Ausgewählte Abgrenzungsprobleme bei kriminellen und ...

Kriminelle und terroristische Organisationen
finanzierten Freiheitskämpfer, wenn er sich „angemessener Mittel des gewalttätigen Widerstands“
bedient. 189
Bei der heiklen Abgrenzung „Terrorist oder (legitimer) Freiheitskämpfer“ ist den Strafverfolgern
und den Gerichten ein hohes Mass an Definitionskompetenz aufgebürdet worden. 190 Das
Bundesgericht hat jedoch eine Vielzahl von Kriterien entwickelt, anhand derer terrorismustypisches
Verhalten vom legitimen Befreiungskampf unterschieden werden kann. Im Vordergrund
stehen dabei die Fragen, wie, wann, gegen wen und vor allem mit welchen eingesetzten
(angemessenen) Mitteln der (angebliche) Befreiungskampf geführt wird. Der „legitime“ Widerstandskampf
bedeutet andererseits aber nicht, dass die bekämpften Machthaber ihrerseits
ohne weiteres als Terrororganisation einzustufen wären. 191 Da in diesem Zusammenhang der
völkerrechtlich-humanitäre Kontext im Zeitraum der verfolgten Delikte interessiert, ist die
Strafverfolgungsbehörde gehalten, sich im Einzelfall an nationale und internationale Behörden
und Gremien zu wenden sowie Sachverständige beizuziehen.
Der Straftatbestand der Finanzierung des Terrorismus, welcher separat in Art. 260quinquies
StGB geregelt wurde, bringt gegenüber Art. 260ter StGB keine Neuerungen. Stattdessen stellt
er die Strafverfolgungsbehörden vor zusätzliche Beweisprobleme und stiftet Verwirrung bezüglich
der anvisierten Täterschaft, zumal auch der Gesetzgeber die Antwort schuldig bleibt,
welche Gruppierungen mit der Einführung dieser Bestimmung erfasst werden sollten. Es ist
daher für die Einschätzung, ob es sich um eine Gruppierung handelt, die sich für die Herstellung
oder Wiederherstellung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse oder für die
Ausübung oder Wahrung von Menschenrechten einsetzt, bei der vom Bundesgericht entwickelten
internationalstrafrechtlichen Rechtsprechung anzuknüpfen.
Für die strafrechtliche Verfolgung und rechtliche Qualifikation einer Gruppierung oder Organisation,
die einerseits mit terroristischen Aktivitäten ihre ideologischen Ziele verfolgt, sich
andererseits aber auch in einem „klassischen“ Deliktsbereich des organisierten Verbrechens
(insbesondere im internationalen Drogenhandel) als kriminelle Organisation etabliert hat, bestehen
keine Anwendungsprobleme in Bezug auf Art. 260ter StGB: Für beide Organisationsstrukturen
ist die Strafbestimmung einschlägig.
Im Hinblick auf die Eröffnung eines gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahrens (wegen Finanzierung
des Terrorismus) besteht kein Verlass auf die von Staaten und internationalen
Gremien (UNO, EU) und auch der Schweiz publizierten Terrorismuslisten. Das Zustandekommen
und die Rechtmässigkeit dieser Terrorlisten entsprechen nicht schweizerischem
Rechtsverständnis. Für die Strafverfolgung kommt diesen Listen daher höchstens Informationscharakter
zu.
189
BGE 130 II 343 f.; Siehe Zusammenfassung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei FORSTER, ZStrR
2006, 333 sowie Art. 1 und 2 EÜBT.
190
HEINE, Landesbericht, 357.
191
ARZT, OK-Kommentar, 417.
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