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Altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Mai/Juni 2016

Maibaumaufstellen im Schongauer Land - Die Feuerwehrler Hubert Wasl und Werner Berchtold auf der Roten Couch - Die Bildungsstätte Langau - Füllfederhalter aus Holz, made bei uns - Schüler aus der Region bei Jugend forscht - das private Kutschenmuseum von Johann Hartmann - Das Ehrenamt beim Roten Kreuz - 70 Jahre Trachtenverein Rottachtaler - Offene Gartentür in Birkland und Schwabsoien - Public Viewing in der Schloßberghalle Peiting zur Fußball-EM - Das Projekt Transalp am Gymnasium Schongau - Worauf kommt es bei einer Bewerbung an? - Heimaträtsel mit Wappenkunde - Veranstaltungskalender über 2 Monate

Maibaumaufstellen im Schongauer Land - Die Feuerwehrler Hubert Wasl und Werner Berchtold auf der Roten Couch - Die Bildungsstätte Langau - Füllfederhalter aus Holz, made bei uns - Schüler aus der Region bei Jugend forscht - das private Kutschenmuseum von Johann Hartmann - Das Ehrenamt beim Roten Kreuz - 70 Jahre Trachtenverein Rottachtaler - Offene Gartentür in Birkland und Schwabsoien - Public Viewing in der Schloßberghalle Peiting zur Fußball-EM - Das Projekt Transalp am Gymnasium Schongau - Worauf kommt es bei einer Bewerbung an? - Heimaträtsel mit Wappenkunde - Veranstaltungskalender über 2 Monate

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Im privaten Kutschenmuseum von Johann Hartmann<br />

Der Sammler mit <strong>den</strong> sieben Berufen<br />

Schwabsoien | <strong>Das</strong> Kutschenmuseum<br />

von Johann Hartmann gehört<br />

zu <strong>den</strong> bemerkenswertesten<br />

Privatmuseen in Süddeutschland.<br />

Der emsige Sammler und autodidaktische<br />

Restaurator besitzt<br />

rund 70 Kutschen: „<strong>Das</strong> ermöglicht<br />

Wechselausstellungen nach<br />

Themen, nach Jahreszeiten — es<br />

lohnt sich immer wieder, vorbeizukommen,<br />

man sieht nicht immer<br />

das Gleiche“, sagt Hartmann.<br />

Er sperrt auf telefonische Anfrage<br />

auf, Gruppen, Schulklassen oder<br />

Interessierte können Führungen<br />

vereinbaren. Am Pfingstmontag,<br />

wenn Schwabsoien zum jährlichen<br />

Mühlentag ruft, ist das<br />

Museum ganztägig geöffnet und<br />

viertelstündlich fin<strong>den</strong> Führungen<br />

statt.<br />

Neustes Highlight ist ein Pferdeomnibus<br />

<strong>für</strong> elf Personen, einst<br />

gefertigt in Mühlheim an der Ruhr.<br />

Hotels chauffierten darin ihre Gäste,<br />

Wohlhabende unternahmen<br />

Ausflüge mit ihm. Der Omnibus<br />

stand in <strong>den</strong> Filmstudios Babelsberg<br />

bei Potsdam, wo Hartmann<br />

ihn entdeckte. Die Restaurierung<br />

nahm ihn voriges Jahr über 1 000<br />

Arbeitsstun<strong>den</strong> in Anspruch. Pro<br />

Jahr schafft er, ein bis zwei Fahrzeuge<br />

wiederherzurichten — optisch,<br />

technisch, stets fahrbereit.<br />

Eine zweite Besonderheit, ebenfalls<br />

im Babelsberger Fundus<br />

aufgetaucht und 2005 restauriert,<br />

ist ein roter Deutscher Buggy mit<br />

Rädern aus weißem Hartgummi,<br />

gebaut um 1885. Auf diese Rarität<br />

ist Hartmann stolz: „Buggys sind<br />

eigentlich typisch amerikanische<br />

Fahrzeuge, die nur vereinzelt in<br />

Europa gebaut wur<strong>den</strong>. Einen<br />

deutschen Buggy habe ich bis jetzt<br />

noch in keiner anderen Sammlung<br />

gesehen.“ Vermutlich gehörte das<br />

Fahrzeug einem Gutsbesitzer in<br />

Ostpreußen.<br />

Der letzte Postillon<br />

von Wildsteig<br />

Gar nicht weit in die Ferne schweifen<br />

musste er <strong>für</strong> eine kleine<br />

Die kleine Postkutsche verkehrte bis 1950 zwischen Rottenbuch und<br />

Wildsteig und drohte, unter freiem Himmel zu verrotten.<br />

34 | der altlandkreis<br />

Postkutsche, die er 2006 restauriert<br />

hat. <strong>Das</strong> Fahrzeug rottete in<br />

Wildsteig im Freien vor sich hin.<br />

Nachfragen ergaben, dass es bis<br />

1950 zwischen Rottenbuch und<br />

Wildsteig verkehrte. „Letzter Postillon<br />

war Max Bertl aus Wildsteig,<br />

geboren 1904. Er fuhr die Postkutsche<br />

24 Jahre lang“, hat Hartmann<br />

herausgefun<strong>den</strong>. In eine andere<br />

Kategorie gehört eine Glasberline,<br />

wiederum aus Babelsberg. In der<br />

prächtigen, vierspännigen Kutsche<br />

mit „Lakaiensitz“ unternahmen<br />

Kirchen<strong>für</strong>sten Repräsentationsfahrten.<br />

Besonders an ihr sind die<br />

Laternen — wie im Museum überhaupt<br />

mehr als 160 verschie<strong>den</strong>e<br />

Laternentypen hängen. Viele davon<br />

hat Hartmann instandgesetzt,<br />

weil ihm auch wichtig ist, dass an<br />

jeder Kutsche die richtigen Laternen<br />

angebracht sind.<br />

Bis zu sieben Handwerkszweige<br />

waren früher im Kutschenbau<br />

vereint: Stellmacher, auch Wagner<br />

genannt, Schlosser, Schmiede,<br />

Schreiner, Lackierer, Sattler und<br />

Feinblechner, die Gürtler. All ihre<br />

Fertigkeiten hat Hartmann sich<br />

über die Jahre angeeignet: „Anfangs<br />

beschäftigte ich mich hauptsächlich<br />

mit dem Holz, heute kann<br />

ich schweißen, lackieren und auch<br />

Polsterungen erledigen.“ Seit er<br />

1979 die erste Kutsche erwarb,<br />

sammelt er Bücher und Kataloge,<br />

um Wissen und Können zu erweitern<br />

und „restauratorische Standards“<br />

zu erfüllen. Seine Kutschen<br />

sollen musealen Ansprüchen genügen.<br />

Bestes Lehrbuch sei „Der<br />

Wagenfabrikant“, ein Bildband<br />

mit Beschreibungen aus der Zeit<br />

um 1900, der 1983 als Nachdruck<br />

erschien. Die hölzernen Oberflächen<br />

seiner Kutschen lackiert<br />

Ein neues Exponat ist der Pferdeomnibus <strong>für</strong> elf Personen aus dem<br />

Rheinland, restauriert wurde er 2015.<br />

Hartmann von Hand: Grundierung,<br />

Anschliff, danach bis zu fünf<br />

Lackschichten, hierauf erfolgt die<br />

Linierung und schließlich wird das<br />

Ganze mit Klarlack überzogen. Die<br />

Kutschen lagern deshalb klimatisiert:<br />

„Wärme und Kälte setzt dem<br />

Holz zu, bei zu schnellen Temperaturschwankungen<br />

kann die Lackschicht<br />

reißen, im schlimmsten<br />

Fall springt das Holz.“<br />

Selbst in Glas hat sich Hartmann<br />

vertieft, ein Glaser in Peiting steht<br />

ihm bei „Spezialsachen“ zur Seite.<br />

Etwa beim Facettenschliff, der die<br />

Kanten der Scheiben abschrägt,<br />

mit dem die Fahrgastkabinen<br />

herrschaftlicher Gefährte verglast<br />

waren. Zu fin<strong>den</strong> ist der Schliff<br />

heute an Wandspiegeln. Eine Herausforderung<br />

war, eine gebogene<br />

Scheibe eines sogenannten Dreiviertel-Coupés<br />

zu ersetzen. Neue<br />

Sonderanfertigungen hätten pro<br />

Stück rund 1 000 D-Mark gekostet.<br />

Im Brennofen eines Schwabsoier<br />

Keramikkünstlers gelang es, aus<br />

herkömmlichem Fensterglas neue<br />

Kutschenscheiben zu biegen. „<strong>Das</strong><br />

Metallmodell stellte ich selber her,<br />

ich musste nur noch die Stromkosten<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> Brennofen bezahlen“,<br />

erinnert sich Hartmann.<br />

Auch im Polstern mit Rosshaar,<br />

Seegras und Leinen ist der pensionierte<br />

Bahnbeamte nun bewandert.<br />

Bei einer Reise in die<br />

ehemalige DDR erstand er in ei-

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