Ausgewählte Abgrenzungsprobleme bei kriminellen und ...

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Kriminelle und terroristische Organisationen ZE, ICTY) fehlten und auch keine Terrorismusexperten beigezogen wurden, konnte das Bundesgericht nicht prüfen, ob das Rechtshilfeerfordernis der beidseitigen Strafbarkeit (u.a.) bezüglich Art. 260ter StGB in casu erfüllt war. 125 Gestützt auf die Ergänzungen der serbischen Botschaft zum Rechtshilfeersuchen sowie Zusatzberichte des DAP und des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), bewilligte das Bundesamt für Justiz die Auslieferung erneut. Auch dieser Entscheid wurde beim Bundesgericht angefochten. Seinen zweiten Entscheid (vom 28. Februar 2005) stützte das Bundesgericht vor allem auf die ergänzende Berichterstattung des DAP ab, wonach die ANA für „Untergrundaktionen“ und „Anschläge“ verantwortlich sei und mit ihren gezielten Kampfhandlungen versuche, die Krisenregion zu destabilisieren und damit die internationalen Friedensbemühungen zu behindern. 126 Unter anderem in Berücksichtigung der Zusatzberichte des DAP und des EDA sowie der Verfügung des UNO-Generalsekretärs, welcher die ANA am 17. April 2003 auf die Liste der als terroristisch eingestuften extremistischen Gruppen setzte, bezeichnete das Bundesgericht die ANA aufgrund ihrer Struktur und ihrer verbrecherischen Aktivitäten im fraglichen Zeitraum (Frühjahr 2003) als terroristische Organisation im Sinne von Art. 260ter Ziff. 1 StGB: Die ANA sei eine relativ straff geführte und paramilitärisch organisierte extremistische Untergrundorganisation mit einigen hundert aktiven Mitgliedern, die ihren Aufbau und ihre personelle Zusammensetzung geheim halte. Ihr Ziel habe darin bestanden, „die ehemalige Bürgerkriegsregion Kosovo-Südserbien mit dem Einsatz von Gewalt politisch zu destabilisieren, um die Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien zu erzwingen.“ Zu diesem Zweck habe die ANA im Februar und März 2003 nicht nur Attentate mit Schusswaffen und Sprengstoff auf serbische Sicherheitskräfte verübt, sondern ab Mitte April 2003 auch die Urheberschaft eines Bombenanschlages gegen zivile Einrichtungen, namentlich die Eisenbahnbrücke in Zvecan, für sich beansprucht. 127 Das Bundesgericht kam zum Schluss, wenn bei schweren Gewaltverbrechen, namentlich Tötungsdelikten, der politische Charakter der verfolgten Straftaten in der Regel verneint wird, Analoges auch für die Unterstützung von politisch motivierten terroristischen Gewalttaten 125 BGE 130 II 337 E. 7.1-7.2 und 7.4. Das Bundesamt für Justiz wurde vom Bundesgericht daher aufgefordert, die Menschenrechtslage in Serbien und Montenegro näher abzuklären und tatsächliche Abklärungen hinsichtlich aller Auslieferungsvoraussetzungen vollumfänglich vorzunehmen (E. 7.6-7.7). 126 BGE 131 II 235 E. 2.11.1. Die ANA gehört gemäss den Berichten zur inneren Sicherheit der Schweiz zu den extremistischen Organisationen ethnisch albanischer Gruppen. Sie ist vor allem im Nordwesten Mazedoniens, im Grenzgebiet zum Kosovo und im südserbischen Presevo-Tal sowie in Albanien und Griechenland aktiv. Die ANA hat sich zu mehreren Anschlägen bekannt, bei denen seit 2001 etwa 25 Angehörige der Sicherheitskräfte aus Mazedonien und Serbien getötet wurden (BISS 2003, 26). Im November 2001 verübte die ANA erstmals einen Anschlag gegen ein Büro der EU in Tetovo. Sie wich damit von ihrer bisherigen Linie ab, nur mazedonische Einrichtungen, Polizeikräfte und Bevölkerungsgruppen anzugreifen (BISS 2001, 30). Öffentlich zum bewaffneten Kampf hat die ANA Anfang 2003 aufgerufen. Die Kämpfer der lokalen Zellen der ANA sollen zudem zu Angehörigen von kriminellen Clanstrukturen gehören, die in Schutzgelderpressungen, Schmuggel, Waffen-, Drogen- und Menschenhandel involviert sind (BISS 2003, 26). 127 Die ANA wurde deshalb vom zuständigen Sonderbevollmächtigten des UNO-Generalsekretärs auf die Liste der als „terroristisch“ eingestuften extremistischen Gruppierungen gesetzt. 28
Kriminelle und terroristische Organisationen gelten muss. Mit dem gewaltsamen Vorgehen der ANA, Sprengstoffanschläge gegen zivile Einrichtungen wie Eisenbahnbrücken und Attentate auf serbische Sicherheitskräfte zu verüben, habe diese die Zivilbevölkerung systematisch eingeschüchtert und eine Bürgerkriegsregion destabilisiert. Die Einschüchterung der Bevölkerung und Nötigung eines Staates durch Gewaltverbrechen sei insgesamt als „typisches Merkmal für terroristische Aktivitäten im Sinne des EÜBT“ zu werten. 128 4.4.3. Abgrenzung am Beispiel der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) Das Bundesamt für Justiz hatte über ein Auslieferungsgesuch der Türkei bezüglich eines mutmasslichen Helfers der extremistischen Widerstandsorganisation DHKP-C 129 zu befinden. Dem Verfolgten wurde vorgeworfen, er habe im Herbst 1995 als kurdischstämmiges Mitglied der DHKP-C Gewaltverbrechen, namentlich die Tötung eines Polizisten, begangen und sei zwischen 1994 und 1995 Mitglied einer terroristischen Organisation gewesen. Dieser widersetzte sich der Auslieferung und machte geltend, er sei kurdischer Abstammung und werde aus politischen Gründen strafrechtlich verfolgt. Zur hier allein interessierenden Frage, ob es sich bei der DHKP-C im massgeblichen Zeitraum (Herbst 1995) um eine terroristische Organisation im Sinne von Art. 260ter StGB handelte, stellte das Bundesgericht (u.a. gestützt auf ein lückenhaftes Rechtshilfeersuchen) eine ganze Anzahl von Mängeln im Auslieferungsentscheid fest: Der angefochtene Entscheid enthalte keine Angaben darüber, ob die fragliche Organisation im Herbst 1995 tatsächlich terroristisch tätig war und worin im relevanten Zeitraum die verbrecherischen Aktivitäten bestanden hatten. Auch dem Bericht des DAP seien diesbezüglich keine Informationen zu entnehmen. Es werde auch nicht behauptet, die Staatengemeinschaft habe die Widerstandsaktivitäten der DHKP-C schon ab Herbst 1995 als terroristisch eingestuft. Ebensowenig werde erläutert, welcher Art die politischen Forderungen an die türkische Regierung waren und ob sich diese damals auf das Ziel der politisch-kulturellen Autonomie der kurdischen Bevölkerungsgruppe bzw. der Wahrung der Menschenrechte konzentrierten. Der historisch-völkerrechtliche Kontext bzw. Bürgerkriegshintergrund werde zudem völlig ausgeblendet. Schwere Anschläge im fraglichen Zeitraum, namentlich Sprengstoff- oder Brandanschläge gegen zivile Ziele, würden nicht erwähnt. Im Entscheid werde weder dargelegt, inwiefern die DHKP-C als Bürgerkriegspartei im türkisch-kurdischen Konflikt anzusehen war, noch gegen wen genau sich die nicht näher spezifizierten Anschläge gerichtet haben bzw. wann und wo diese erfolgten. Dabei wäre es von Bedeutung gewesen, abzuklären, ob in casu einzelne Gewaltakte im Kontext gegensei- 128 BGE 131 II 235 E. 2.12/2.13 und E. 3.5. 129 Die Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front, (türkisch: Devrimci Halk Kurtuluş Partisi/Cephesi oder DHKP-C) ist eine militante marxistisch-leninistische Organisation in der Türkei. Ihr Generalsekretär ist Dursun Karataş. Die Organisation steht auf der Liste der terroristischen Vereinigungen der EU sowie der USA. Sie wurde 1994 als Nachfolgeorganisation der Devrimci Sol gegründet. Der Namensteil "Partisi/Cephesi" (Partei-Front) beschreibt die beiden Teile der Organisation. "Partei" steht für den politischen Flügel, wohingegen "Front" den Flügel für militante Operationen beschreibt (weitere Infos abrufbar unter http://de.wikipedia.org/wiki/Revolution%C3%A4re_Volksbefreiungspartei-Front, Stand 16.06.2008). 29
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