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MOTORRAD 05/2016

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Guatemala & Belize<br />

unterwegs, oft spielt sich das Leben direkt<br />

auf der Straße ab, hier und da ein comedor,<br />

die Frittenbude auf guatemaltekisch. Es<br />

geht stetig abwärts, wird immer grüner und<br />

wärmer, das Hochland liegt hinter uns. Die<br />

letzte steile Abfahrt, und wir sind im Tiefland<br />

des Petén angekommen, das erst in<br />

Belize und in Mexiko an der Karibik endet.<br />

In diesem riesigen Dschungelgebiet lebten<br />

zwischen 200 und 900 n. Chr. die Maya, ein<br />

selbst nach heutigen Maßstäben sehr gebildetes<br />

Volk. Die Maya konnten die Länge<br />

eines Jahres fast minutengenau berechnen,<br />

sie wussten, dass eine Mondphase 29,52<br />

Tage dauert, und beschrieben komplexe<br />

astronomische Vorgänge. Die berühmteste<br />

Stadt ihrer Hochkultur ist Tikal, deren Ruinen<br />

sich mitten im Dschungel verstecken.<br />

Es ist noch dunkel früh um halb sechs,<br />

als wir per Stirnlampe den Weg zu den<br />

Tempeln suchen. Plötzlich ein markerschütterndes<br />

Brüllen. Hat der Tyrannosaurus Rex<br />

hier überlebt? Es sind Brüllaffen, gegen die<br />

ein Löwe wie ein schnurrendes Kätzchen<br />

klingt. Längst dämmert es, als wir die letzten<br />

Stufen hinauf zum 68 Meter hohen<br />

Tempel IV keuchen. Oben angekommen,<br />

überwältig uns die Magie des Augenblicks.<br />

Geisterhafte Nebelschwaden wabern über<br />

den endlosen Hügelketten des Regenwalds,<br />

der sich bis zum Horizont nach Belize<br />

ausbreitet. Nur die Spitzen von drei Maya-<br />

Tempeln ragen aus dem grünen Meer der<br />

Bäume. Genau dahinter taucht der rote Ball<br />

der Sonne auf. Maximale Gänsehaut.<br />

Tags darauf Belize, ein völlig anderes<br />

Land. Postkoloniale englische Lebensart,<br />

gepflegter Rasen statt wilder Müllberge,<br />

Land Rover statt Land Cruiser, Tee statt<br />

Kaffee, Englisch statt Spanisch, Gallonen<br />

statt Liter, Schwarze statt Latinos. Eine<br />

Neugieriger, immer hungriger<br />

Nasenbär in den Ruinen<br />

von Tikal. Die Grenze<br />

ist geschafft: Zur Belohnung<br />

wartet in El Salvador<br />

ein „echtes Pilsener“.<br />

Gesundes „Fast Food“<br />

am Straßenrand: Wassermelonen<br />

werden in handlichen<br />

Scheiben verkauft<br />

(von oben nach unten)<br />

Der aktive Vulkan Santiaguito bricht<br />

aus. Daneben sein großer Bruder,<br />

der 3770 Meter hohe Santa Maria<br />

bunte Welt, Multikulti. Die Palmenstrände<br />

bei Dangriga vernebelt fieser Nieselregen,<br />

der unsere Klischee-Bilder der Karibik ertränkt.<br />

Karibik-Feeling? Nicht hier und heute.<br />

Trotzdem hat der Regen auch was Gutes,<br />

jedenfalls für den, der Schlamm mag. Denn<br />

als wir auf den Coastal Highway abbiegen,<br />

werden wir mit einer roten Lateritpiste<br />

belohnt, die sich durch den sattgrünen<br />

Dschungel zieht und mit Pfützen jeglicher<br />

Größe und Tiefe verziert ist. Unsere Enduros<br />

baggern sich tapfer durch den Modder,<br />

sind schon bald mit einer fetten Schlammschicht<br />

überzogen. Kein anderes Fahrzeug<br />

begegnet uns, die fahren alle den weiten<br />

Umweg über die gute Teerstraße. Sie wissen,<br />

warum. Wir spielen lieber im Dreck.<br />

Und an die morgige Grenze nach Mexiko<br />

denken wir noch lange nicht. Ob wir die<br />

Mopeds vorher noch mal waschen sollten?<br />

Vielleicht. Mañana.<br />

www.motorradonline.de/unterwegs<br />

Infoteil auf Seite 92 <br />

5/<strong>2016</strong>

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