Ausgewählte Abgrenzungsprobleme bei kriminellen und ...

2.2. Begriff des „organisierten Verbrechens“
Kriminelle und terroristische Organisationen
In der Literatur wird das organisierte Verbrechen der organisierten Kriminalität weitgehend
gleichgestellt bzw. zum Teil gleichgesetzt mit Bandenkriminalität, Wirtschaftskriminalität,
Terrorismus, Drogen- und Waffenhandel. 17 ARZT spricht von „organisierter Kriminalität im
engeren Sinne“ und zählt Waffenschmuggel, Entführungen, Schutzgelderpressung, Drogen-
und Hehlerorganisationen, Prostitutions-, Pornographie-, Glücksspiel-, Schlepper- und
Schmugglerorganisationen sowie den Schwarzmarkt dazu. 18 Problematisch dabei ist, dass es
heute kaum mehr eine gemeinstrafrechtlich verübte Straftat gibt, die nicht schon dem organisierten
Verbrechen zugerechnet wird. 19
In der Botschaft zum zweiten Massnahmenpaket gegen die Bekämpfung gegen die organisierte
Kriminalität ist nachzulesen: „Organisiertes Verbrechen liegt dort vor, wo Organisationen
in Annäherung an die Funktionsweise internationaler Unternehmen hochgradig arbeitsteilig,
stark abgeschottet, planmässig und auf Dauer angelegt sind und durch Begehung von Delikten
sowie durch die Teilnahme an der legalen Wirtschaft möglichst hohe Gewinne anstreben. Die
Organisation bedient sich dabei der Mittel der Gewalt, Einschüchterung, 20 Einflussnahme auf
Politik und Wirtschaft. Sie weist regelmässig einen stark hierarchischen Aufbau auf und verfügt
über wirksame Durchsetzungsmechanismen für interne Gruppennormen. Ihre Akteure
sind dabei weitgehend austauschbar.“ 21 Aufgrund dieser (überwiegend kriminologischen)
Merkmale wird deutlich, dass der Gesetzgeber, wenn er von organisiertem Verbrechen
spricht, vor allem die kriminelle Organisation vor Augen hatte.
Der Begriff „organisiertes Verbrechen“ hat auch Eingang ins Strafgesetzbuch gefunden: In
der Marginale von Art. 337 StGB (Bundesgerichtsbarkeit) erwähnt der Gesetzgeber ausdrücklich
(u.a.) das organisierte Verbrechen. Es handelt sich bei dieser Bestimmung indessen um
eine Zuständigkeitsnorm, weswegen sich letztlich auch der Schluss, die genannten Straftatbestände
seien exklusiv dem organisierten Verbrechen zuzurechnen, verbietet.
17
Statt vieler MÜLLER, AJP 1993, 1180, der das organisierte Verbrechen als „schwer fassbares Phänomen“
bezeichnet. In der Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches (Gesetzgebung über
Geldwäscherei und mangelnde Sorgfalt bei Geldgeschäften) vom 12. Juni 1989 (BBl 1989 1067) wurde
konkret auf die Fälle „Schweizerische Kreditanstalt“, „Texon Anstalt“, „Weisscredit Bank“, „Banco
Ambrosiano“, „Pizza Connection“ und „Libanon-Connection“ verwiesen.
18
ARZT, OK-Kommentar, 314-320.
19
OBERHOLZER, plädoyer 2001, 32 f..
20
Eine Einschüchterung im hier verstandenen Sinne liegt dann vor, wenn Teile der Bevölkerung in ihrem
Sicherheitsgefühl spürbar beeinträchtigt werden oder Verhaltensänderungen vornehmen, indem sie oder
staatliche Behörden an ihrer statt Vorsichtsmassnahmen treffen (VEST, Handkommentar SHK, 100).
21
BBl 1993 280 f.; siehe auch bei HEINE, Landesbericht, 355; PIETH, ZStrR 1992, 262; derselbe, ZStrR 1995,
228 f.; derselbe, Situationsbericht, 34 f.; BISS 2002, 11 und 54. Polizei- und Strafverfolgungsbehörden arbeiten
in diesem Zusammenhang mit sogen. Indikatorenkatalogen, um das organisierte Verbrechen besser erfassen
zu können. Näheres dazu bei BAUMGARTNER, BSK II, 1724; BARTHELMESS, Sicherheitspolitik, 27,
PIETH/FREIBURGHAUS, Bericht EJPD 1993, 9-15 und 26; ARZT, OK-Kommentar, 350; ROULET, plädoyer
1994, 26 f.
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