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Trutzgauer Bote |

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versammelten Bruderschaft der Neun-Schwester-Loge symbolische Umarmungen<br />

mit Franklin aus.”<br />

(William Doyle, The Oxford History of the French Revolution, Oxford University Press, 1990, S. 64-65)<br />

Die Montagnards (Jakobiner) traten dafür ein, den König so schnell wie möglich<br />

loszuwerden; die Girondins wollten ein Referendum aller Menschen zur Entscheidung. Der<br />

Montagnard Saint-Just meinte, ein Gerichtsverfahren sei unnötig, die Menschen hätten<br />

den König bereits am 10. August verurteilt; es bliebe nur noch, ihn zu bestrafen. Da<br />

“es keinen unschuldigen Regenten gibt … jeder König ist ein Rebell und Usurpator.”<br />

Robespierre hatte sich in der Versammlung gegen die Todesstrafe ausgesprochen, aber<br />

nun sagte er, “Ludwig muss sterben, damit das Land leben kann” — ein unbewusstes Echo<br />

auf die Worte von Kaiaphas über Christus:<br />

“Ihr bedenkt nicht, dass es besser für euch ist, wenn ein einziger Mensch für das<br />

Volk stirbt, als wenn das ganze Volk zugrunde geht”.<br />

(Johnannes 11:50).<br />

Und er stimmte Saint-Just zu:<br />

“Ludwig kann nicht gerichtet werden, er wurde schon gerichtet. Er wurde verurteilt,<br />

oder andernfalls ist die Republik nicht schuldlos. Vorzuschlagen, Ludwig XVI<br />

vor Gericht zu stellen, in welcher Weise auch immer, ist ein Schritt zurück zum<br />

königlichen und konstitutionellen Despotismus; es ist eine konterrevolutionäre Idee,<br />

weil es die Revolution selbst auf die Anklagebank setzt. Schließlich kann Ludwig<br />

freigesprochen werden, wenn er noch vor Gericht gestellt wird, er könnte unschuldig<br />

sein. Oder vielmehr gilt er als unschuldig, bis seine Schuld bewiesen ist. Aber<br />

wenn Ludwig für unschuldig erklärt wird, was wird dann aus der Revolution?”<br />

(ebd., S. 195)<br />

Es war eine bestimmte Logik in diesen Worten: Seit die Revolution alle Fundamente des<br />

Ancien Regime unterspült hatte, konnte die Möglichkeit, das Oberhaupt dieses Regimes<br />

könne unschuldig sein, implizieren, dass die Revolution schuldig sein könnte. So<br />

erforderte die “revolutionäre Gerechtigkeit” eine direkte Exekution anstatt eines<br />

Verfahrens; sie konnte es sich nicht leisten, die Grundlagen der Revolution selbst in Frage<br />

zu stellen. Es war dieselbe Logik, die 1918 zur Exekution Zar Nikolaus II anstelle eines<br />

Gerichtsverfahrens geführt hatte.<br />

Aber die Mehrheit der Abgeordneten waren nicht so ‘fortgeschritten’ in ihrem Denken wie<br />

Robespierre. Im Laufe der dritten Januarwoche 1793 stimmte die Versammlung vier Mal<br />

über die Frage ab. Eine Resolution, die Ludwig des Verrats schuldig befand und den<br />

Gedanken verwarf, sich an die Menschen im Rahmen einer Volksabstimmung zu wenden<br />

[so viel zur Rousseau’schen Demokratie!], wurde mit 426 gegen 278 Stimmen verabschiedet;<br />

die Entscheidung zur Verhängung der Todesstrafe wurde mit 387 gegen 314<br />

Stimmen getroffen. Philippe Egalite [der Herzog von Orleans und Cousin des Königs, der<br />

Großmeister der Freimaurer, dann Jakobiner wurde und für den Namen “Philippe Egalite”<br />

auf seinen Titel verzichtete] stimmte für Ludwigs Verurteilung und für die Todesstrafe. Ein<br />

Abgeordneter schlug daraufhin vor, die Frage, was mit Ludwig getan werden sollte, auf<br />

unbestimmte Zeit zu vertagen. Dies wurde mit 361 gegen 360 Stimmen verworfen, also mit<br />

einer einzigen Stimme. Philippe Egalite stimmte gegen den Vorschlag, also gab seine<br />

Stimme den Ausschlag für die Entscheidung. Am 20. Januar wurde eine Resolution über<br />

den unverzüglichen Vollzug der Todesstrafe mit 380 gegen 310 gefasst, und Ludwig wurde<br />

am folgenden Tag auf der Guillotine hingerichtet.<br />

(Ridley, The Freemasons, London: Constable, 1999, S. 136-137)<br />

<strong>Trutzgauer</strong> <strong>Bote</strong> | Gerard Menuhin: Wahrheit sagen, Teufel jagen Seite 192

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