14 Häufigkeitsverteilungen / diskrete Zufallsgrößen– Einfacher ist die Anfertigung eines Boxplots, indem die 5 Kenngrößen Minimum, 25%-Wert, Median, 75%-Wert undMaximum dargestellt werden Die Breite des Rechtecks ist beliebig. Die Ausläufer, auch Antennen genannt, werdenoft nicht bis zu dem minimalen bzw. maximalen Wert durchgezeichnet, vor allem wenn Ausreißerwerte vorhandensind. Diese zeichnet man dann als Punkte extra ein. Die Kastenschaubilder sind besonders zum visuellen Vergleichzweier Verteilungen ein nützliches Hilfsmittel. Man kann leicht die Lage des mittleren Wertes, die Größe der Streuung,die Spannweite und auch die Form der Verteilung (symmetrisch, rechtsschief, linksschief) erkennen. Letzteressieht man an der Lage des Zentralwertes im Rechteck.Statistische KenngrößenEntsprechend der Rahmenrichtlinie soll der Modalwert als ein weiterer Mittelwert eingeführt werden. Er bezeichnet einlokales Maximum der Häufigkeitsverteilung. Eine Häufigkeitsverteilung kann einen (unimodal), zwei (bimodal) oderauch mehrere Modalwerte haben. Nimmt man stets auch eine verbale Auswertung vor, kann auf die Einführung einerBezeichnung für diesen Sachverhalt aber durchaus verzichtet werden. Es ist für die Schüler schwer einsichtig, dass derhäufigste Wert auch ein Mittelwert ist.Der Zentralwert (mittlerer Wert, Median, 50%-Wert), Bezeichnung x˜ , gibt an, wo die Mitte der Verteilung liegt. Er halbiertdie Verteilung, d. h. 50% der Werte sind kleiner und 50% sind größer als der Zentralwert.Zur Bestimmung des Zentralwertes wird die geordnete Folge der Daten betrachtet. Ist bereits ein Stamm-Blätter-Diagrammangefertigt worden, so kann der Zentralwert durch einfaches Auszählen ermittelt werden. Es sind allerdings zweiFälle zu unterscheiden.1. Die Anzahl der Daten ist gerade. In diesem Fall ist als Zentralwert jeder Wert zwischen den beiden mittleren Wertenmöglich. Man wählt das arithmetische Mittel dieser beiden Werte.2. Die Anzahl der Daten ist ungerade. In diesem Fall ist der Zentralwert ein Wert aus der Folge der Daten, es ist der„mittlere“ Wert.Der Zentralwert wird im Unterschied zum arithmetischen Mittel durch Ausreißerwerte nicht beeinflusst. Man bezeichnetihn deshalb als einen robusten Wert.Die Viertelwerte halbieren die untere und obere Hälfte der Verteilung. Mit dem unteren (v u ) und oberen Viertelwert (v o )sowie mit dem Zentralwert wird also die geordnete Folge der Daten in vier Teile mit etwa der gleichen Anzahl von Datenzerlegt.Mithilfe der Viertelwerte kann die Lage der Verteilung genauer beschrieben werden. Aus ihnen kann weiterhin durch Differenzbildungein Streuungsmaß, die Vierteldifferenz, berechnet werden.Der Zentralwert und die Viertelwerte sind Spezialfälle der p-Quantile. Ein p-Quantil ist jener Wert, der den Bruchteil peiner Verteilung von unten abtrennt. Für den unteren Viertelwert ist also p = 0,25, für den Zentralwert ist p = 0,5 und fürden oberen Viertelwert hat p die Größe 0,75. Außer den Viertelwerten sind noch Achtelwerte (p = 0,125) und Zehntelwerte(p = 0,1) üblich. Diese Kenngrößen werden jedoch selten verwendet. Sie sollten nicht behandelt werden.Bedeutung und Merkmale des ErwartungswertesBei der Wiederholung des arithmetischen Mittels solle auf die beiden inhaltlichen Bedeutungen eingegangen werden, diebereits in Klasse 6 diskutiert wurden. Dar arithmetische Mittel kann einmal als Ausgleichswert (z.B. durchschnittlicheNiederschlagsmenge, durchschnittliche Körpergröße) oder als Schwerpunkt einer Häufigkeitsverteilung (z. B. Zensurendurchschnitt,durchschnittliche Kinderzahl pro Familie) gedeutet werden. Der Erwartungswert entspricht der zweiteninhaltlichen Deutung des arithmetischen Mittels, da er als Schwerpunkt einer Wahrscheinlichkeitsverteilung interpretiertwerden kann.Es sollten ebenfalls die Möglichkeiten zur Berechnung des arithmetischen Mittels aus einer Urliste, über absolute undüber relative Häufigkeiten wiederholt werden. Die Berechnung des Erwartungswertes entspricht der Berechnung desarithmetischen Mittels über relative Häufigkeiten.Gemeinensame Eigenschaften von Erwartungswert und arithmetischen Mittel, auf die besonders eingegangen werdensollte, da es häufig dazu falsche Vorstellungen gibt, sind weiterhin:– Beide gehören im Allgemeinen nicht zu den Merkmalsausprägungen, d.h. der Erwartungswert ist nicht immer einWert, der als Ergebnis auftreten kann (z. B. Erwartungswert der Augenzahl beim Würfeln mit einem Würfel).– Beide sind keine Zahlen sondern Größen derselben Art und Einheit wie das Merkmal.– Beide müssen nicht der häufigste oder wahrscheinlichste Wert sein. Dies trifft nur für eine eingipflige symmetrischeVerteilung zu. Bei schiefen oder mehrgipfligen Verteilungen können andere Werte häufiger oder mit größerer Wahrscheinlichkeiteintreten.Der Erwartungswert hat in der Geschichte der Wahrscheinlichkeitsrechnung zu Beginn eine größere Rolle als der Wahrscheinlichkeitsbegriffgespielt, so war er bei Pascal der Grundbegriff, aus dem der Wahrscheinlichkeitsbegriff abgeleitetwurde. Für Anwendungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung in dem Bereich der Glücksspiele oder der Wirtschaft hat der
Standpunkte und Hinweise zur Behandlung des Themas 15Erwartungswert eine größere Bedeutung als die Wahrscheinlichkeit, was zur nachträglichen Motivation der Stochastikunbedingt genutzt werden sollte. Er ist die Grundlage für das Treffen von Entscheidungen im Fall der Unsicherheit. Soist die Bedeutung der Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Ergebnisses bei einem Glücksspiel für die beteiligten Personenschwer verständlich zu machen. Der Erwartungswert des Gewinns ist dagegen eine Größe, die Entscheidungen zurBeteiligung am Spiel und den zu erwartenden finanziellen Auswirkungen erlaubt.Im Unterschied zum arithmetischen Mittel wird bei der Betrachtung von Erwartungswerten oft noch ein zweites Merkmal(meist der Gewinn) den Ergebnissen des eigentlichen zufälligen Vorgangs zugeordnet. Die Zuordnung dieses Merkmalsergibt sich nicht aus dem eigentlichen zufälligen Vorgang (z. B. Verkauf einer Ware), sondern aus anderen, oftideellen Vorgängen (z. B. den Überlegungen eines Händlers über die möglichen Preise seiner Produkte).Die Unterschiede zwischen dem arithmetischen Mittel und dem Erwartungswert liegen auf der gleichen Ebene wie dieUnterschiede zwischen den sich ebenfalls entsprechenden Begriffen relative Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlichkeitund Erwartungswert sind theoretische Begriffe. Sie sagen etwas über den Einzelfall, den einmaligen Verlaufdes Vorgangs aus (z. B. Wahrscheinlichkeit für eine Sechs bei einem Wurf, zu erwartender Gewinn bei einem einzelnenSpiel). Sie haben einen prognostischen Charakter, da sie Voraussagen über die Ergebnisse bei einer größeren Anzahlvon Wiederholungen des Vorgangs unter gleichen Bedingungen erlauben. Die relative Häufigkeit und das arithmetischeMittel sind dagegen empirische Werte, die erst berechnet werden können, wenn der zufällige Vorgang mehrmals wiederholtwurde und die tatsächlichen Ergebnisse vorliegen.