Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland Januar 2015 – Juni 2016
Menschenrechtsbericht_2016
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Menschenrechtslage Geflüchteter <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> 105<br />
se<strong>in</strong>.287 Die Bundesregierung bestreitet dies.288<br />
Die Wartezeiten auf e<strong>in</strong>en Term<strong>in</strong> werfen aber nur<br />
e<strong>in</strong> Schlaglicht darauf, wie lange Nachzugsberechtigte<br />
warten müssen, bis über ihren Antrag<br />
entschieden worden ist und sie nach <strong>Deutschland</strong><br />
zu ihren Angehörigen dürfen.<br />
Vonseiten des Auswärtigen Amts und des Bundesm<strong>in</strong>isteriums<br />
des Innern (BMI) s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten<br />
Jahreshälfte <strong>2015</strong> Maßnahmen getroffen wurden,<br />
um die Antragsverfahren syrischer Flüchtl<strong>in</strong>ge auf<br />
Familiennachzug zu beschleunigen.289 So wurden<br />
unter an<strong>der</strong>em die Antragsformulare und die<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an Familiennachweise vere<strong>in</strong>facht.<br />
Dies soll dazu beitragen, dass <strong>in</strong> den Auslandsvertretungen<br />
die Anträge schneller bearbeitet und die<br />
langen Wartezeiten abgebaut werden. Auch die<br />
formalen Anfor<strong>der</strong>ungen an die Zustimmung <strong>der</strong><br />
jeweiligen Auslän<strong>der</strong>behörde wurden gesenkt. Seit<br />
Mitte Mai <strong>2015</strong> können Anträge auf Familiennachzug<br />
außerdem auch im deutschen Generalkonsulat<br />
<strong>in</strong> Erbil (Nordirak) gestellt werden.290 Ebenfalls<br />
seit Mai <strong>2015</strong> können Term<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen<br />
Botschaft <strong>in</strong> Beirut per E-Mail vergeben werden.<br />
Ähnliche Verfahren für an<strong>der</strong>e Auslandsvertretungen,<br />
zum Beispiel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Türkei, s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs<br />
nicht geplant.291 Nicht zuletzt hat <strong>der</strong> Bundestag<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Nachtragshaushalt <strong>2015</strong> 29 zusätzliche<br />
Planstellen für das Auswärtige Amt bewilligt. Diese<br />
sollen sämtlich für die Antragsbearbeitung syrischer<br />
Flüchtl<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong>gesetzt werden. 292<br />
Die Schwierigkeiten bei <strong>der</strong> Familienzusammenführung<br />
führen dazu, dass Menschen aus Kriegsgebieten,<br />
die eigentlich über den Familiennachzug<br />
sicher und legal nach <strong>Deutschland</strong> e<strong>in</strong>reisen könnten,<br />
stattdessen ebenfalls e<strong>in</strong>e lebensgefährliche<br />
Flucht wagen. Dies betrifft <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Frauen<br />
und K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die auf <strong>der</strong> Flucht beson<strong>der</strong>en Gefahren<br />
ausgesetzt s<strong>in</strong>d, aber e<strong>in</strong>en immer größeren<br />
Teil <strong>der</strong> neu nach Europa fliehenden Menschen<br />
ausmachen: Während im <strong>Juni</strong> <strong>2015</strong> nur 27 Prozent<br />
<strong>der</strong> <strong>in</strong> Europa ankommenden Flüchtl<strong>in</strong>ge Frauen<br />
und K<strong>in</strong><strong>der</strong> waren, betrug ihr Anteil im <strong>Januar</strong> <strong>2016</strong><br />
bereits 55 Prozent.293<br />
3.9 Unterstützte Rückkehr<br />
<strong>in</strong>s Herkunftsland<br />
Die Zahl <strong>der</strong> sogenannten freiwilligen Rückkehrer_<strong>in</strong>nen<br />
war im Jahr <strong>2015</strong> so hoch wie noch nie<br />
zuvor. Insgesamt wurden 35.514 Anträge auf e<strong>in</strong>e<br />
Rückkehr über das Bund-Län<strong>der</strong>-Rückför<strong>der</strong>ungsprogramm<br />
REAG/GARP294 bewilligt (2014: 13.636).<br />
Von <strong>Januar</strong> bis September <strong>2016</strong> lag die Zahl bei<br />
44.521 Personen und hat sich somit im Vergleich<br />
zum Vorjahreszeitraum verdoppelt.295 Vor dem<br />
H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> stark gestiegenen Anzahl von<br />
Flüchtl<strong>in</strong>gen überraschen diese Zahlen nicht. Auch<br />
vonseiten <strong>der</strong> Politik wurde <strong>2015</strong> und <strong>2016</strong> die<br />
sogenannte freiwillige Rückkehr als e<strong>in</strong> wichtiges<br />
Mittel propagiert, um ausreisepflichtige Auslän<strong>der</strong>_<strong>in</strong>nen<br />
zur Rückkehr <strong>in</strong> ihr Herkunftsland zu<br />
bewegen und Abschiebungen zu vermeiden.<br />
Die ausreisepflichtigen Personen werden von<br />
staatlicher und nichtstaatlicher Seite mit Rückkehrberatungen<br />
und -programmen unterstützt.<br />
Häufig werden für zurückkehrende Personen Reisekosten<br />
übernommen und gegebenenfalls e<strong>in</strong>e<br />
f<strong>in</strong>anzielle Starthilfe im Herkunftsland gewährt.<br />
Dabei sche<strong>in</strong>t sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Politik zunehmend die<br />
Erkenntnis durchzusetzen, dass über e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle<br />
Unterstützung h<strong>in</strong>aus Maßnahmen notwendig<br />
s<strong>in</strong>d, um ausreisepflichtige Personen zur Rückkehr<br />
<strong>in</strong>s Herkunftsland zu bewegen und Abschiebungen<br />
zu vermeiden.<br />
287 Das Erste (<strong>2015</strong>); König (<strong>2016</strong>).<br />
288 Deutscher Bundestag (<strong>2015</strong>a), S. 2.<br />
289 Deutscher Bundestag (<strong>2015</strong>a), S. 10.<br />
290 Vorher mussten Anträge auf Familiennachzug <strong>in</strong> <strong>der</strong> Deutschen Botschaft <strong>in</strong> Ankara erfolgen.<br />
291 Deutscher Bundestag (<strong>2015</strong>g).<br />
292 Deutscher Bundestag (<strong>2015</strong>a), S. 18.<br />
293 Clayton (<strong>2016</strong>).<br />
294 REAG: Re<strong>in</strong>tegration and Emigration Programme for Asylum Seekers <strong>in</strong> Germany; GARP: Government Assisted Repatriation Programme.<br />
Nähere Erläuterungen zu beiden Programmen und ihren Unterschieden siehe BAMF (<strong>2016</strong>): http://www.bamf.de/DE/Rueckkehr/<br />
FreiwilligeRueckkehr/Foer<strong>der</strong>programmREAGGARP/foer<strong>der</strong>programm-reag-garp-node.html (abgerufen am 08.11.<strong>2016</strong>).<br />
295 Bundesamt für Migration und Flüchtl<strong>in</strong>ge (<strong>2016</strong>d).