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Ausgewählte Abgrenzungsprobleme bei kriminellen und ...

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Kriminelle <strong>und</strong> terroristische Organisationen<br />

6. Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse<br />

Bei der Schaffung von Art. 260ter StGB hat der Gesetzgeber in erster Linie an hochgefährliche<br />

terroristische Gruppierungen oder mafiaähnliche Verbrechersyndikate gedacht. Je Organisation<br />

weist ihre eigenen Aufbaumuster <strong>und</strong> Eigenschaften auf, so dass die Kriterien von Art.<br />

260ter StGB oft nur teilweise abgedeckt sind, ohne dass dadurch der Organisationscharakter<br />

eines <strong>kriminellen</strong> Zusammenschlusses bezweifelt werden müsste. 187 Im Wissen um diese<br />

Wandlungsfähigkeit krimineller Organisationen hat der Gesetzgeber bewusst keine abschliessende<br />

Definition der Organisation vorgegeben. Es entspräche daher nicht seinem Willen,<br />

wenn an einer besonderen Form, Aufbau oder Struktur einer <strong>kriminellen</strong> oder terroristischen<br />

Organisation festgehalten würde. Mit der Umschreibung des Organisationsbegriffes durch das<br />

B<strong>und</strong>esgericht wird klar, dass auch andere Formen als die syndikatsartige oder terroristische<br />

Vereinigung als kriminelle Organisationen qualifiziert werden können.<br />

Bei den international bekannten, dauerhaft bestehenden <strong>und</strong> seit Jahren aktiven Verbrechensorganisationen,<br />

wie z.B. die vier italienischen Mafiaorganisationen, sind die Kriterien von<br />

Art. 260ter StGB ohne weiteres gegeben. Weder die Strafverfolgung, noch die zuständigen<br />

Gerichte sehen sich daher mit Beweisproblemen konfrontiert. Es darf von einer gerichtsnotorischen<br />

Tatsache ausgegangen werden.<br />

Terrorismustypische Handlungen sind auf alle Fälle schwere Anschläge (<strong>und</strong> damit Gewalttaten)<br />

auf Zivilisten, Verkehrsmittel, bewohnte Gebäude oder Strassen <strong>und</strong> Plätze zu bezeichnen,<br />

mit dem Zweck, die Bevölkerung einzuschüchtern oder den betroffenen Staat oder die<br />

internationalen Staatengemeinschaft politisch zu nötigen. 188<br />

Im Falle der Terrororganisationen „Brigate Rosse“, ETA, Al-Qaïda <strong>und</strong> „Märtyrer für Marokko“<br />

kann in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esgerichts ohne nähere<br />

Prüfung der Kriterien von Art. 260ter StGB von terroristischen Organisationen ausgegangen<br />

werden. Gleiches muss für andere Gruppierungen oder Organisationen gelten, die in gleicher<br />

oder ähnlicher Weise wie die genannten Terrororganisationen strukturiert bzw. vernetzt sind<br />

<strong>und</strong> vergleichbare Terrorakte planen oder ausführen.<br />

Nach der internationalstrafrechtlichen Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esgerichts <strong>und</strong> unter Berücksichtigung<br />

der internationalen Terrorismusabkommen, vorab des EÜBT, fallen extremistische<br />

Parteien, oppositionelle Gruppen <strong>und</strong> weitere Organisationen, sofern sie sich angemessener,<br />

nicht verbrecherischer Mittel bedienen, nicht unter Art. 260ter StGB. Dies gilt auch für den<br />

187<br />

BBl 1993 277, 296-298; BBl 2002 1841.<br />

188<br />

BGE 133 IV 58 E. 5; 130 II 337 E. 7.1; 131 II 235 E. 2.13 <strong>und</strong> 3.5; BGE 1A.288/2004 <strong>und</strong> 1A.4/2005 E.<br />

3.5; FORSTER, ZBJV 2005, 237 f. <strong>und</strong> ZStrR 2006, 334, HEINE, Landesbericht, 356 f. sowie VEST, Terrorismus,<br />

58.<br />

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