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Ausgewählte Abgrenzungsprobleme bei kriminellen und ...

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4.4.4. Zusammenfassung <strong>und</strong> Empfehlungen für die Strafverfolgung<br />

Kriminelle <strong>und</strong> terroristische Organisationen<br />

Aus der Sachdarstellung <strong>und</strong> den Beilagen ausländischer Rechtshilfeersuchen ergeben sich<br />

nicht immer ausreichend verlässliche Anhaltspunkte für eine verfolgungswürdige Beteiligung<br />

an terroristischen Straftaten. 133 Es obliegt jedoch der ersuchenden Behörde, ausreichende<br />

Sachinformationen zu liefern, aufgr<strong>und</strong> derer sich juristisch prüfen lässt, ob es sich um eine<br />

Gruppierung handelt/handelte, die im internationalstrafrechtlichen Sinne als terroristisch bzw.<br />

verbrecherisch einzustufen ist. Zu Recht verlangt das B<strong>und</strong>esgericht deshalb besonders sorgfältige<br />

Abklärungen <strong>und</strong> stellt erhöhte Anforderungen an die Ausführlichkeit, Widerspruchsfreiheit<br />

<strong>und</strong> Verlässlichkeit des Rechtshilfeersuchens. Die Schweiz setzt sich andernfalls massiver<br />

internationaler Kritik aus, wenn sie gerade <strong>bei</strong> Widerstandsorganisationen oder Bürgerkriegsparteien<br />

rein aufgr<strong>und</strong> eines nicht widerspruchsfreien, lückenhaften Sachverhalts in<br />

einem ausländischen Rechtshilfeersuchen eine terroristische oder kriminelle Organisation<br />

bejahen <strong>und</strong> schlimmer noch, eine Person, deren Auslieferung verlangt wird, zu Unrecht ausliefern<br />

würde. Auch wäre es unzulässig, Konfliktparteien eines Bürgerkrieges ohne jede Differenzierung<br />

als terroristisch einzustufen <strong>und</strong> internationalstrafrechtlich zu verfolgen. 134<br />

Bei der notwendigen Abgrenzung, ob es sich in casu um eine Widerstandsorganisation oder<br />

bereits um eine Terrororganisation handelt, ist den konkreten Aktivitäten der fraglichen Organisation<br />

im Zeitpunkt der verfolgten Straftaten Rechnung zu tragen. Diesbezüglich können<br />

sich Abklärungen zum Bürgerkriegshintergr<strong>und</strong> der inkriminierten Delikte aufdrängen. Das<br />

B<strong>und</strong>esgericht nennt eine Reihe möglicher Quellen, die konsultiert werden können: Im Vordergr<strong>und</strong><br />

stehen die Einschätzungen des DAP, aber auch Urteile internationaler Gerichte (wie<br />

dem EGMR) <strong>und</strong> Berichte europäischer Gremien. Weiter können Berichte des EDA (Abteilung<br />

Völkerrecht) Aufschluss über die Menschenrechtssituation in einem bestimmten Land<br />

geben. Für die Abklärung dieses völkerrechtlich-humanitären Kontextes kann sich sodann der<br />

Beizug von entsprechenden Experten empfehlen. In politisch <strong>und</strong> völkerrechtlich schwierigen<br />

Fällen wie den vorliegenden ist gemäss B<strong>und</strong>esgericht ein grosses Gewicht auf wirksame <strong>und</strong><br />

überprüfbare Menschenrechtsgarantien zu legen. 135<br />

Die vom B<strong>und</strong>esgericht entwickelten Gr<strong>und</strong>sätze gelten selbstverständlich auch für die Strafverfolgungsbehörde,<br />

der gestützt auf Art. 78 IRSG 136 der Vollzug ausländischer Rechtshilfeersuchen<br />

wegen Art. 260ter StGB obliegt. Auch wenn sie nicht über eine Auslieferung einer<br />

Person zu befinden hat, 137 sind die Sachverhaltsfeststellungen der ausländischen Behörden für<br />

eigene Ermittlungen <strong>und</strong> im Rahmen der internationalen Zusammenar<strong>bei</strong>t im heiklen Bereich<br />

der Terrorismusbekämpfung akribisch zu prüfen <strong>und</strong> <strong>bei</strong> Bedarf eine Ergänzung des Sachverhalts<br />

<strong>und</strong> der Rechtshilfeakten einzufordern.<br />

133<br />

Vgl. Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe.<br />

134<br />

BGE 133 IV 58 E. 5.3.2; 130 II 337 E. 7.1.; CASSANI, SZW 2003, 293 ff. <strong>und</strong> 299 f.; FORSTER, ZBJV 2005,<br />

236 ff.; VEST, Handkommentar SHK, 101-103.<br />

135<br />

BGE 123 II 161 E. 6; 122 II 373 E. 2d; Urteil 1A.4/2005 vom 28.02.2005 E. 4.3-4.6.<br />

136<br />

B<strong>und</strong>esgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG, SR 351.1).<br />

137<br />

Gemäss Art. 55 IRSG ist für Auslieferungsentscheide das B<strong>und</strong>esamt für Justiz zuständig.<br />

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