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Ausgewählte Abgrenzungsprobleme bei kriminellen und ...

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Kriminelle <strong>und</strong> terroristische Organisationen<br />

bracht werden könnten. Mittlerweile verfügen nicht nur die UNO <strong>und</strong> deren Mitgliedstaaten<br />

über Terrorlisten. Auch internationale Gremien, namentlich die EU, haben eigene Listen mit<br />

Verdächtigen verfasst. 175<br />

Die Mitgliedstaaten der UNO erhalten im Einzelfall keinen Zugriff auf die Informationen,<br />

welche die Aufnahme einer bestimmten Person oder Gruppierung auf die Terror-Namensliste<br />

rechtfertigen bzw. der ersuchende Staat erlaubt mit Verweis auf die nationale Sicherheit oftmals<br />

überhaupt keinen Zugriff auf die entsprechenden Informationen <strong>und</strong> Beweise. 176 Die<br />

Listen sind abänderbar, können namentlich durch den UN-Sicherheitsausschuss jederzeit ergänzt<br />

werden.<br />

Wird ein Individuum, Unternehmen oder Gruppierung vom Sanktionsausschuss direkt auf die<br />

Liste gesetzt, haben diese keine Möglichkeit, sich direkt dagegen <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen<br />

Sanktionen zur Wehr zu setzen. Der Entscheid über ein Listing wird einzig von 15 Mitgliedern<br />

des UN-Ausschusses gefällt <strong>und</strong> zwar in alleiniger Instanz. Die Kriterien für ein Listing<br />

beruhen somit nicht auf klaren rechtlichen Gr<strong>und</strong>lagen, sondern auf politischem Ermessen.<br />

Prozessgarantien, wie eine faire <strong>und</strong> öffentliche Anhörung von einem unabhängigen <strong>und</strong> unparteiischen<br />

Gericht sind nicht vorhanden. 177<br />

Damit entspricht das Zustandekommen, Umsetzen <strong>und</strong> Abändern von Terrorlisten nicht den<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen schweizerischer Rechtsstaatlichkeit. Entsprechend laut <strong>und</strong> kritisch sind denn<br />

auch die Reaktionen auf die Existenz <strong>und</strong> Umsetzung solcher Listen ausgefallen. 178<br />

4.7.3. Der Fall Youssef Nada<br />

Kürzlich hatte sich das B<strong>und</strong>esgericht gestützt auf eine Beschwerde des italo-ägyptischen<br />

Geschäftsmannes Youssef Nada mit der UN-Namensliste zu befassen, welcher im November<br />

175<br />

Siehe unter http://www.consilium.europa.eu/showPage.asp?id=631&lang=de&mode=g. Auf der Liste<br />

(Council Common Position 2007/871/CFSP of 20 December 2007) befinden sich derzeit (Stand Juni 2008)<br />

die Namen von 54 natürlichen Personen <strong>und</strong> 48 Gruppierungen, darunter u.a. die ETA, IRA, Hamas, PKK<br />

(Kongra-Gel), Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), „Brigate Rosse“ <strong>und</strong> die FARC.<br />

176<br />

WENAWESER, NZZ.<br />

177<br />

ROSENBERG/BUSCHOR, Listing, 6; WENAWESER, NZZ.<br />

178<br />

Der Schweizer Dick Marty, Tessiner FDP-Ständerat <strong>und</strong> Europaratsabgeordneter, hat am 23.01.2008 seinen<br />

Bericht (Committee on Legal Affairs and Human Rights, UN Security Council black lists, Bericht vom<br />

19.03.2007; abrufbar unter http://assembly.coe.int/CommitteeDocs/2007/20070319_ajdoc14.pdf. (Stand<br />

16.06.2008) über diese auch als „black lists“ bezeichneten Namenslisten des UN-Sicherheitsrates dem Parlamentarischen<br />

Versammlung des Europarates (PAV) vorgestellt. Er resümierte: „Selten habe ich so etwas<br />

Ungerechtes erlebt wie die Aufstellung dieser Listen“. Letztlich herrsche Willkür <strong>bei</strong> den Einträgen. Die<br />

PAV befand, die Praxis der schwarzen Listen verstosse gegen Gr<strong>und</strong>rechte <strong>und</strong> sei „vollkommen willkürlich“:<br />

Es fehlen Angaben über die Dauer des Listings, es besteht kein Recht auf rechtliches Gehör <strong>und</strong> unabhängige<br />

Überprüfung des Listings <strong>und</strong> es werden gr<strong>und</strong>legende Menschenrechte sowie die Rechtsstaatlichkeit<br />

verletzt (Europarat Resolution 1597 [2008]). Die Parlamentarier des Europarats stellten insgesamt<br />

fest, auf den Listen würden Namen oft nur aufgr<strong>und</strong> eines Verdachts landen, unter Verletzung elementarster<br />

rechtsstaatlicher Prinzipien. Der Europarat regte daher an, die Vorgehensweise müsse überdacht werden, um<br />

„die Glaubwürdigkeit des internationalen Kampfs gegen Terrorismus aufrechtzuerhalten“ <strong>und</strong> appellierte an<br />

die UNO, die mangelhaften Punkte zu verbessern <strong>und</strong> die Sanktionen gr<strong>und</strong>rechtskonformer auszugestalten.<br />

Vgl. http://www.humanrights.ch/home/de/Instrumente/Nachrichten/Terrorismus/idart_5450-content.html,<br />

(Stand 16.06.2008) <strong>und</strong> ROSENBERG/BUSCHOR, Listing, 6.<br />

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