Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland Januar 2015 – Juni 2016
Menschenrechtsbericht_2016
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Menschenrechtslage Geflüchteter <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> 89<br />
Migrationsh<strong>in</strong>tergrund vor e<strong>in</strong>er Inanspruchnahme<br />
zurückschrecken.234 Dazu kommt, dass Menschen<br />
auf <strong>der</strong> Flucht zum Teil ihre Papiere verloren<br />
haben o<strong>der</strong> gar ke<strong>in</strong>e Möglichkeit hatten, diese<br />
aus dem Herkunftsland mitzunehmen. Für solche<br />
Menschen ist es schwierig nachzuweisen, welche<br />
Kenntnisse und Fähigkeiten sie im Herkunftsland<br />
erworben haben. In diesem Zusammenhang<br />
probieren verschiedene Projekte aus, wie man<br />
im Ausland erworbene Berufsqualifikationen auf<br />
an<strong>der</strong>e Art nachweisen kann.235<br />
Verbesserungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt<br />
gab es unter an<strong>der</strong>em für geduldete Menschen.<br />
Diese erhalten nun eher Studienför<strong>der</strong>ungen nach<br />
dem Bundesausbildungsför<strong>der</strong>ungsgesetz. Mussten<br />
sie zuvor vier Jahre warten, bis sie anspruchsberechtigt<br />
waren, können sie seit dem 1. <strong>Januar</strong><br />
<strong>2016</strong> bereits nach 15 Monaten För<strong>der</strong>ungen erhalten<br />
(§ 132 Sozialgesetzbuch III). Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
wurden mit dem Integrationsgesetz Geduldete <strong>in</strong><br />
Ausbildung bessergestellt: Bei Weiterbeschäftigung<br />
im Betrieb nach Ausbildungsabschluss kann<br />
ihre Aufenthaltserlaubnis um bis zu zwei Jahre verlängert<br />
werden (§ 18 Absatz 1a Aufenthaltsgesetz).<br />
Mit dem Integrationsgesetz wurden noch weitere<br />
Rechtsän<strong>der</strong>ungen beschlossen, die den Zugang<br />
zum Arbeitsmarkt für Geflüchtete erleichtern sollen:<br />
So wurde unter an<strong>der</strong>em die Altersbegrenzung<br />
von 21 Jahren für den Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Ausbildung<br />
aufgehoben. Außerdem schafft <strong>der</strong> Bund mit dem<br />
Programm „Flüchtl<strong>in</strong>gs<strong>in</strong>tegrationsmaßnahmen“<br />
100.000 geme<strong>in</strong>nützige Arbeitsgelegenheiten (§ 5a<br />
Asyl bewerber leistungsgesetz). Personen, die sich<br />
noch im Asylverfahren bef<strong>in</strong>den, sollen somit unter<br />
an<strong>der</strong>em <strong>in</strong> den Unterkünften (Essensausgabe,<br />
Re<strong>in</strong>igung, Klei<strong>der</strong>kammer), aber auch außerhalb<br />
(Pflege von Grünanlagen) mitarbeiten können. Sie<br />
erhal ten e<strong>in</strong>e Aufwandsentschädigung und können<br />
bis zu sechs Monate und bis zu 30 Stunden pro<br />
Woche an diesen Maßnahmen teilnehmen. Das<br />
Pro gramm zielt darauf ab, Flüchtl<strong>in</strong>gen frühestmöglich<br />
Sprache und gesellschaftliche Grundregeln<br />
zu vermitteln und sie an den Arbeitsmarkt<br />
heran zu führen.236<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus gab es e<strong>in</strong>e Vielzahl von Initiativen,<br />
die den Zugang zum Arbeitsmarkt für<br />
Geflüchtete erleichtern und beschleunigen sollen.<br />
Diese Initiativen s<strong>in</strong>d sowohl von staatlicher<br />
(Bundes-, Län<strong>der</strong>- und kommunaler) Ebene organisiert<br />
als auch von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden.<br />
Sie zielen zum Beispiel darauf ab,<br />
Asylsuchende so zeitig wie möglich <strong>–</strong> das heißt<br />
schnell nach Antragstellung <strong>–</strong> <strong>in</strong> den Arbeitsmarkt<br />
zu <strong>in</strong>tegrieren; so gibt es <strong>in</strong> den Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtungen<br />
e<strong>in</strong>iger Län<strong>der</strong> gezielte Beratung und<br />
Angebote für Asylsuchende.237 Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
gibt es viele Projekte <strong>der</strong> berufsbezogenen und<br />
ausbildungsbegleitenden Sprachför<strong>der</strong>ung, zum<br />
Beispiel <strong>der</strong> Industrie- und Handelskammern.<br />
3.5.2 Zugang zu Sprachkursen für<br />
Asylsuchende<br />
Der Erwerb <strong>der</strong> deutschen Sprache ist die zentrale<br />
Voraussetzung für e<strong>in</strong>en zügigen und dauerhaften<br />
Zugang zum Arbeitsmarkt.238 Dies betrifft die tatsächliche<br />
Aufnahme e<strong>in</strong>er Beschäftigung genauso<br />
wie alle Qualifizierungs- und För<strong>der</strong>maßnahmen.<br />
Bisher bleibt jedoch vielen <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />
ankommenden geflüchteten Menschen <strong>der</strong> Zugang<br />
234 So untersucht zum Beispiel das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, <strong>in</strong>wieweit im Ausland erworbene und zertifizierte<br />
Berufsabschlüsse <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> anerkannt wurden. Sie kommt zu dem Schluss, dass <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e bei Personen aus dem Nicht-EU-<br />
Ausland noch viel Nachbesserungsbedarf besteht: Viele bekommen ihren Berufsabschluss nicht anerkannt o<strong>der</strong> beantragen noch nicht<br />
e<strong>in</strong>mal die Anerkennung <strong>–</strong> wegen adm<strong>in</strong>istrativer H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse und mangeln<strong>der</strong> Aussicht auf Anerkennung: Institut für Arbeitsmarkt- und<br />
Berufsforschung (2014a), S. 19; Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (2014b); Antidiskrim<strong>in</strong>ierungsstelle des Bundes (2013), S.<br />
240.<br />
235 Zum Beispiel das vom Bundesbildungsm<strong>in</strong>isterium geför<strong>der</strong>te Projekt „Prototyp<strong>in</strong>g Transfer <strong>–</strong> Berufsanerkennung mit<br />
Qualifikationsanalysen“. Hier geht es darum, zusammen mit verschiedenen Handwerkskammern sogenannte Qualifikationsanalysen zu<br />
entwickeln, das heißt Verfahren (beispielsweise Fachgespräche o<strong>der</strong> Arbeitsproben), mit denen Flüchtl<strong>in</strong>ge ihre beruflichen Kompetenzen<br />
nachweisen können: https://www.anerkennung-<strong>in</strong>-deutschland.de/html/de/2012.php (abgerufen am 30.09.<strong>2016</strong>).<br />
236 Mehr Informationen siehe Bundesregierung: https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/<strong>2016</strong>/05/<strong>2015</strong>-05-25-<br />
arbeitsgelegenheiten.html?nn=694676 (abgerufen am 28.09.<strong>2016</strong>).<br />
237 Zum Beispiel <strong>in</strong> Eisenhüttenstadt: Siehe IQ-Netzwerk Brandenburg: http://www.brandenburg.netzwerk-iq.de/news_start000.<br />
html?&cHash=16ca0f6a2acb0a0691e89eb884cc3f91&tx_ttnews%5Btt_news%5D=3192 (abgerufen am 26.09.<strong>2016</strong>).<br />
238 Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (2014b), S. 25; Daumann/Dietz/Knapp/Strien (<strong>2015</strong>).