Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland Januar 2015 – Juni 2016
Menschenrechtsbericht_2016
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Die menschenrechtlichen Verpflichtungen <strong>Deutschland</strong>s 35<br />
Aus menschenrechtlicher Sicht wäre die breite<br />
Aufschlüsselung von Daten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong><br />
Konsultation mit marg<strong>in</strong>alisierten Gruppen, jedoch<br />
notwendig. Nur so kann sichtbar gemacht werden,<br />
<strong>in</strong>wieweit verschiedene Bevölkerungsgruppen am<br />
Fortschritt (nicht) teilhaben. Grundsätzlich wäre<br />
es für die Umsetzung <strong>der</strong> Agenda 2030 wünschenswert,<br />
auch <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> die Ergebnisse<br />
<strong>der</strong> qualitativen Monitor<strong>in</strong>g-Prozesse im UN-Menschenrechtsschutzsystem<br />
aufzugreifen, da sie die<br />
Ergebnisse <strong>der</strong> eher quantitativ orientierten Umsetzungsmessung<br />
<strong>der</strong> SDGs sehr s<strong>in</strong>nvoll ergänzen.<br />
Sie können beispielsweise mithelfen, strukturelle<br />
Benachteiligungen o<strong>der</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />
e<strong>in</strong>zelner Bevölkerungsgruppen zu identifizieren.<br />
Die Bundesregierung hat sich während <strong>der</strong> zwischenstaatlichen<br />
Verhandlungen zur Agenda 2030<br />
für partizipative Rechenschaftsmechanismen zur<br />
Umsetzung und Überprüfung <strong>der</strong> Agenda, auch auf<br />
nationaler Ebene, e<strong>in</strong>gesetzt. In ihren Kommentaren<br />
hat die Zivilgesellschaft unter an<strong>der</strong>em die<br />
E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er Dialoggruppe aus Vertreter_<strong>in</strong>nen<br />
<strong>der</strong> Zivilgesellschaft <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> gefor<strong>der</strong>t.<br />
Aus menschenrechtlicher Sicht ist e<strong>in</strong> solches<br />
neues Gremium dann s<strong>in</strong>nvoll, wenn es <strong>der</strong> Zivilgesellschaft<br />
tatsächlich die Möglichkeit eröffnet,<br />
zu beraten und E<strong>in</strong>fluss zu nehmen. Daher sollte<br />
e<strong>in</strong> solches Gremium auch formal <strong>in</strong> den Managementregeln<br />
<strong>der</strong> Strategie verankert werden und<br />
menschenrechtliche Partizipationsstandards29<br />
berücksichtigen.<br />
Die zuständigen M<strong>in</strong>isterien prüfen <strong>der</strong>zeit die<br />
während <strong>der</strong> Konsultation e<strong>in</strong>gegangenen Stellungnahmen<br />
und überarbeiten die neue Fassung<br />
<strong>der</strong> Nachhaltigkeitsstrategie, die noch <strong>2016</strong> vom<br />
Bundeskab<strong>in</strong>ett verabschiedet werden soll.<br />
1.2.2 Ausgewählte an<strong>der</strong>e<br />
<strong>in</strong>ternationale Organisationen<br />
UN-Welternährungsprogramm<br />
Das UN-Welternährungsprogramm (World Food<br />
Programme, WFP) leistet humanitäre Hilfe durch<br />
Nahrungsmittellieferungen <strong>in</strong> Notfällen. Es hilft<br />
Betroffenen beim Wie<strong>der</strong>aufbau e<strong>in</strong>er eigenen<br />
Existenz und unterstützt Staaten bei <strong>der</strong> Beseitigung<br />
<strong>der</strong> Ursachen von Hunger. Damit leistet es<br />
e<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag zur Verwirklichung des<br />
Menschenrechts auf Nahrung. Das WFP wird aus<br />
freiwilligen Beiträgen von Staaten, Privatpersonen<br />
und Unternehmen f<strong>in</strong>anziert. <strong>Deutschland</strong> kommt<br />
se<strong>in</strong>er menschenrechtlichen Verpflichtung zur<br />
Verwirklichung des Rechts auf Nahrung mit se<strong>in</strong>en<br />
Zahlungen nach, befasst sich damit aber auch <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>er <strong>Entwicklung</strong>s- und auswärtigen Politik.<br />
Seit 2012 hat <strong>Deutschland</strong> se<strong>in</strong>e Beiträge an das<br />
Welternährungsprogramm beständig erhöht. <strong>2016</strong><br />
wurden sie im Vergleich zu <strong>2015</strong> noch e<strong>in</strong>mal mehr<br />
als verdoppelt. Für 2017 bis 2018 s<strong>in</strong>d zunächst weniger<br />
Mittel gemeldet.30 Insgesamt s<strong>in</strong>d die Beiträge<br />
aller Staaten an das Welternährungsprogramm<br />
jedoch rückläufig, von 5,5 Milliarden (2014) auf 5,1<br />
Milliarden (<strong>2015</strong>) und auf 4,4 Milliarden (<strong>2016</strong>). E<strong>in</strong><br />
Teil dieses Rückganges geht auf die substanziellen<br />
Kürzungen <strong>der</strong> Beiträge <strong>der</strong> Golfstaaten beziehungsweise<br />
ihrer Regionalorganisation zurück.<br />
Saudi-Arabien, die Vere<strong>in</strong>igten Arabischen Emirate<br />
und Kuwait zahlten <strong>2016</strong> weniger als 1 Prozent<br />
ihres Vorjahresbeitrages e<strong>in</strong>, <strong>der</strong> Golf-Kooperationsrat<br />
blieb bis September <strong>2016</strong> um 99,6 Prozent<br />
h<strong>in</strong>ter se<strong>in</strong>en Zahlungen von <strong>2015</strong> zurück.31<br />
Medienberichten zufolge waren die Kürzungen und<br />
die damit e<strong>in</strong>hergehende unzureichende Versorgungskapazität,<br />
die das Welternährungsprogramm<br />
im Herbst 2014 bei <strong>der</strong> Versorgung von Flüchtl<strong>in</strong>gen<br />
<strong>in</strong> Syrien, Libanon und <strong>der</strong> Türkei hatte, e<strong>in</strong><br />
wesentlicher Grund für viele Menschen, die Region<br />
<strong>in</strong> Richtung Europa zu verlassen.32 In <strong>der</strong> Türkei<br />
stellte das WFP die Nahrungsmittelversorgung<br />
29 Siehe hierfür zum Beispiel den vom Europarat verabschiedeten Verhaltenskodex für die Bürgerbeteiligung im Entscheidungsprozess:<br />
Europarat (2009): https://rm.coe.<strong>in</strong>t/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?documentId=09000016802eedcf<br />
(abgerufen am 17.10.<strong>2016</strong>).<br />
30 Welternährungsprogramm (<strong>2016</strong>a), S. 1; Welternährungsprogramm (<strong>2016</strong>b), S. 2.<br />
31 Welternährungsprogramm (<strong>2016</strong>c), S. 6.<br />
32 Petermann (<strong>2015</strong>); Handelsblatt (<strong>2015</strong>).