Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland Januar 2015 – Juni 2016
Menschenrechtsbericht_2016
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Kurzfassung 13<br />
1 <strong>Deutschland</strong> im<br />
Menschenrechtsschutzsystem<br />
Die unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> im Grundgesetz<br />
verankert (Art. 1 Abs. 2 GG). <strong>Deutschland</strong> ist auch<br />
fest <strong>in</strong> das <strong>in</strong>ternationale und europäische<br />
Menschenrechtsschutzsystem e<strong>in</strong>gebunden.<br />
So hat es sich sowohl <strong>in</strong>ternationalen Verträgen<br />
<strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>ten Nationen als auch europäischen<br />
Menschenrechtsverträgen und <strong>der</strong>en Kontrollmechanismen<br />
unterworfen. Diese geben mit ihren<br />
Empfehlungen wichtige E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> die <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Menschenrechtssituation</strong> hierzulande und<br />
Anstöße für die Fortentwicklung des Menschenrechtsschutzes<br />
<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>.<br />
<strong>Deutschland</strong> im Blick von Menschenrechts<br />
gremien und -<strong>in</strong>stitutionen<br />
Welche Fortschritte die Staaten bei <strong>der</strong> Umsetzung<br />
ihrer menschenrechtlichen Verpflichtungen<br />
gemacht haben, ist Gegenstand <strong>in</strong>ternationaler<br />
Überprüfungsverfahren. Ausschüsse unabhängiger<br />
Sachverständiger (Fachausschüsse) <strong>in</strong> den<br />
Vere<strong>in</strong>ten Nationen und im Europarat überprüfen<br />
die beteiligten Staaten regelmäßig und formulieren<br />
Empfehlungen. Deren Grundlage s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Bericht<br />
des Staates sowie Parallelberichte von Nichtregierungsorganisationen<br />
und <strong>der</strong> Nationalen Menschenrechts<strong>in</strong>stitution.<br />
Der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen<br />
mit Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen äußerte sich bei <strong>der</strong><br />
ersten Prüfung <strong>Deutschland</strong>s positiv darüber, dass<br />
<strong>der</strong> Nationale Aktionsplan zur Umsetzung <strong>der</strong><br />
UN-Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenrechtskonvention verabschiedet,<br />
e<strong>in</strong>e Beauftragte <strong>der</strong> Bundesregierung für die<br />
Belange von Menschen mit Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>gesetzt,<br />
das Personenbeför<strong>der</strong>ungsgesetz novelliert<br />
und die Deutsche Gebärdensprache offiziell<br />
anerkannt wurden. Besorgt zeigte sich <strong>der</strong> Ausschuss<br />
darüber, dass Migrant_<strong>in</strong>nen und Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />
mit Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen ke<strong>in</strong>en adäquaten Zugang<br />
zu Hilfsangeboten hätten. Beson<strong>der</strong>s kritisierte<br />
er, dass Menschen mit psychosozialen Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen<br />
<strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen und ältere Menschen<br />
<strong>in</strong> Pflegeheimen unmenschlichen Behandlungen<br />
ausgesetzt seien, und empfahl, die Anwendung<br />
körperlicher und chemischer freiheitse<strong>in</strong>schränken<strong>der</strong><br />
Maßnahmen <strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen grundsätzlich<br />
zu verbieten.<br />
Der UN-Fachausschuss gegen rassistische<br />
Diskrim<strong>in</strong>ierung äußerte sich besorgt über das<br />
politische Klima <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>: Rassistische Positionen<br />
würden zunehmend im öffentlichen Raum<br />
vertreten und <strong>der</strong> Staat gehe nicht ausreichend<br />
gegen die Verbreitung rassistischen Gedankenguts<br />
durch e<strong>in</strong>zelne politische Parteien und Bewegungen<br />
vor. Der Ausschuss for<strong>der</strong>te <strong>Deutschland</strong> auf,<br />
rassistischen Äußerungen durch Politiker_<strong>in</strong>nen<br />
und Hoheitsträger_<strong>in</strong>nen entschiedener entgegenzutreten<br />
und mehr Maßnahmen zu ergreifen, um<br />
Asylsuchende vor rassistischer Gewalt zu schützen.<br />
Der Europäische Ausschuss für soziale Rechte<br />
prüft die Umsetzung <strong>der</strong> Europäischen Sozialcharta.<br />
Er kritisierte <strong>2015</strong> unter an<strong>der</strong>em, dass<br />
<strong>Deutschland</strong> zu wenig unternehme, um Migrant_<br />
<strong>in</strong>nen vor Diskrim<strong>in</strong>ierung auf dem Arbeitsmarkt<br />
zu schützen.<br />
Im April und Mai <strong>2015</strong> besuchte <strong>der</strong> Menschenrechtskommissar<br />
des Europarats, Nils<br />
Muižnieks, <strong>Deutschland</strong>. Er for<strong>der</strong>te bundesweit<br />
verb<strong>in</strong>dliche M<strong>in</strong>deststandards für die Aufnahme<br />
von Asylsuchenden und empfahl <strong>der</strong> Bundesregierung,<br />
Län<strong>der</strong> und Geme<strong>in</strong>den bei Kosten und<br />
Unterbr<strong>in</strong>gung stärker zu unterstützen. Mit Blick<br />
auf den Kampf gegen Rassismus und Intoleranz<br />
mahnte <strong>der</strong> Menschenrechtskommissar an, je<strong>der</strong><br />
Art von Hassrede und Hassverbrechen entgegenzutreten<br />
sowie bei <strong>der</strong> Polizei wirksamer gegen<br />
Racial Profil<strong>in</strong>g, also polizeiliche Kontrollen, bei denen<br />
Menschen aufgrund ihres physischen Ersche<strong>in</strong>ungsbildes<br />
herausgegriffen werden, vorzugehen.<br />
<strong>2015</strong> wurde zudem zum ersten Mal überprüft,<br />
<strong>in</strong>wieweit <strong>Deutschland</strong> die Europaratskonvention<br />
zur Bekämpfung des Menschenhandels umgesetzt<br />
hat. Die Expert_<strong>in</strong>nengruppe lobte den Aufbau<br />
von Vernetzungsstrukturen auf Bundes- und<br />
Län<strong>der</strong>ebene. In den Bereichen Opfererkennung,<br />
Durchsetzung <strong>der</strong> Rechte <strong>der</strong> Betroffenen sowie<br />
Datenerhebung und Forschung bestünden aber<br />
noch Defizite.