Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland Januar 2015 – Juni 2016
Menschenrechtsbericht_2016
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Umsetzung <strong>der</strong> UN-Leitpr<strong>in</strong>zipien Wirtschaft und Menschenrechte <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> 129<br />
E<strong>in</strong> branchenübergreifen<strong>der</strong> Konsens zur Unternehmensverantwortung<br />
(Corporate Social Responsibility,<br />
CSR) <strong>in</strong> Wertschöpfungs- und Lieferketten<br />
soll zusätzlich im nationalen CSR-Forum<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung erarbeitet werden. Alle <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> tätigen Unterthemen sollen die Möglichkeit<br />
haben, diesem Konsens beizutreten. Der<br />
CSR-Konsens soll praktische Hilfestellung geben,<br />
wie menschenrechtliche Sorgfalt neben an<strong>der</strong>en<br />
relevanten Nachhaltigkeits- und CSR-Themen <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Managementpraxis von Unternehmen verankert<br />
werden kann.<br />
E<strong>in</strong>e solche Zielvorgabe und Überprüfungsstruktur<br />
sieht ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er <strong>der</strong> europäischen NAPs bislang<br />
vor. In diesem Bereich kann <strong>der</strong> NAP-Entwurf<br />
durchaus als ambitioniert bezeichnet werden,<br />
denn 50 Prozent aller Unternehmen mit mehr als<br />
500 Beschäftigten bedeutet, dass circa 3.000<br />
Unternehmen e<strong>in</strong> solches Verfahren zur Erhebung<br />
menschenrechtliche Risiken <strong>in</strong> ihren Unternehmensprozessen<br />
<strong>in</strong>tegriert haben müssen. Damit<br />
wird e<strong>in</strong> durchaus umfassen<strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Umsetzung<br />
<strong>in</strong> Gang gesetzt.<br />
5.4.1 Bestimmungen zur staatlichen<br />
Schutzpflicht<br />
Im H<strong>in</strong>blick auf die erste Säule <strong>der</strong> UN-Leitpr<strong>in</strong>zipien,<br />
die staatliche Schutzpflicht, enthält <strong>der</strong> Entwurf<br />
<strong>in</strong> vier Themenfel<strong>der</strong>n E<strong>in</strong>zelbestimmungen:<br />
Thema 1: Gestaltung <strong>der</strong> wirtschaftspolitischen<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
Im E<strong>in</strong>flussbereich eigenen wirtschaftspolitischen<br />
Handelns ist <strong>Deutschland</strong> völkerrechtlich dazu<br />
verpflichtet, sicherzustellen, dass die eigenen<br />
Maßnahmen nicht zu Verletzungen von Menschenrechten<br />
beitragen, son<strong>der</strong>n die Umsetzung von<br />
Menschenrechten unterstützen.<br />
Im H<strong>in</strong>blick auf die Schutzpflicht <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>,<br />
das heißt die Kontrolle aller wirtschaftlichen Aktivitäten<br />
von Unternehmen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> selbst,<br />
h<strong>in</strong>sichtlich möglicher negativer Auswirkungen<br />
auf Menschenrechte greift <strong>der</strong> Entwurf aus vielen<br />
möglichen Themen drei Aspekte auf: Erstens will<br />
die Bundesregierung den Menschenhandel zum<br />
Zwecke <strong>der</strong> Arbeitsausbeutung bekämpfen. Der<br />
NAP-Entwurf verweist auf die Arbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> dafür<br />
e<strong>in</strong>gesetzten Bund-Län<strong>der</strong>-Arbeitsgruppe, die <strong>der</strong>zeit<br />
an e<strong>in</strong>em strategischen Konzept arbeitet, um<br />
Prävention zu stärken, Beratungsstrukturen aufzubauen<br />
sowie die strafrechtliche Verfolgung und<br />
die Datenlage zu verbessern. Zweitens wird darauf<br />
verwiesen, dass sich die Bundesregierung auf<br />
e<strong>in</strong>en Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Missbrauchs<br />
von Leiharbeit und Werkverträgen gee<strong>in</strong>igt<br />
hat, um den Missbrauch von Werkverträgen<br />
und das Umgehen von Arbeitsstandards zukünftig<br />
zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Drittens wird erwähnt, dass <strong>der</strong><br />
Whistleblower-Schutz im deutschen Recht weiter<br />
ausgebaut werden wird.<br />
Gerade im H<strong>in</strong>blick auf die nationalen Themen ist<br />
<strong>der</strong> NAP-Entwurf <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong> schwacher Text. In<br />
den Anhörungen waren weitergehende Probleme <strong>–</strong><br />
wie etwa die Verletzung von Arbeitsschutznormen,<br />
Nutzung von Formen <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>selbstständigkeit<br />
und die Beschäftigung von Personen, die ke<strong>in</strong>en<br />
gesicherten Aufenthaltsstatus <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> haben<br />
<strong>–</strong> <strong>in</strong> verschiedenen Sektoren <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
identifiziert worden, etwa beim Baugewerbe, <strong>in</strong><br />
Schlachthöfen etc. Es fehlt dem NAP-Entwurf e<strong>in</strong><br />
klares Bekenntnis, dass alle möglichen nationalen<br />
Risiken und Problembereiche identifiziert werden<br />
sollen und konkrete Kontrollen und e<strong>in</strong>e übergeordnete<br />
Überwachung gestärkt werden, um diese<br />
Probleme zu adressieren.<br />
Im H<strong>in</strong>blick auf die bi- und multilateralen Wirtschaftsbeziehungen<br />
verweist <strong>der</strong> NAP-Entwurf<br />
auf die ausschließlichen Kompetenzen <strong>der</strong> EU im<br />
Bereich <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Handelspolitik. Im<br />
Rahmen dieser Begrenzung will sich die Bundesrepublik<br />
dafür e<strong>in</strong>setzen, dass das geplante TTIP-Abkommen<br />
e<strong>in</strong> ambitioniertes Nachhaltigkeitskapitel<br />
erhält. Darüber h<strong>in</strong>aus soll das Instrumentarium<br />
<strong>der</strong> menschenrechtlichen Folgenabschätzung<br />
für Handels- und Investitionsabkommen <strong>der</strong> EU<br />
weiterentwickelt werden. Zudem sollen <strong>Entwicklung</strong>slän<strong>der</strong><br />
bei <strong>der</strong> Verbesserung ihrer Handelschancen,<br />
aber auch bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung von Arbeits-,<br />
Sozial und Umweltstandards noch gezielter<br />
unterstützt werden. Bei <strong>der</strong> für 2018 geplanten<br />
Überarbeitung des Allgeme<strong>in</strong>en Präferenzsystems<br />
(APS+) soll für e<strong>in</strong>e verbesserte E<strong>in</strong>haltung und<br />
Umsetzung von Menschenrechtsstandards durch<br />
Regierungen von Län<strong>der</strong>n des Globalen Südens<br />
geworben werden.