02.12.2012 Aufrufe

Ausgewählte Abgrenzungsprobleme bei kriminellen und ...

Ausgewählte Abgrenzungsprobleme bei kriminellen und ...

Ausgewählte Abgrenzungsprobleme bei kriminellen und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kriminelle <strong>und</strong> terroristische Organisationen<br />

Ausrichtung ist objektiv zu verstehen, auf Motive <strong>und</strong> Absichten der Täterschaft kommt es<br />

nicht an. 142<br />

4.5.1. Die „schwächer strukturierte Gruppe“<br />

Da die meisten Fälle von Terrorismusfinanzierung bereits durch das Unterstützen einer <strong>kriminellen</strong><br />

Organisation im Sinne von Art. 260ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB abgedeckt sind, werden von<br />

Art. 260quinquies StGB ausschliesslich Fälle erfasst, in welchen die Akteure des zu unterstützenden<br />

Unterfangens zu lose miteinander verb<strong>und</strong>en sind, als dass man sie noch als Organisation<br />

bezeichnen könnte. Somit gibt es nach Auffassung des B<strong>und</strong>esrates Finanzierungshandlungen<br />

zu Gunsten von weiteren, schwächer strukturierten Gruppierungen <strong>und</strong> zu Gunsten<br />

von terroristischen Einzeltätern, für die Art. 260ter StGB nicht einschlägig sein soll. 143 Der<br />

Gesetzgeber nennt jedoch in der Botschaft keine konkreten Beispiele von Gruppierungen oder<br />

Organisationen, für welche diese Voraussetzung zutreffen könnte. Das Parlament hatte<br />

schlicht die Befürchtung, ohne eine solche Einschränkung könnten Menschen oder Gruppierungen<br />

kriminalisiert werden, die sich für Menschenrechte engagieren. 144 Art. 260quinquies<br />

StGB wird in der Lehre deshalb auch als strafrechtliche Demokratieklausel bezeichnet. 145 Die<br />

Einführung der Norm ist demnach darauf zurückzuführen, dass keine allgemein akzeptierte<br />

Definition des Terrorismus besteht. 146<br />

4.5.2. Kritik an der Strafnorm<br />

Es stellt sich somit die Frage nach dem Nutzen bzw. Mehrwert eines besonderen Terrorismusfinanzierungstatbestandes:<br />

Zunächst ist der wesentliche <strong>und</strong> praktisch wichtigste Teil der Terrorismusfinanzierung,<br />

die finanzielle Unterstützung von Terrorakten <strong>und</strong> terroristischen Organisationen,<br />

bereits durch Art. 260ter StGB strafrechtlich erfasst, (der Art. 260quinquies<br />

StGB im Übrigen vorgeht). 147 Dies wird auch künftig der Fall sein, wenn es am Zusammenhang<br />

zwischen Finanzierung <strong>und</strong> konkreter terroristischer Haupttat fehlt, die Unterstützungshandlung<br />

indes zugunsten einer <strong>kriminellen</strong> Organisation erfolgt. Spezialfälle der Finanzierung<br />

können zusätzlich durch Art. 260bis <strong>und</strong> 305bis StGB „aufgefangen“ werden.<br />

142<br />

FORSTER, ZStrR 2006, 336 f.; VEST, Handkommentar SHK, 101; anderer Auffassung <strong>und</strong> ausschliess lich<br />

das subjektive Element betonend JOSITSCH, ZStrR 2005, 446 f. Der normative Begriff der Zielrichtung des<br />

Kampfes muss vernünftigerweise auch im objektiven Wortsinne ausgelegt werden.<br />

143<br />

BBl 2002 5433; DONATSCH/WOHLERS, Strafrecht IV, 201; FORSTER, ZStrR 2003, 426; HEINE, Landesbericht,<br />

357; VEST, Terrorismus, 60.<br />

144<br />

FIOLKA, BSK II, 1744; FORSTER, ZBJV 2005, 215 ff.<br />

145<br />

VEST, Handkommentar SHK, 102.<br />

146<br />

BGE 130 II 337; CASSANI, SZW 2003, 299 f.; FIOLKA, BSK II, 1744; JOSITSCH, ZStrR 2005, 463 ff.; REIN-<br />

LE, Terrorismusfinanzierung, 119; MOREILLON/DE COURTEN, ZStrR 2003, 118 ff.; VEST, Terrorismus, 34<br />

ff., 50 ff.<br />

147<br />

ARZT, OK-Kommentar, 422; FIOLKA, BSK II, 1750. Siehe dazu auch BGE 128 II 355 betr. einem Mitglied<br />

<strong>und</strong> Förderer der „Brigate Rosse“ <strong>und</strong> im Entscheid 1A.194/2002 vom 15.11.2002 zum Fall einer „wohltätigen“<br />

Stiftung, die dem Terrornetzwerk Al-Qaïda Gelder zugespiesen hat. Wenn Art. 260ter StGB dem Finanzierungsstraftatbestand<br />

vorgeht, ist das Argument, mit Art. 260quinquies StGB habe ein eigenständiger<br />

Auffangtatbestand der Terrorismusfinanzierung geschaffen werden müssen, weil Art. 2 IÜBFT die Strafbarkeit<br />

nicht an das Handeln einer <strong>kriminellen</strong> Organisation anknüpfe, nicht stichhaltig (BBl 2002 1874 f.).<br />

33

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!