Altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Mai/Juni 2016

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Seit zehn Jahren „Public Viewing“ in der Schloßberghalle Gemeinsam Jubeln ist am schönsten Peiting | Es läuft die 113. Spielminute im altehrwürdigen Maracanã- Stadion von Rio de Janeiro. Andre Schürrle hebt den Ball in den Strafraum, wo ihn Mario Götze mit der Brust annimmt und Deutschland zum vierten Weltmeistertitel schießt. Der 13. Juli 2014 ist allen Fußballfans noch bestens präsent: Der vom Spiel gezeichnete Bastian Schweinsteiger wird zum Gesicht einer ganzen Nation, Joachim Löw der vierte „Weltmeister-Trainer“ in der Geschichte der Bundesrepublik. In ganz Deutschland liegen sich die Fans in den Armen — so auch in der proppenvollen Peitinger Schloßberghalle. „Das war schon der Wahnsinn“, erinnert sich Stefan Jocher, erster Vorsitzender des Fußballfördervereins in Peiting. Gemeinsam mit seinen Mitstreitern organisiert er seit 2006 das „Public Viewing“ in der Schloßberghalle und blickt seither auf eine wahre Erfolgsgeschichte zurück. Zunächst als Party mit anschließendem Barbetrieb und Musik geplant, musste das Konzept rasch überdacht werden, wie Jocher schmunzelnd zugibt. „Wir hatten schlichtweg die Autokorsos nicht bedacht“, spricht er die Tatsache an, dass sich die meisten Fans bei erfolgreichem Ergebnis ziemlich rasch Richtung Schongauer Marienplatz aufmachten. Meilenstein des Fördervereins Dennoch sei der Entschluss, ein öffentliches Public Viewing in der Marktgemeinde anzubieten, eine der besten Entscheidungen in der Geschichte des Vereins gewesen. Seit mittlerweile 15 Jahren unterstützt der Förderverein den Nachwuchs der Fußballabteilung in Peiting finanziell. Mit rund 90 000 Euro konnte seit der Gründung im Jahr 2001 der Hauptverein entlastet werden. Die Unterstützung gilt dabei laut Satzung einzig den jungen Fußballerinnen und Fußballern. Der Förderverein hat sich „als feste Größe etabliert“, wie Reinhold Ziegler bestätigt, der als Kassier für die Finanzen verantwortlich ist. „Ohne den Förderverein wäre der Jugendfußball in dieser Form in Peiting wohl nur noch schwer möglich“, berichtet er mit Blick auf zahlreiche Projekte, die im Laufe der Zeit bezuschusst wurden. Ob Bälle, Tore, Ausflüge, Weihnachtsfeiern oder Trainingslager — der Förderverein hat zumeist mit einer finanziellen Spritze seine Finger im Spiel. 2007 hat die Mitgliederzahl erstmals die Hundertermarke durchbrochen und hält sich seitdem konstant darüber. Derzeit sind es 113 Personen, überwiegend Eltern oder externe Gönner. Ein großer Teil davon sind auch heutige Spieler aus den Herren- oder Damenmannschaften. „Sie haben, während sie in der Jugend spielten, vom Förderverein profitiert und geben jetzt freiwillig etwas zurück“, freut sich Jocher darüber, dass „die Spieler das nicht vergessen“. Die nötigen Gelder für die Unterstützung akquiriert der Verein aus den jährlichen Mitgliedsbeiträgen von 36 Euro — also drei Euro pro Monat — sowie Spenden. Eine Spendenquittung kann jederzeit ausgestellt werden, da der Verein als gemeinnützig anerkannt ist. Überschaubares Risiko, wenig Erfahrung Um weitere Möglichkeiten auszuschöpfen, wurde die Idee des „Public Viewings“ in der Schloßberghalle geboren. „Wir gingen ganz unbedarft an die Sache heran“, berichtet Schriftführerin Inge Woiwode, seit zehn Jahren dabei, von den Vorbereitungen zur WM 2006. Finanziell sei man kein großes Risiko eingegangen. „Es war ein Versuch; das ‚Public Viewing‘ kam eigentlich erst so richtig mit dem Sommermärchen auf“, ergänzt Jocher, der mittlerweile die erste Mannschaft in Peiting trainiert. Dass es zunächst etwas an Erfahrung fehlte, zeigt eine Geschichte während der WM 2006, die den Verantwortlichen auch zehn Jahre später noch so manche Schweißperle ins Gesicht treibt: Da der damalige Abiturball in der Schloßberghalle stattfand, wich man für das anstehende Viertelfinalspiel gegen Argentinien in das Eisstadion aus. Obwohl das Equipment in den Tagen zuvor mehrfach getestet wurde, fiel das Signal knapp eine Stunde vor dem Spiel aus. Fieberhaft wurde nach dem Problem gesucht. Nervosität machte sich breit, die ersten verließen bereits die Halle in der Sorge, die Begegnung zu verpassen. Ein Techniker wurde bestellt, der die Ursache ausmachen konnte: Die Satellitenschüssel war in der Nacht zuvor beschädigt worden. Nachdem eine benachbarte Schüssel angezapft werden konnte, fielen Jocher „zentnerweise Steine vom Herzen“, wie er auch ein Jahrzehnt später noch erleichtert feststellt. Pünktlich zu den Nationalhymnen setzte das 54 | der altlandkreis
Neue genau schauen, was man darf und was nicht“, so Ziegler. Für die grandiose Stimmung bei den Veranstaltungen hat natürlich die Nationalmannschaft einen wesentlichen Teil beigetragen. Angefangen mit dem Sommermärchen bei der WM im eigenen Land, „hat uns die Mannschaft stets die maximale Anzahl der Spiele beschert“, wie Jocher resümiert. Einzig das EM-Finale 2012 fand ohne deutsche Beteiligung statt, ansonsten war es stets mindestens das Spiel um Platz drei. Die Krönung war schlussendlich der Weltmeistertitel 2014, welcher auch dem Förderverein „einen Rekordumsatz einbrachte“, wie Reinhold Ziegler bestätigt. Das Geld, welches ausschließlich mit dem Ausschank von Getränken und dem Angebot kleiner Snacks eingenommen wurde, wurde längst wieder in den Nachwuchs investiert. Der Eintritt zum „Public Viewing“ ist immer frei. Nicht zuletzt deshalb tummeln sich stets zahlreiche Kinder und Jugendliche in den ersten Reihen. Auch weil es „bisher immer friedlich geblieben ist“, worüber sich Inge Woiwode besonders freut. Genauso soll es weitergehen, wenn Deutschland am Sonntag, 12. Juni, um 21 Uhr gegen die Ukraine in die Europameisterschaft startet. Schließlich jubelt es sich gemeinsam einfach am schönsten. tis Gemeinsam gebannt auf die Leinwand starren wie hier beim erstmaligen Public Viewing in der Schloßberghalle bei der WM 2006. > > > VERANSTALTUNGSTIPP Bild samt Ton wieder ein — großer Jubel schon vor dem Anpfiff. Die Deutsche Mannschaft, inklusive Miroslav Klose, Jens Lehmann und dem „Zettel der Nation“ tat in einem denkwürdigen Elfmeterschießen ihr Übriges. Halle bereits zwei Jahre im Voraus reserviert Seither wird die Schloßberghalle bereits zwei Jahre im Voraus reserviert. Der organisatorische Aufwand ist enorm. Neben Auf- und Abbau, Verkauf und Reinigung, müssen einige rechtliche Aspekte bedacht werden: Hallenmiete, GEZ, GEMA, Versicherungen, Ordner und Gaststättenerlaubnis. „Die Gemeinde kommt uns immer sehr entgegen“, spricht Reinhold Ziegler das gute Verhältnis zum Markt Peiting an. Weitaus mehr Probleme bereiten da die Auflagen seitens der Fußballverbände FIFA und UEFA. „Da muss man schon jedesmal aufs Die öffentliche Europameisterschaft in Peiting Die Spiele der deutschen Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft 2016 werden auch diesmal auf einer Großbildleinwand in der Schloßberghalle übertragen. Der Eintritt ist wie immer frei. Für das leibliche Wohl ist gesorgt, der Erlös fließt ausschließlich in den Nachwuchs der Fußballabteilung Peiting. Gemeinsam jubeln für den guten Zweck. Der FA-Förderverein lädt alle Fans der Nationalelf ein: Sonntag, 12. Juni, 21.00 Uhr: Deutschland — Ukraine Donnerstag, 16. Juni, 21.00 Uhr: Deutschland — Polen Dienstag, 21. Juni, 18.00 Uhr: Nordirland — Deutschland Der Einlass zu allen Begegnungen ist etwa eine Stunde vor Spielbeginn. Die weiteren Termine zum „Public Viewing“ ergeben sich mit dem Abschneiden der deutschen Mannschaft. mai / juni 2016 | 55
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