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Alles doppelt bei IntactGP: Reifen für SC (Sandro Cortese)<br />
und JF (Jonas Folger); Luftdruck- und Temperatur-Monitor<br />
(unten) der Pneus in der Klimakammer, zwei Motorräder<br />
in der Box (rechts), zwei neue Chefmechaniker.<br />
Nur Teamchef Jürgen Lingg (unten) bleibt ein Unikat:<br />
„Wir sehen bereits, dass sich zwischen den beiden Fahrern<br />
eine gesunde Konkurrenz entwickelt“<br />
Sandro Cortese und Jonas Folger bei IntactGP<br />
halbe Sekunde hinter Weltmeister Johann Zarco zurück, dessen<br />
Kalex sich nur durch die verwendeten WP-Fahrwerkskomponenten<br />
von den mit Öhlins-Teilen bestückten Bikes des Intact-Teams unterscheidet.<br />
Beide Fahrer blieben unter dem offiziellen Rundenrekord<br />
– allerdings auf einem weichen Hinterradreifen. Sandro Cortese<br />
war 1,3 Sekunden langsamer als Zarco, wobei die Aussagekraft<br />
von Rundenzeiten in dieser Phase der Vorsaison eher gering ist.<br />
Trotzdem gilt für Jonas Folger: einfach so weitermachen.<br />
Sandro Cortese braucht dagegen eine Trendwende. Nachdem<br />
er 2012 die Moto3-WM gewonnen hatte, war das Intact-Team von<br />
Freunden für ihn allein gegründet und um ihn herum aufgebaut<br />
worden. Für den Umstieg in die Moto2-Klasse war ein Dreijahresplan<br />
aufgestellt worden, auch weil Cortese sich den Ruf erworben<br />
hatte, für Umstellungen wie einen Klassenwechsel etwas länger<br />
zu brauchen. Dann aber, am Ende des dritten Jahres, sollte der<br />
26-Jährige um den Titel mitkämpfen – so zumindest die Hoffnung<br />
von Jürgen Lingg und seinen Mitstreitern.<br />
Stattdessen steht 2015 ein elfter Platz zu Buche, ein Rückschritt<br />
im Vergleich zum Vorjahr. Cortese weiß, dass er liefern muss. „Mir ist<br />
klar, dass ich mit dem Team nicht in die vierte Saison gehen kann<br />
nach dem Motto: Schau’n wir mal, was passiert. Wenn’s gut läuft, ist<br />
es super, wenn nicht, probieren wir es nächstes Jahr noch einmal.“<br />
Stimmt. Denn einen neuen Dreijahresplan, der Cortese Sicherheit<br />
für die Zukunft gibt, der ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit der<br />
Mannschaft garantiert, der den Fortbestand der bisherigen Wohlfühlatmosphäre<br />
festschreibt – alles Dinge, die Cortese schätzt –,<br />
wird es nicht geben. „Sandro und Jonas haben jetzt Einjahresverträge“,<br />
sagt Jürgen Lingg, „das wurde einvernehmlich entschieden.“<br />
Offiziell, um die Fahrer nicht an das Team zu binden, sollten sich<br />
anderswo bessere Chancen für sie ergeben. „Jonas hat aber die<br />
Möglichkeit, den Vertrag um ein Jahr zu verlängern“, so Lingg,<br />
„er kann aber auch nach einem Jahr aussteigen.“ Klar, dass sich<br />
das Team mit kürzeren Vertragslaufzeiten auch ein Höchstmaß an<br />
Flexibilität für weitere Planungen sichert.<br />
Nebenbei wird der Druck auf Sandro Cortese erhöht, nicht nur<br />
durch die kurze Vertragsdauer, sondern auch durch den neu<br />
installierten Teamkollegen. „Damit waren alle einverstanden, auch<br />
Sandro“, betont Jürgen Lingg, der freilich noch weitere Gründe für<br />
die Verdoppelung seines fahrenden Personals hatte. „Wir haben<br />
auch von Sponsoren diesbezügliche Anfragen bekommen, und<br />
viele bezahlen jetzt auch mehr“, räumt Lingg ein. Doppelt hält<br />
besser: Sollte sich ein Fahrer im Training verletzen und ausfallen,<br />
gibt es immer noch einen zweiten, der die Werbebotschaften der<br />
Geldgeber durchs Rennen kutschieren kann.<br />
Corteses Zustimmung zu einem Teamkollegen könnte jedoch<br />
auch damit zusammenhängen, dass er um seine Situation weiß<br />
und jetzt nach jedem Rettung versprechenden Strohhalm greift –<br />
und wenn es der Feind im eigenen Lager ist. „Es ist schön, wenn<br />
alle Augen auf einen gerichtet sind – solange es gut läuft. Wenn es<br />
dann mal nicht so gut läuft, ist es umso schlimmer“, sagt er zum<br />
Thema Einmannteam und zählt Argumente für die neue Orientierung<br />
auf: „Das Team musste etwas tun, um sportlich weiterzukommen.<br />
Zweimannteams sind im Rennsport normal. Man will ja immer<br />
schneller sein als der Teamkollege, das kann uns ja nur nach vorne<br />
bringen.“ Doch der Motivationsschub durch den Konkurrenten in<br />
der eigenen Garage wird nicht reichen, Cortese muss auch selbst<br />
etwas tun.<br />
Das ist gerade in der Moto2-Klasse gar nicht so einfach, weil<br />
Einheitsmotoren verwendet werden müssen, die weitaus meisten<br />
Teams auf Kalex-Chassis setzen und die Motorräder daher alle<br />
fast gleich schnell sind, wenn das Rennen einmal läuft. „Wer in der<br />
Moto3-Klasse nach einem schlechten Start nur Sechster ist, kann<br />
aus eigener Kraft immer noch das Rennen gewinnen“, sagt Cortese,<br />
„wenn du in der Moto2-Klasse von Platz zehn starten musst, ist<br />
das Rennen so gut wie gelaufen.“ Pro Runde könne man ein, zwei<br />
Zehntelsekunden aufholen, bevor ein Zwei-Sekunden-Rückstand<br />
abgearbeitet werden kann, ist das Rennen meist zu Ende.<br />
Jonas Folger im Angriffsmodus: Zweitschnellster beim ersten Test<br />
124 SPORT<br />
5/<strong>2016</strong>