Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland Januar 2015 – Juni 2016
Menschenrechtsbericht_2016
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Menschenrechtslage Geflüchteter <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> 63<br />
3 Menschenrechtslage Geflüchteter <strong>in</strong><br />
<strong>Deutschland</strong><br />
Die Darstellung <strong>der</strong> <strong>Menschenrechtssituation</strong><br />
Geflüchteter im Berichtszeitraum <strong>Januar</strong> <strong>2015</strong> bis<br />
<strong>Juni</strong> <strong>2016</strong> beruht auf verschiedenen Datenquellen.<br />
Zum e<strong>in</strong>en wurden öffentlich verfügbare Daten,<br />
Statistiken, Dokumente und Studien ausgewertet,<br />
auch Parlamentsdrucksachen des Bundestages<br />
und aller Län<strong>der</strong>parlamente. Darüber h<strong>in</strong>aus hat<br />
das Deutsche Institut für Menschenrechte mithilfe<br />
e<strong>in</strong>es Fragebogens130 im April <strong>2016</strong> Daten bei den<br />
Regierungen <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong> erhoben. Diese<br />
wurden punktuell durch telefonische Informationsgespräche<br />
mit öffentlichen Stellen und zivilgesellschaftlichen<br />
Organisationen vertieft und aktualisiert.<br />
Zu zwei Themenbereichen <strong>–</strong> <strong>der</strong> Sicht von<br />
Flüchtl<strong>in</strong>gsk<strong>in</strong><strong>der</strong>n auf ihre Situation <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaftsunterkünften<br />
sowie <strong>der</strong> Praxis beschleunigter<br />
Asylverfahren <strong>–</strong> hat das Deutsche Institut für<br />
Menschenrechte für den Bericht eigene qualitative<br />
Untersuchungen durchgeführt.<br />
3.1 Situation <strong>in</strong> den<br />
Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtungen<br />
Der Bund, die Län<strong>der</strong> und die Kommunen haben<br />
im Jahr <strong>2015</strong> e<strong>in</strong>en enormen Kraftakt vollbracht,<br />
um geflüchtete Menschen aufzunehmen. Die Unterbr<strong>in</strong>gung<br />
und Versorgung von Flüchtl<strong>in</strong>gen fällt<br />
dabei <strong>in</strong> die Zuständigkeit <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und Kommunen,<br />
wobei die Län<strong>der</strong> für die Erstaufnahme zuständig<br />
s<strong>in</strong>d, bevor die Flüchtl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> die Kommunen<br />
und damit <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaftsunterkünfte o<strong>der</strong><br />
Wohnungen weiterverteilt werden. Da die Unterbr<strong>in</strong>gungssituation<br />
von den Län<strong>der</strong>n unterschiedlich<br />
erfasst wird, ist es schwierig, valide Zahlen<br />
für e<strong>in</strong>en vergleichenden Überblick zu erhalten.<br />
Deutlich ist aber, dass die Zahl <strong>der</strong> <strong>in</strong> den Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtungen<br />
<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> untergebrachten<br />
Personen im Laufe des Jahres <strong>2015</strong> stark angestiegen<br />
ist und seit Frühjahr <strong>2016</strong> wie<strong>der</strong> abfällt.<br />
So waren zum Beispiel nach eigenen Angaben <strong>der</strong><br />
Län<strong>der</strong> <strong>in</strong> Bayern im <strong>Januar</strong> <strong>2015</strong> <strong>in</strong>sgesamt 4.023<br />
Personen <strong>in</strong> den Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtungen des<br />
Landes untergebracht, im <strong>Januar</strong> <strong>2016</strong> 13.284 Personen.<br />
Zu den gleichen Stichdaten meldete Sachsen-Anhalt<br />
614 beziehungsweise 4.297 Personen <strong>in</strong><br />
den Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtungen.131<br />
Wie lange Geflüchtete <strong>in</strong> den Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtungen<br />
bleiben müssen, ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis sehr<br />
unterschiedlich. Im Jahr <strong>2015</strong> wurde die maximale<br />
Aufenthaltsdauer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtung<br />
von drei auf sechs Monate verlängert (§ 47<br />
Asylgesetz). Dabei s<strong>in</strong>d die Län<strong>der</strong> nicht verpflichtet,<br />
die Antragstellenden so lange <strong>in</strong> den Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtungen<br />
unterzubr<strong>in</strong>gen. Die Umsetzung<br />
<strong>der</strong> Regelung hängt von e<strong>in</strong>er ganzen Reihe<br />
von Faktoren ab, unter an<strong>der</strong>em davon, wie viele<br />
Plätze dem jeweiligen Land <strong>in</strong> Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtungen<br />
zur Verfügung stehen. Die tatsächliche<br />
Verweildauer <strong>in</strong> den Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtungen<br />
im Berichtszeitraum ist dabei <strong>in</strong> den Län<strong>der</strong>n sehr<br />
unterschiedlich. Sie schwankt zwischen e<strong>in</strong> bis<br />
zwei Monaten und sechs Monaten. Auch hat sie<br />
sich im Berichtszeitraum unterschiedlich entwickelt.<br />
So geben zum Beispiel Thür<strong>in</strong>gen und Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
an, dass sich die Verweildauer <strong>in</strong><br />
den Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtungen von <strong>Januar</strong> <strong>2015</strong><br />
auf <strong>Januar</strong> <strong>2016</strong> verkürzt hat: <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen von<br />
zwei bis fünf Monaten auf zwei bis drei Monate, <strong>in</strong><br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen von vier bis sechs Wochen<br />
130 Der Fragebogen kann auf <strong>der</strong> Website des Instituts e<strong>in</strong>gesehen werden: www.<strong>in</strong>stitut-fuer-menschenrechte.de/menschenrechtsbericht/.<br />
131 Antwort <strong>der</strong> Staatskanzleien auf Fragebogen des Deutschen Instituts für Menschenrechte (Stand Mai <strong>2016</strong>).