>und</strong> Waffenhandel<br />

ungeahnte Gewinnmöglichkeiten erschloss. 31<br />

Der Begriff „Mafia“ wird auch als Synonym für organisierte Kriminalität oder für kriminelle<br />

Organisationen gebraucht, die sich analog der sizilianischen Mafia organisieren <strong>und</strong> deren<br />

kriminelle Aktivitäten ebenso angelegt sind. 32<br />

Die Mafia hat sich gewissermassen zu einer parastaatlichen Parallelgesellschaft entwickelt,<br />

indem sie sich (zumindest in Italien) innerhalb des Gemeinwesens zu einem konkurrierenden<br />

zweiten Staat mit eigenen, selbst geschaffenen Regeln etablierte. Nach der Feststellung des<br />

ermordeten sizilianischen Untersuchungsrichters FALCONE bedeutet Mafia nichts anderes als<br />

der „Ausdruck eines Verlangens nach Ordnung <strong>und</strong> damit nach Staat“. 33<br />

Die mafiösen Vereinigungen <strong>und</strong> Verbrechersyndikate gelten als die bekanntesten <strong>und</strong> etabliertesten<br />

Formen krimineller Organisationen. Typisch für mafiaähnliche Organisationen sind<br />

einerseits ein aggressives Gewinnstreben unter Einsatz verbrecherischer Mittel <strong>und</strong> andererseits<br />

die Bereitschaft zur Verübung von Gewaltverbrechen. 34 Mafiaähnliche verbrecherische<br />

Organisationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie hochgradig ar<strong>bei</strong>tsteilig vorgehen <strong>und</strong> sich<br />

nach aussen hin stark abschotten. Dennoch konnten sich bis heute in der Schweiz eigentliche<br />

mafiöse Strukturen mit flächendeckender Gebietskontrolle <strong>und</strong> Einfluss auf gesellschaftliche<br />

Machtzentren bisher noch nicht etablieren. 35<br />

31 PIETH, ZStrR 1995, 228 f. mit Hinweis auf PINO ARLACCHI, Mafiose Ethik <strong>und</strong> der Geist des Kapitalismus,<br />

Frankfurt 1989; PIETH/FREIBURGHAUS, Bericht EJPD 1993, 18-22 (mit Hinweisen auf FALCONE, PADOVANI<br />

<strong>und</strong> ARLACCHI). Zu Strukturen <strong>und</strong> Konzepte der Mafia <strong>bei</strong> HARTMANN, Mafia, 642 ff. (insbes. 647 f.). Zur<br />

Entstehungsgeschichte der sizilianischen Mafia siehe JOHN DICKIE, Cosa Nostra – Die Geschichte der Mafia,<br />

Frankfurt 2006 sowie SCHOTT, Kriminalistik 2000, 513 ff.<br />

32 SCHOTT, Kriminalistik 2000, 513; zur Terminologie der Mafia siehe FALCONE, Mafia, 25 ff.; PIETH, ZStrR<br />

1995, 227 f.<br />

33 SCHOTT, Kriminalistik 2000, 514-515 unter Bezugnahme auf GIOVANNI FALCONE/MARCELLE PADOVANI,<br />

Inside Mafia, 1991, 76-77 <strong>und</strong> 137.<br />

34 FORSTER, Kollektive Kriminalität, 14; es kommen gr<strong>und</strong>sätzlich alle Formen von Gewaltverbrechen in Frage,<br />

namentlich qualifizierter Drogenhandel, Lösegeldentführung, Geiselnahme, Schutzgelderpressung,<br />

Brandstiftung- <strong>und</strong> Sprengstoffdelikte, illegaler Waffen- <strong>und</strong> Technologiehandel, illegale Prostitution, Frauen-<br />

<strong>und</strong> Menschenhandel etc.<br />

35 FORSTER, Kollektive Kriminalität, 8.<br />

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