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Ausgewählte Abgrenzungsprobleme bei kriminellen und ...

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Kriminelle <strong>und</strong> terroristische Organisationen<br />

2001 auf die UN-Terrorliste gesetzt wurde. Trotz Einstellung des gegen ihn geführten gerichtspolizeilichen<br />

Ermittlungsverfahrens durch die BA am 31. Mai 2005 <strong>und</strong> dessen Bemühungen,<br />

von der Liste gestrichen zu werden, verblieb NADA auf der Terrorliste. Erfolglos war<br />

auch seine Beschwerde ans B<strong>und</strong>esgericht, da dieses die Sanktionsbeschlüsse des UN-<br />

Sicherheitsrates für die UNO-Mitgliedstaaten als verbindlich erklärte <strong>und</strong> für eine Streichung<br />

von der Liste (Delisting-Verfahren) 179 ausschliesslich der Sanktionsausschuss zuständig sei.<br />

Eine Ausnahme bestünde nur, wenn zwingendes Völkerrecht (ius cogens) verletzt wäre, zu<br />

welchem nur gerade die elementarsten Menschenrechte gehören, wie etwa das Recht auf Leben,<br />

der Schutz vor Folter <strong>und</strong> das Sklavereiverbot, was vorliegend jedoch nicht zutreffe. Das<br />

B<strong>und</strong>esgericht gab sich unzufrieden mit der herrschenden Praxis, wonach Sanktionen vom<br />

Sicherheitsrat beschlossen werden können, ohne dass Einzelne die Möglichkeit hätten, sich<br />

vorgängig oder nachträglich dazu zu äussern oder dagegen Beschwerde vor internationalen<br />

oder nationalen Instanzen zu erheben. Es erachtete die Einführung eines Delisting-Verfahrens<br />

durch den Sanktionssauschuss zwar als wesentlichen Fortschritt gegenüber der bisherigen<br />

Situation, stellte aber gleichzeitig fest, dass dieses Verfahren weder den Anforderungen an<br />

gerichtlichen Rechtsschutz 180 noch an eine wirksame Beschwerde 181 genüge. 182<br />

4.7.4. Zusammenfassung <strong>und</strong> Schlussfolgerung für die Strafverfolgung<br />

An der Rechtmässigkeit der Terrorlisten sind auch aus Sicht der Strafverfolgung erhebliche<br />

Zweifel angebracht, nicht nur, weil diese Listen aufgr<strong>und</strong> eines Verfahrens erstellt werden, in<br />

deren Verlauf die Rechte der verdächtigen Personen kaum geschützt sind <strong>und</strong> deshalb auch<br />

unbescholtene Bürger unter Verdacht fallen können. 183 Die auf den Listen aufgeführten Personen<br />

unterliegen gewissermassen einem Generalverdacht, den Terrorismus in irgendeiner<br />

Weise zu unterstützen. Für einen Tatverdacht, welcher die Eröffnung eines gerichtspolizeilichen<br />

Ermittlungsverfahrens rechtfertigen würde, reicht dies selbstredend nicht aus. Die Strafverfolgungsbehörde<br />

würde sich berechtigter Kritik aussetzen, wenn sie namentlich aufgr<strong>und</strong><br />

einer Anzeige der MROS, gestützt auf eine Verdachtsmeldung (nach Art. 9 GwG) einer Finanzintermediärin,<br />

eine auf diesen Terrorlisten figurierende Person oder Organisation unterhalte<br />

<strong>bei</strong> ihr ein Konto, ohne nähere polizeiliche <strong>und</strong> internationale Abklärungen ein Strafverfahren<br />

wegen Art. 260quinquies oder 260ter StGB eröffnen würde.<br />

Zusätzlich zum nicht vorhandenen Gr<strong>und</strong>rechtsschutz sind diese Listen problematisch, weil<br />

die darin Aufgeführten – wie <strong>bei</strong> NADA geschehen – auf der Namensliste verbleiben, auch<br />

179<br />

Die Schweiz <strong>und</strong> andere Staaten schlugen dem UN-Sanktionsausschuss daher vor, einen sogen. Focal Point<br />

(als direkte Anlaufstelle für Individuen <strong>und</strong> Organisationen, die ein Delisting-Gesuch stellen wollen) einzurichten,<br />

<strong>bei</strong> dem die Individuen direkt Berufung einlegen können. Diese Empfehlungen hat der UN-<br />

Sicherheitsrat am 19.12.2006 in die Resolution 1730 aufgenommen (ROSENBERG/BUSCHOR, Listing, 5).<br />

180<br />

Gemäss Art. 29a BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK <strong>und</strong> Art. 14 Ziff. 1 UNO-Pakt II.<br />

181<br />

Im Sinne von Art. 13 EMRK <strong>und</strong> Art. 2 Abs. 3 UNO-Pakt II.<br />

182<br />

BGE 133 II 450 ff, insbesondere die Erwägungen 5.4, 7.1-7.4, 8-8.3 <strong>und</strong> 9.2; Presseberichte zum Beschwerdeverfahren<br />

siehe u.a. Basler Zeitung vom 27.11.2007 <strong>und</strong> 08.01.2008 sowie NZZ vom 20.11.2007.<br />

183<br />

CASSANI, SZW 2003, 293 ff.<br />

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