Alternsforschung: Transnational und translational Gemeinsamer ...
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Abstracts<br />
Interdisziplinäres Symposium III<br />
Stress als Lebenselixier oder Risiko?<br />
A. Simm 1 , H.-W. Wahl 2<br />
1 Universitätsklinikum Halle (Saale), Klinik für Herz- <strong>und</strong> Thoraxchirurgie,<br />
Halle (Saale), Deutschland, 2 Ruprecht-Karls-Universität, Psychologisches<br />
Institut, Heidelberg, Deutschland<br />
Das biologische Altern beschreibt die z. T. irreversiblen Veränderungen,<br />
die Zeit des Lebens akkumulieren <strong>und</strong> letztendlich zu degenerativen Erkrankungen<br />
<strong>und</strong> zum Tode führen. In diesem Prozess ist die Homöostasefähigkeit,<br />
d. h. die Fähigkeit, sich wechselnden Ansprüchen anzupassen,<br />
von zentraler Bedeutung. In diesem Sinne kann Stress, der die<br />
Adaptationsfähigkeit des Körpers stimuliert, positiv für ein erfolgreiches<br />
Altern sein. Dagegen scheint Stress, der die Fähigkeit des Körpers,<br />
adäquat zu reagieren, weit übersteigt, in der Summe negativ zu sein. Vor<br />
diesem Hintergr<strong>und</strong> zielt dieses Symposium darauf ab, aktuelle Konzepte<br />
<strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>e zu Stresserleben im höheren Lebensalter aus einer<br />
multidisziplinär ausgerichteten Perspektive zu beleuchten, in der die<br />
Biologie, Geriatrie, Psychologie <strong>und</strong> soziale Gerontologie zum Zuge<br />
kommen werden. Das Ziel des Symposiums besteht insbesondere darin,<br />
deutlich zu machen, in welcher Weise sich die Sichtweisen dieser Disziplinen<br />
gegenseitig ergänzen <strong>und</strong> befruchten können, um ein „altes“<br />
Thema der Alternswissenschaft mit neuartigen Forschungs- <strong>und</strong> Praxisimpulsen<br />
zu versehen.<br />
0555<br />
Steigerung von Lebenserwartung <strong>und</strong> metabolischer Ges<strong>und</strong>heit<br />
durch oxidativen Stress<br />
M. Ristow<br />
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Lehrstuhl für Humanernährung, Jena,<br />
Deutschland<br />
In vielen Lehrbüchern ist die Behauptung zu lesen, dass eine gesteigerte<br />
Exposition gegenüber freien Radikalen, der sog. oxidative Stress, verantwortlich<br />
sei für ges<strong>und</strong>heitliche Schäden, <strong>und</strong> insbesondere verringerte<br />
Lebenserwartung. Systematische Untersuchungen zu dieser<br />
Behauptung kommen zu abweichenden Ergebnissen. Neben der zunehmenden<br />
Zahl von großen epidemiologischen Studien, welche zu<br />
der Erkenntnis kommen, dass antioxidative Supplemente bestenfalls<br />
ohne jede ges<strong>und</strong>heitsfördernde Wirkung bleiben, jedoch teilweise<br />
eine Steigerung des Krankheitsrisikos hervorrufen, legen gr<strong>und</strong>lagenwissenschaftliche,<br />
experimentelle Arbeiten der letzten Jahre nahe, dass<br />
eine Exposition gegenüber oxidativem Stress ges<strong>und</strong>heitsfördernde <strong>und</strong><br />
lebensverlängernde Wirkungen haben kann.<br />
Wir haben in Studien an dem Fadenwurm C. elegans, sowie in Humanstudien<br />
zeigen können, dass eine kurzfristige <strong>und</strong> vorübergehende Steigerung<br />
von oxidativem Stress der gemeinsame mechanistische Nenner<br />
von unterschiedlichen, lebensverlängernden Interventionen ist. Dieses<br />
wurde gezeigt a) für eine verminderte Kalorienzufuhr (die sog. Kalorienrestriktion),<br />
für b) körperliche Aktivität (Sport), <strong>und</strong> letztlich c) für<br />
eine Verminderung der Insulinsignalübertragung. Diese Ergebnisse<br />
stellen die verbreitete, aber mangelhaft belegte Behauptung in Frage,<br />
dass oxidative Stressoren gr<strong>und</strong>sätzlich negative Wirkungen auf Ges<strong>und</strong>heit<br />
<strong>und</strong> Lebenserwartung auszuüben vermögen.<br />
14 | Zeitschrift für Gerontologie <strong>und</strong> Geriatrie · Supplement 1 · 2012<br />
0543<br />
Das gefährdete Individuum – der ältere Organismus <strong>und</strong> sein Verlust<br />
an physiologischer Stabilität<br />
J. Bauer<br />
Klinikum Oldenburg gGmbH, Direktor der Klinik für Geriatrie, Oldenburg,<br />
Deutschland<br />
Das Konzept der Frailty (dt. Gebrechlichkeit) scheint auf besondere<br />
Weise geeignet, zum einen die mit steigendem Lebensalter zunehmende<br />
Fragilität der körpereigenen Organsysteme zu beschreiben <strong>und</strong> zum anderen<br />
die gleichzeitig vorhandene Gefährdung durch externe Stressoren<br />
zu veranschaulichen. Hinsichtlich der intrinsischen Mechanismen gelang<br />
es eine Verbindung zwischen der altersassoziierten Dysregulation<br />
physiologischer Systeme <strong>und</strong> dem Frailty-Syndrom aufzuzeigen. Eine<br />
Zunahme der allostatischen Last, welche anhand von Biomarkern der<br />
kardiovaskulären, endokrinen, immunologischen <strong>und</strong> metabolischen<br />
Funktionen quantifiziert wurde, ist mit einem Anwachsen des Frailty-<br />
Risikos verb<strong>und</strong>en. Es scheint aufgr<strong>und</strong> dieser Erkenntnisse nun möglich,<br />
die Gefährdung für das Auftreten von Frailty <strong>und</strong> damit für einen<br />
Verlust an biologischer Stabilität frühzeitig zu erfassen. Hinsichtlich<br />
der Wechselwirkung zwischen Organismus <strong>und</strong> Krankheiten im Alter<br />
lassen sich nahezu ausnahmslos nur negative Stresseffekten nachweisen.<br />
Dabei sind sowohl eine Vielzahl einzelner Krankheitsentitäten als<br />
auch die kumulative Krankheitslast mit einem höheren Frailty-Risiko<br />
verb<strong>und</strong>en. Diese Assoziation ist für einzelne Erkrankungen stärker<br />
als für andere. Die jeweilige destabilisierende Wirkung unterscheidet<br />
sich somit beträchtlich. Betrachtet man nun die körperliche Aktivität<br />
als wohl wichtigste präventive Maßnahmen im Alter, so lässt sich<br />
feststellen, dass diese bei Einstieg in ein Trainingsprogramm mit einer<br />
Aktivierung entzündlicher Parameter verb<strong>und</strong>en ist, während sich mittelfristig<br />
ein Abfall derselben auf Werte unterhalb des Ausgangsniveaus<br />
nachweisen lässt. Hiermit findet sich für den älteren Organismus zumindest<br />
im Bereich der Prävention ein Beispiel für den nützlichen Effekt<br />
einer kontrollierten Stressinduktion, welche mittelfristig zu einer<br />
vermehrten Stabilisierung der Organismus beitragen kann.<br />
0308<br />
Stress im Alltag: Mit den Jahren mehr Gelassenheit?<br />
O. Schilling<br />
Universität Heidelberg, Abteilung für Psychologische <strong>Alternsforschung</strong> ,<br />
Heidelberg, Deutschland<br />
Die psychologische Stressforschung hat mehrfach den engen Zusammenhang<br />
zwischen der kurzfristigen (täglichen) intraindividuduellen<br />
Variabilität von Stress <strong>und</strong> negativem Affekt (NA) belegt. Einige Studien<br />
fanden eine Abnahme dieser affektiven „Stressreaktivität“ im höheren<br />
Alter, insgesamt sind die Bef<strong>und</strong>e zu solchen Altersunterschieden<br />
inkonsistent. Der vorliegende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über<br />
diese Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> eigene Analysen zu dem diesbezüglich kaum untersuchten<br />
Effekt von Stressakkumulationen in der intraindividuellen alltäglichen<br />
„Verteilung“ der Stressoren.<br />
Es wurde untersucht, ob solche Verdichtung von Stress die affektive<br />
Vulnerabilität steigert <strong>und</strong> ob mit dem Alter diese Vulnerabilität steigt<br />
oder sinkt. Analysiert wurden Maße des täglichen Stress <strong>und</strong> NA aus<br />
der Daily Stress Interview Study (30 Studientage, n=289, Alter 18–89).<br />
Ein Index der intraindividuell über die Studientage variierenden Stressakkumulation<br />
wurde berechnet <strong>und</strong> mit Multilevel-Regressionsanalysen<br />
als Prädiktor des täglichen NA analysiert. Die Ergebnisse belegen<br />
einen spezifischen Effekt der Höhe der Stressakkumulation bis zum<br />
jeweiligen Studientag, zusätzlich zum zeitgleich am Studientag erlebten<br />
Stress. Der moderierende Effekt des Lebensalters zeigt eine reduzierte<br />
Reaktivität auf Stressakkumulation mit ansteigendem Alter.<br />
Somit könnte im Alter eine verbesserte Fähigkeit affektiver Stressregulation<br />
– im Sinne von “Gelassenheit” durch Minimierung negativer