Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland Januar 2015 – Juni 2016
Menschenrechtsbericht_2016
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Umsetzung <strong>der</strong> UN-Leitpr<strong>in</strong>zipien Wirtschaft und Menschenrechte <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> 133<br />
ist, könnten weitere Branchen- o<strong>der</strong> Sektordialoge<br />
entstehen, <strong>in</strong> denen alle relevanten Prozessbeteiligten<br />
sich zum Umgang mit Problemen <strong>in</strong> globalen<br />
Wertschöpfungs- und Lieferketten austauschen<br />
und forschen sollen. Der Umsetzungsprozess kann<br />
unmittelbar nach <strong>der</strong> Verabschiedung des NAP<br />
beg<strong>in</strong>nen.<br />
5.5 Bewertung und Ausblick<br />
Die Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft<br />
und Menschenrechte <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> wurde<br />
von Beg<strong>in</strong>n an durch die an<strong>der</strong>en europäischen<br />
und <strong>in</strong>ternationalen Partner aufmerksam verfolgt.<br />
Die bisher vorgelegten Nationalen Aktionspläne<br />
an<strong>der</strong>er Län<strong>der</strong> <strong>–</strong> sie stammen überwiegend aus<br />
Europa <strong>–</strong> können alle nur begrenzt als ambitioniert<br />
bezeichnet werden. Die Ankündigung <strong>der</strong> Bundesregierung<br />
auf dem G-7-Gipfel auf Schloss Elmau,<br />
selbst e<strong>in</strong>en ambitionierten Aktionsplan vorlegen<br />
zu wollen, war deshalb <strong>in</strong>ternational deutlich wahrgenommen<br />
worden.<br />
Der vorliegende NAP-Entwurf wird diesem Anspruch<br />
allerd<strong>in</strong>gs nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Teilbereichen<br />
gerecht. Überzeugend ist die Formulierung <strong>der</strong><br />
Erwartung an alle deutschen Unternehmen: Sie<br />
sollen e<strong>in</strong>e menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung<br />
<strong>in</strong> den kommenden Jahren <strong>in</strong> ihren Unternehmensprozessen<br />
verankern. Die Umsetzung soll ab 2018<br />
regelmäßig überprüft werden. Die Zielmarke für<br />
die vorgeschlagene Messung des Fortschritts bis<br />
2020 (50 Prozent aller Unternehmen mit mehr als<br />
500 Mitarbeitern) ist ambitioniert. Bei Nichte<strong>in</strong>halten<br />
kann e<strong>in</strong>e weitergehende Verb<strong>in</strong>dlichkeit<br />
e<strong>in</strong>geführt werden. Im Bereich <strong>der</strong> Außenwirtschaftsför<strong>der</strong>ung<br />
sollen Unternehmen <strong>der</strong> Sorgfaltspflicht<br />
nachkommen. Im Zusammenhang mit<br />
<strong>der</strong> vorgeschlagenen Erfolgsmessung und <strong>der</strong><br />
geplanten Umsetzungsstruktur für den Implementierungsprozess<br />
des NAPs könnte e<strong>in</strong> s<strong>in</strong>nvoller<br />
E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en lösungsorientierten Umsetzungsprozess<br />
gel<strong>in</strong>gen.<br />
Gut ist auch das Anliegen, relevante Branchen und<br />
Sektoren zu identifizieren, <strong>in</strong> denen weiterführende<br />
Multi-Stakehol<strong>der</strong>-Foren etabliert werden<br />
könnten, um die branchen- und sektorspezifische<br />
Umsetzung <strong>der</strong> UN-Leitpr<strong>in</strong>zipien voranbr<strong>in</strong>gen zu<br />
können. Die vorgesehene Aufwertung <strong>der</strong> nationalen<br />
Kontaktstelle (NKS) zu e<strong>in</strong>em außergerichtlichen<br />
Beschwerdemechanismus für die Umsetzung<br />
<strong>der</strong> UN Leitpr<strong>in</strong>zipien ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Aufwertung<br />
<strong>der</strong> Stelle. Angesichts <strong>der</strong> bisherigen zivilgesellschaftlichen<br />
Kritik an <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> NKS muss<br />
sich die Reform vor allem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis bewähren.<br />
Gleichzeitig enthält <strong>der</strong> NAP erhebliche Schwachpunkte:<br />
Die Behandlung von Inlandsthemen <strong>–</strong> also<br />
die Umsetzung <strong>der</strong> eigenen Schutzpflicht <strong>in</strong> allen<br />
Wirtschaftsbereichen <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> durch umfassende<br />
und wirkungsvolle Kontrollen, Beratung<br />
gefährdeter o<strong>der</strong> benachteiligter Betroffenengruppen,<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im Bereich <strong>der</strong> Beschäftigung<br />
von Personen ohne Papiere <strong>–</strong> ist bislang sehr<br />
schwach und sollte im weiteren Prozess <strong>der</strong> Umsetzung<br />
des NAP erheblich verstärkt werden.<br />
Zu bedauern ist es, dass alle weitergehenden<br />
Verpflichtungen von Unternehmen <strong>in</strong> öffentlichem<br />
Besitz fehlen. Hier ist <strong>der</strong> deutsche NAP deutlich<br />
schwächer als an<strong>der</strong>e europäischen Nationalen<br />
Aktionspläne wie zum Beispiel die von F<strong>in</strong>nland<br />
und Schweden. Im H<strong>in</strong>blick auf den Zugang von<br />
Betroffenen von Menschenrechtsverletzung zum<br />
deutschen Rechtssystem s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ungen<br />
geplant. Die <strong>in</strong> den Anhörungen beschriebenen<br />
Zugangsprobleme werden nicht angemessen<br />
aufgegriffen. Dieses Thema sollte im weiteren<br />
Umsetzungsprozess des NAP noch e<strong>in</strong>mal überprüft<br />
werden.<br />
Die Auffor<strong>der</strong>ung zur Berichterstattung und Kommunikation<br />
durch Unternehmen (Informationen<br />
bereithalten) ist nicht sehr weitreichend, entspricht<br />
aber dem Vorgehen an<strong>der</strong>er europäischer<br />
Län<strong>der</strong>. Im weiteren Umsetzungsprozess müssen<br />
Erfahrungen zusammengetragen werden, wie<br />
aufwändig die Integration <strong>der</strong> menschenrechtlichen<br />
Sorgfaltsprüfung <strong>in</strong> Unternehmensprozesse<br />
ist und wie am besten über die Ergebnisse berichtet<br />
werden kann. Vom Nationalen Aktionsplan<br />
wird e<strong>in</strong>e große Zahl von Unternehmen betroffen<br />
se<strong>in</strong>, die bislang kaum o<strong>der</strong> erst seit Kurzem über<br />
Nachhaltigkeits-und/o<strong>der</strong> Menschenrechtsthemen<br />
berichtet haben. Der weiteren Ausgestaltung<br />
<strong>der</strong> Berichterstattung kommt deshalb e<strong>in</strong>e große<br />
Bedeutung zu.