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Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland Januar 2015 – Juni 2016

Menschenrechtsbericht_2016

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WahlrechtS AUS SCHLÜSSE von Menschen mit Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen 115<br />

verabschiedete UN-Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenrechtskonvention<br />

(UN-BRK) dauerhaft <strong>in</strong>s Bewusstse<strong>in</strong> gerückt. Auch<br />

Menschen mit Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen haben das une<strong>in</strong>geschränkte<br />

Recht, gleichberechtigt mit an<strong>der</strong>en zu<br />

wählen und gewählt zu werden (Artikel 29 UN-Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenrechtskonvention).<br />

In <strong>Deutschland</strong> ist die UN-BRK seit dem 26. März<br />

2009 <strong>in</strong> Kraft. Die Umsetzung dieser Konvention,<br />

speziell des Rechts auf politische Partizipation<br />

nach Artikel 29, macht es erfor<strong>der</strong>lich, beide genannten<br />

Wahlrechtsaus schlüsse zu streichen. Dies<br />

hat die Monitor<strong>in</strong>g-Stelle UN-BRK des Deutschen<br />

Instituts für Menschenrechte bereits 2011 empfohlen.320<br />

In Ansehung <strong>der</strong> 2017 anstehenden Wahlen<br />

zum Deutschen Bundestag und <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong><br />

aktuellen Studie ist diese Empfehlung weiterh<strong>in</strong><br />

hochaktuell.<br />

4.1 Ausgangslage zu Beg<strong>in</strong>n<br />

<strong>der</strong> 18. Wahlperiode<br />

Mit den Wahlrechtsausschlüssen Nummer 2 und<br />

3 befasste sich <strong>der</strong> Deutsche Bundestag zuletzt<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> 17. Wahlperiode, und zwar <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er 250.<br />

Sitzung am 27. <strong>Juni</strong> 2013.321 E<strong>in</strong>e Entscheidung<br />

darüber, ob die Ausschlüsse abgeschafft werden<br />

sollten o<strong>der</strong> nicht, wurde damals vertagt mit <strong>der</strong><br />

Begründung, es würden zunächst genauere Informationen<br />

zu Größe und Zusammensetzung des<br />

betroffenen Personenkreises benötigt.322<br />

Parallel dazu hatte <strong>der</strong> Bundesrat im März 2013 <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Entschließung die Bundesregierung aufgefor<strong>der</strong>t,<br />

„unverzüglich die <strong>in</strong> ihrem Nationalen Aktionsplan<br />

zur Umsetzung <strong>der</strong> UN-Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenrechtskonvention<br />

beschlossene Studie zur aktiven und<br />

passiven Beteiligung von Menschen mit Beh<strong>in</strong>de-<br />

rungen an Wahlen zum Abschluss zu br<strong>in</strong>gen und<br />

die von ihr angekündigten Handlungsempfehlungen<br />

zur Verbesserung <strong>der</strong> Partizipation vorzulegen“.323<br />

Die angekündigte Studie wurde schließlich zu Beg<strong>in</strong>n<br />

<strong>der</strong> 18. Wahlperiode von <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

<strong>in</strong> Auftrag gegeben. Mit ihrer Durchführung wurde<br />

e<strong>in</strong>e Forschungsgruppe324 beauftragt. Ziel war es,<br />

zu erfahren, welche Personenkreise von den Wahlrechtsausschlüssen<br />

betroffen s<strong>in</strong>d und <strong>in</strong> welchem<br />

Ausmaß. Des Weiteren sollte die Frage geklärt<br />

werden, ob die Anknüpfung von Wahlrechtsausschlüssen<br />

<strong>in</strong> praktischer und rechtlicher H<strong>in</strong>sicht<br />

erfor<strong>der</strong>lich und gerechtfertigt ist.325<br />

4.2 Aktuelle <strong>Entwicklung</strong>en<br />

4.2.1 Wahlprüfungsbeschwerden<br />

Nach <strong>der</strong> Bundestagswahl 2013 wurden <strong>in</strong>sgesamt<br />

acht Wahle<strong>in</strong>sprüche von erwachsenen<br />

Deutschen mit Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong>gereicht, die die<br />

Gültigkeit <strong>der</strong> Bundestagswahl unter Verweis auf<br />

die Wahlrechtsausschlüsse nach Nummer 2 und<br />

Nummer 3 anfochten.326 Diese E<strong>in</strong>sprüche wurden<br />

durch den Deutschen Bundestag entsprechend<br />

den Beschlussempfehlungen des Wahlprüfungsausschusses<br />

zurückgewiesen. Sie seien, so die<br />

Begründung, auf Basis <strong>der</strong> geltenden Rechtslage<br />

unbegründet.327 Nach ständiger Praxis hatte <strong>der</strong><br />

Wahlprüfungsausschuss die Verfassungsmäßigkeit<br />

<strong>der</strong> gesetzlichen Regelungen nicht geprüft, da e<strong>in</strong>e<br />

<strong>der</strong>artige Kontrolle dem Bundesverfassungsgericht<br />

vorbehalten bleibt. In se<strong>in</strong>er Begründung wies <strong>der</strong><br />

Wahlprüfungsausschuss jedoch ausdrücklich darauf<br />

h<strong>in</strong>, „dass die konventions- und völkerrechtliche<br />

Zulässigkeit des Wahlrechtsausschlusses nach<br />

§ 13 Nr. 2 und Nr. 3 BWahlG <strong>–</strong> von <strong>der</strong> <strong>der</strong> Deutsche<br />

Bundestag <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Mehrheit und die Bun-<br />

320 Palleit (2011).<br />

321 Vgl. Deutscher Bundestag (2013a); Deutscher Bundestag (2013b); Deutscher Bundestag (2013c), TOP 79c und 79d, S. 31929.<br />

322 Deutscher Bundestag (2013b); Deutscher Bundestag (2013d), TOP 27, S. 27653 ff.<br />

323 Deutscher Bundesrat (2013).<br />

324 Der Forschungsgruppe gehörten an: Prof. Dr. He<strong>in</strong>rich Lang (Universität Greifswald), Prof. Dr. Anke Kampmeier (Hochschule<br />

Neubrandenburg), Prof. Dr. Kirsten Schmalenbach (Universität Salzburg) und Prof. Dr. Gerd Strohmeier (Technische Universität Chemnitz)<br />

<strong>in</strong> Kooperation mit Prof. Dr. Stephan Mühlig (Technische Universität Chemnitz).<br />

325 Deutscher Bundestag (<strong>2015</strong>b); Deutscher Bundestag (<strong>2015</strong>c), S. 3.<br />

326 Für e<strong>in</strong>e Übersicht über die E<strong>in</strong>sprüche siehe Deutscher Bundestag (2014b), S. 3.<br />

327 Deutscher Bundestag (2014b).

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