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Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland Januar 2015 – Juni 2016

Menschenrechtsbericht_2016

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Menschenrechtslage Geflüchteter <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> 87<br />

le Bundeslän<strong>der</strong> haben ihre För<strong>der</strong>programme für<br />

den sozialen Wohnungsbau aufgestockt.226 Ob die<br />

Etaterhöhungen vom Bund und Län<strong>der</strong>n <strong>in</strong> diesem<br />

Feld ausreichen, um den bestehenden Bedarf im<br />

Bereich des sozialen Wohnungsbaus tatsächlich<br />

decken zu können, wird sich zeigen.<br />

Außerdem stellt sich die Frage, ob die f<strong>in</strong>anziellen<br />

Lenkungs<strong>in</strong>strumente neben den erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Maßnahmen auf kommunaler Ebene (Schaffung<br />

o<strong>der</strong> Identifizierung von kostengünstigem Bauland,<br />

Identifizierung von „Baulücken“, Erschließung<br />

von Bauland etc.), auch zielgenau greifen, damit<br />

tatsächlich ausreichend bedarfsgerechter und<br />

zugänglicher Wohnraum geschaffen wird. Die Behörden<br />

sollten <strong>Entwicklung</strong>en auf dem Wohnungsmarkt<br />

engmaschig beobachten und evaluieren, um<br />

die bestehenden Lenkungs<strong>in</strong>strumente zur För<strong>der</strong>ung<br />

des Wohnungsbaus <strong>in</strong> unteren Mietpreissegmenten<br />

im Falle von Fehlentwicklungen möglichst<br />

schnell korrigieren zu können. Schließlich geht es<br />

<strong>in</strong> diesem Feld regelmäßig um (umstrittene) Prognosen,<br />

sodass nicht sicher absehbar ist, ob die<br />

e<strong>in</strong>gesetzten Lenkungs<strong>in</strong>strumente, etwa f<strong>in</strong>anzielle<br />

Zuschüsse o<strong>der</strong> steuerliche Anreize, tatsächlich<br />

zielgerecht wirken.<br />

Selbstverständlich ist die Schaffung von Wohnraum<br />

im unteren Mietpreissegment nicht alle<strong>in</strong><br />

dah<strong>in</strong>gehend zu <strong>in</strong>tensivieren, dass alle<strong>in</strong> Asylsuchende<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Personen, die sich <strong>in</strong><br />

Erstaufnahme- o<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaftsunterkünften<br />

aufhalten, Zugang erhalten. Es ist vielmehr von<br />

wesentlicher Bedeutung, ihn so auszugestalten,<br />

dass er sich am Bedarf aller Menschen ausrichtet,<br />

da das Recht auf Wohnen allen zusteht.<br />

3.5 Zugang zum<br />

Arbeitsmarkt<br />

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> zentralen<br />

Voraussetzungen dafür, dass geflüchtete<br />

Menschen e<strong>in</strong>e Zukunft <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> haben.<br />

E<strong>in</strong>e Beschäftigung ist nicht nur sozial- und wirtschaftspolitisch<br />

s<strong>in</strong>nvoll, sie ist auch wichtig für<br />

den e<strong>in</strong>zelnen Menschen: Die Ausübung e<strong>in</strong>er Beschäftigung<br />

dient <strong>der</strong> Existenzsicherung, vermittelt<br />

aber auch soziale Identität <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gesellschaft,<br />

die sich zum größten Teil über die Teilnahme am<br />

Erwerbsleben def<strong>in</strong>iert. Soziale Anerkennung und<br />

Teilhabe hängen im Wesentlichen davon ab, ob<br />

jemand arbeitet. Erwerbstätigkeit ist somit zentral<br />

für die erfolgreiche Integration geflüchteter Menschen<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>.<br />

Prognosen gehen davon aus, dass die Arbeitsmarkt<strong>in</strong>tegration<br />

von geflüchteten Menschen langwieriger<br />

se<strong>in</strong> wird als die von an<strong>der</strong>en Migrant_<strong>in</strong>nen.<br />

In <strong>der</strong> Vergangenheit gelang es acht Prozent<br />

<strong>der</strong> erwerbsfähigen Flüchtl<strong>in</strong>ge im ersten Jahr<br />

ihres Aufenthalts <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, e<strong>in</strong>e Beschäftigung<br />

zu f<strong>in</strong>den; 50 Prozent gelang dies nach fünf<br />

Jahren, 60 Prozent nach zehn Jahren und knapp<br />

70 Prozent nach 15 Jahren Aufenthalt.227 Inwieweit<br />

sich diese Werte wie<strong>der</strong>holen, wird maßgeblich<br />

von den rechtlichen und <strong>in</strong>stitutionellen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

abhängen. Im Berichtszeitraum gab<br />

es e<strong>in</strong>ige Verbesserungen, die den Zugang zum<br />

Arbeitsmarkt für Flüchtl<strong>in</strong>ge erleichtern sollen.<br />

Nach wie vor existieren aber zahlreiche rechtliche<br />

Barrieren und e<strong>in</strong> Mangel an Integrations- und<br />

Qualifikationsangeboten, die die tatsächliche Arbeitsaufnahme<br />

von Flüchtl<strong>in</strong>gen erschweren o<strong>der</strong><br />

unnötig lange h<strong>in</strong>auszögern.<br />

Dabei ist das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt<br />

für anerkannte Flüchtl<strong>in</strong>ge sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> Genfer<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gskonvention (Artikel 17 <strong>–</strong> 19) als auch<br />

<strong>in</strong> den UN-Menschenrechtsverträgen (Artikel 6<br />

UN-Sozialpakt) verankert. Der UN-Fachausschuss<br />

zum UN-Sozialpakt wies erst <strong>2016</strong> ausdrücklich<br />

auf die Verpflichtung <strong>der</strong> Vertragsstaaten h<strong>in</strong>,<br />

gesetzliche Voraussetzungen dafür zu schaffen,<br />

dass Flüchtl<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> Zugang zum Arbeitsmarkt<br />

offensteht und dass die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen nicht<br />

schlechter als die von Staatsangehörigen s<strong>in</strong>d.228<br />

226 Für Beispiele siehe Mediendienst Integration (<strong>2016</strong>): https://mediendienst-<strong>in</strong>tegration.de/fileadm<strong>in</strong>/Dateien/MDI_Informationspapier_<br />

Fluechtl<strong>in</strong>ge_auf_dem_Wohnungsmarkt_August_<strong>2016</strong>.pdf (abgerufen am 13.10.<strong>2016</strong>).<br />

227 Diese Angaben beziehen sich teilweise auf Zeiten längerer Arbeitsverbote für Flüchtl<strong>in</strong>ge. Institut für Arbeitsmarkt-und Berufsforschung<br />

(<strong>2015</strong>), S. 10.<br />

228 UN, Fachausschuss zum Sozialpakt (<strong>2016</strong>), RdNr. 47 (ix).

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