Altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Mai/Juni 2016
Maibaumaufstellen im Schongauer Land - Die Feuerwehrler Hubert Wasl und Werner Berchtold auf der Roten Couch - Die Bildungsstätte Langau - Füllfederhalter aus Holz, made bei uns - Schüler aus der Region bei Jugend forscht - das private Kutschenmuseum von Johann Hartmann - Das Ehrenamt beim Roten Kreuz - 70 Jahre Trachtenverein Rottachtaler - Offene Gartentür in Birkland und Schwabsoien - Public Viewing in der Schloßberghalle Peiting zur Fußball-EM - Das Projekt Transalp am Gymnasium Schongau - Worauf kommt es bei einer Bewerbung an? - Heimaträtsel mit Wappenkunde - Veranstaltungskalender über 2 Monate
Maibaumaufstellen im Schongauer Land - Die Feuerwehrler Hubert Wasl und Werner Berchtold auf der Roten Couch - Die Bildungsstätte Langau - Füllfederhalter aus Holz, made bei uns - Schüler aus der Region bei Jugend forscht - das private Kutschenmuseum von Johann Hartmann - Das Ehrenamt beim Roten Kreuz - 70 Jahre Trachtenverein Rottachtaler - Offene Gartentür in Birkland und Schwabsoien - Public Viewing in der Schloßberghalle Peiting zur Fußball-EM - Das Projekt Transalp am Gymnasium Schongau - Worauf kommt es bei einer Bewerbung an? - Heimaträtsel mit Wappenkunde - Veranstaltungskalender über 2 Monate
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8 715 Heimatvertriebene im Schongauer Land: Integration anno 1946<br />
Flüchtlinge ein Viertel der Bevölkerung<br />
<strong>Altlandkreis</strong> | Jeder Vierte im<br />
Schongauer Land war im Jahre<br />
1946 ein Heimatvertriebener — ein<br />
Flüchtling. Wie aus einer umfangreichen<br />
Volks- und Berufszählung<br />
des Statistischen Landesamtes<br />
Bayern vom 29. Oktober 1946 hervorgeht,<br />
waren im kleinen Landkreis<br />
Schongau 8715 Personen<br />
gestrandet, die von Ausweisungsmaßnahmen<br />
in <strong>den</strong> einstigen<br />
deutschen Ostgebieten betroffen<br />
waren.<br />
Die statistischen Erfassungen sind<br />
auch 70 Jahre später eine interessante<br />
Lektüre und im Hinblick auf<br />
die aktuelle Situation sehr aufschlussreich.<br />
<strong>Das</strong> 63 Seiten umfassende Zahlenwerk<br />
über die damalige Situation<br />
in Bayern ist ein Paradebeispiel<br />
deutscher Gründlichkeit. Im heutigen<br />
Computer-Zeitalter ist nur<br />
noch zu erahnen, mit wie viel<br />
Akribie die Statistiker einst vorgegangen<br />
sind.<br />
Wie im Vorwort zu lesen ist, war<br />
Bayern das erste Bundesland, das<br />
eine detaillierte Aufstellung der<br />
Flüchtlingssituation erarbeitete,<br />
andere statistischen Landesämter<br />
folgten.<br />
Flüchtlinge in Bayern, bis zur<br />
Veröffentlichung im Juli 1948 war<br />
die Zahl auf 1,86 Millionen angestiegen.<br />
Die größte Gruppe der Vertriebenen<br />
mit 872 000 Personen kam<br />
aus der Tschechoslowakei, dann<br />
folgten 534 000 Flüchtlinge aus<br />
<strong>den</strong> ehemaligen Reichsgebieten<br />
östlich der Oder und Neiße.<br />
Aber auch aus Jugoslawien, Österreich,<br />
Polen, Rumänien, der<br />
Sowjetunion oder Ungarn kamen<br />
Deutschstämmige nach Bayern.<br />
Mehr als ein Drittel der 1,66 Millionen<br />
Flüchtlinge in Bayern waren<br />
jünger als 20 Jahre. Bei <strong>den</strong><br />
Älteren fällt auf, dass der Anteil<br />
der Frauen wesentlich höher war<br />
als der Männer. Oft waren die an<br />
der Front gefallen oder vermisst.<br />
Detailliert ist in der Statistik aufgelistet,<br />
wie die 1,66 Millionen<br />
Flüchtlinge in Bayern verteilt<br />
wur<strong>den</strong>. Den größeren Städten<br />
München, Augsburg, Ingolstadt<br />
oder Regensburg wur<strong>den</strong> im<br />
Verhältnis zur Wohnbevölkerung<br />
wesentlich weniger Flüchtlinge<br />
zugewiesen. Verständlich angesichts<br />
der Kriegszerstörungen.<br />
So trugen die größere Last die<br />
ländlichen Regionen — auch der<br />
damalige Landkreis Schongau:<br />
Die 8 715 Flüchtlinge machten<br />
einen Anteil an der Wohnbevölkerung<br />
von 23,7 Prozent aus. Im<br />
bayerischen Durchschnitt lag der<br />
Flüchtlingsanteil bei 18,9 Prozent.<br />
Mit über 5 000 Personen kam die<br />
größte Gruppe auch im Landkreis<br />
Schongau aus dem Sudetenland,<br />
das in der Statistik als Tschechoslowakei<br />
bezeichnet wurde.<br />
Grundlage <strong>für</strong><br />
Entscheidungen<br />
Äußerst interessant ist, dass die<br />
Berufsstände in Vergleich mit<br />
<strong>den</strong> bayerischen Erwerbstätigen<br />
gesetzt wur<strong>den</strong>: Im Jahr 1946 waren<br />
in Bayern 37 Prozent der Erwerbspersonen<br />
in der Land- und<br />
Forstwirtschaft tätig. Bayern war<br />
damals ein Agrarstaat. Bei <strong>den</strong><br />
Heimatvertriebenen machte dieser<br />
Berufsstand nur 27 Prozent<br />
aus. Da<strong>für</strong> waren 41,6 Prozent der<br />
Flüchtlinge in ihrer früheren Heimat<br />
in Industrie oder Handwerk<br />
beschäftigt, während von <strong>den</strong><br />
Bayern nur 33,9 Prozent in diesen<br />
Branchen tätig waren.<br />
<strong>Das</strong> umfangreiche Zahlenwerk<br />
der Volks- und Berufszählung<br />
diente damals dem Staatssekretär<br />
<strong>für</strong> das Flüchtlingswesen, dem<br />
„Hauptausschuss der Flüchtlinge<br />
und Ausgewiesenen“ sowie dem<br />
Gewerkschaftsbund als Grundlage<br />
<strong>für</strong> weitere Entscheidungen. rg<br />
Erste detaillierte<br />
Aufstellung in Bayern<br />
„In dieser Zählung sind Stärke<br />
und Zusammensetzung des Personenkreises<br />
erfasst, der eines<br />
der schwerwiegendsten Probleme<br />
der Nachkriegszeit bildet“,<br />
schrieb Dr. Wagner, der Präsi<strong>den</strong>t<br />
des Statistischen Landesamtes<br />
Bayern im Vorwort, als das Heft<br />
1948 veröffentlicht wurde. Zum<br />
Zeitpunkt der Erhebung im Oktober<br />
1946 waren 1,66 Millionen<br />
48 | der altlandkreis<br />
Diese Grafik zeigt die Verteilung der Flüchtlinge auf die Landkreise.<br />
Schongau hat einen relativ hohen Flüchtlingsanteil.<br />
Mit diesem Schaubild wurde 1946 aufgezeigt, aus welchen Gebieten die<br />
einzelnen Flüchtlingsgruppen stammten.